Eisrettung üben - auch in der Theorie

Eisrettung: Was jeder wissen sollte

Erst frostige Temperaturen, dann Tauwetter – dann wieder Frost: Der Winter hat Deutschland im Griff. Und auch das Thema Eisrettung rückt wieder in den Fokus von Wasserrettungskräften und Feuerwehr. Da vielerorts der Dienstbetrieb ruht, ist Thema Eisrettung üben vielerorts nicht praktisch möglich. Zeit, sich wenigstens theoretisch damit zu beschäftigen. Und eine Übung ist übrigens (wenn es die Lage wieder zulässt) auch ohne Eisdecke möglich. 

Ein entscheidender Faktor bei der Eisrettung ist die Zeit: Das eiskalte Wasser direkt unter der Eisdecke (meist ein bis zwei Grad Celsius) entzieht dem Körper rasant die Wärme – 27-mal schneller als an der Luft. Binnen 15 Minuten kann ein Mensch – je nach Umständen – an den Folgen einer Unterkühlung sterben. Das Einbrechen und in der Folge das Abtreiben unter einer Eisdecke sind somit auch lebensbedrohende Gefahren für die Rettungskräfte. Trotz aller gebotener Eile ist deshalb eine Eigensicherung unerlässlich:

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  • Rettungswesten anlegen.
  • Wenn vorhanden: Eisrettungsanzug anlegen.
  • Kräfte nur durch Leinen gesichert auf das Eis.
  • Nur unmittelbar benötigtes Gerät und Personal auf die Eisfläche.
  • Nach Möglichkeit “leichtere” Einsatzkräfte einsetzen (keine stark übergewichtigen Personen). Diese müssen dennoch kräftig und konditionell fit sein.
  • Den gefährdeten Eisflächenabschnitte nie stehend betreten, grundsätzlich auf dem Bauch mit ausgebreiteten Armen robben. Idealerweise mit Hilfsmittel (Eisrettungsschlitten, Steckleiter o.ä – ebenfalls mit Leinen sichern!.) arbeiten, um das Gewicht besser zu verteilen.

Beim Vorgehen muss der Helfer neben der eigenen Leinensicherung eine zweite Leine mitführen, um den Verunglückten sichern zu können. Sofern kein Eisrettungsgerät vorhanden ist, gilt der Einsatz von zwei Steckleiterteilen allgemein als sinnvoll. Während sich der Helfer mit der einen langsam voran bewegt, kann jeweils die zweite seitlich nach vorne geschoben werden.

Dem Verunglückten dürfen nur die Leiter, Leine oder zur Not ein stabiler Ast gereicht werden – nicht direkt die Hand. Das Risiko an der Einbruchstelle selbst einzubrechen oder ins Wasser gezogen zu werden ist groß. Allerdings muss der Helfer hier ggf. spontan entscheiden – ins Eis eingebrochene Personen sind durch die Kälte rasch entkräftet. Daran denken: Auch eine Drehleiter kann – bei entsprechender Aufstellmöglichkeit – eine Rettungsmöglichkeit sein (gegebenfalls Paralleleinsatz einleiten).

Vorsicht gilt beim Umgang mit unterkühlten Opfern:

  • Der Verunglückte darf sich nicht bewegen und muss vorsichtig transportiert werden (kaltes und warmes Blut sollen sich nicht vermischen).
  • Nur flach liegend lagern und transportieren.
  • Nasse Kleidung mit Schere entfernen (Bewegung vermeiden).
  • Opfer niemals alleine lassen (es drohen Bewusstlosigkeit und Atem-/Kreislaufstillstand auch nach der Rettung).

Übung: Eisrettung  auch ohne Eis

Bei einer Eisrettung geht es um Sekunden. Daher müssen die Abläufe der Rettung reibungslos funktionieren. Auch außerhalb der Frostperiode lässt sich ein Eisunfall einfach und sehr realistisch darstellen.

Stärke und Ausstattung

Eingesetzt ist eine Gruppe (1/8) mit einem Löschgruppenfahrzeug (LF) 8 oder LF 16. An Gerätschaft wird benötigt: eine Pylone, zwei Schachthaken, vier Steckleiterteile, alle an Bord befindlichen Feuerwehrleinen, Decken zum Wärmeerhalt sowie eine Trage. Als zusätzliche Schutzausrüstung wird der Breitgurt oder, falls vorhanden, ein Auffanggurt verwendet.

Geübt werden kann auf allen befestigten Flächen mit einem Schachteinstieg zum Beispiel für einen Regenwasserkanal. Besonders geeignet sind hier Parkplatzflächen. Die Schachttiefe sollte so gering wie möglich sein, um einen Absturz zu vermeiden (der in der Übung gezeigte Schacht ist gerade mal 80 Zentimeter tief).

Vorbereitungen

Der Schacht ist die Einbruchstelle. Mit Malkreide werden die Risse im Eis rund um die „Einbruchstelle“ und auf der sonstigen Fläche sowie eine Uferlinie aufgemalt. Bevor die eigentliche Übung beginnt, werden die verwendeten Knoten zur Eigensicherung, Sicherung der Leiterteile und für die Sicherung des „Opfers“ wiederholt und geübt. Falls möglich, sollte vorher auch mit an Gewässern vorhandenen Rettungsmitteln wie etwa Rettungsringen einmal ein Zielwerfen stattfinden. Wichtig ist hierbei, so dicht wie möglich an das Ziel, zum Beispiel eine Pylone, heran zu kommen, ohne es jedoch direkt zu treffen. Zu Beginn der eigentlichen Übung steigt das „Opfer“ in den Schacht und hockt sich mit ausgebreiteten Armen bis zu den Achseln hinein. Der Übungsleiter stoppt die benötigte Zeit unbemerkt im ersten Durchlauf und in den weiteren Wiederholungen offen.

Einsatzlage

Eine Person ist nach dem ersten stärkeren Frost in Ufernähe eines Gewässers zirka 15 Meter entfernt im Eis eingebrochen. Sie kann sich aus eigener Kraft nicht retten und ruft panisch um Hilfe. Das Eis ist nicht tragfähig. Die alarmierte Löschgruppe geht mit Steckleitern vor. Alle Kameraden, die auf das “Eis” gehen, werden gesichert.

Vorgehen

Falls vorhanden, wird von einem Kameraden ein Rettungsring mit einer Leine gesichert und dem Eingebrochenen zugeworfen. Dabei versucht er, durch Zurufe das Opfer zu beruhigen. Alle weiteren Kameraden bringen die Leitern und Leinen sowie eine Decke schnellstmöglich zum Ufer. Ein Kamerad rüstet sich mit dem Breitgurt aus und wird ebenfalls mit einer Leine gesichert. Er rüstet sich zusätzlich mit einer Feuerwehrleine für den Verunfallten aus. Gleichzeitig werden je zwei Steckleiterteile zusammengesteckt und mit einer Arbeitsleine gesichert.

Danach wird die erste Leitereinheit soweit wie möglich auf das Eis geschoben. Der Retter gleitet bäuchlings bis etwa zur Mitte der Leiter vor (optimale Lastverteilung) und zieht das zweite Leiterteil nach. Dann wechselt er über, robbt bis zur Leitermitte und zieht das erste Leiterteil weiter. Auf diese Weise erreicht der Helfer die Unglücksstelle.

Vom Ufer her sichert je ein Kamerad ein Leiterteil und den Retter und führt die Rettungsleine für das „Opfer“ nach. Der Maschinist heizt die Mannschaftskabine vor und legt dort weitere Decken bereit. Außerdem führt er weitere Rettungskräfte, beispielsweise RTW und Notarzt heran. Nach Erreichen des Verunfallten wird dieser mit einer Leine unter den Armen gesichert und auf das freie Leiterteil gezogen. Hierbei soll das „Opfer“ möglichst wenig unterstützen, da die eingebrochene Person im Realfall ja auch nicht einfach aus dem Loch krabbeln kann. Alternativ kann sich das „Opfer“ auch an den Leitersprossen festhalten. Der Retter auf dem Eis gibt dann das Kommando für den Rückzug. Dabei ziehen alle verfügbaren Kräfte schnell und gleichmäßig möglichst ohne U-terbrechung die beiden Leiterteile mit den Kameraden zurück an das Ufer, um so ein erneutes Einbrechen zu vermeiden.

Als letztes folgt der Sanitätsteil mit Wärmeerhalt und patientenschonender Umlagerung auf die Trage sowie dem Transport in die warme Kabine des LF.

Eigenschutz

Alle Kameraden tragen die volle persönliche Schutzausrüstung. Da es sich um eine Trockenübung handelt, gilt dieses auch für den „Retter“ auf der Leiter. Besonders auf das Tragen der Handschuhe beim Ziehen ist zu achten. Das „Opfer“ unterstützt nur soweit beim Herausziehen, dass es sich nicht selbst im Schacht verklemmt und dadurch verletzt. Der offene Schacht sollte mit einem Pylon gekennzeichnet und zwischen den Durchgängen wieder abgedeckt werden.

Übungsziel

Übungsziel ist das Retten einer Person aus Eisnot in kurzer Zeit. Der Hauptteil der Übung, vom Eintreffen an der Einsatzstelle bis zum Erreichen des Ufers von Retter und Gerettetem, dauert nur wenige Minuten. Durch mehrmaliges Wiederholen dieses Ablaufes werden die Zeiten enorm verbessert. Der erste Durchgang dauert erfahrungsgemäß etwa vier bis fünf Minuten, Nach zwei- bis dreimaliger Wiederholung erreicht man das Ziel in etwa einer Minute, im besten Fall waren es 50 Sekunden. Hier wird für jeden Kameraden die Bedeutung eines optimalen Zusammenspiels aller Einsatzkräfte drastisch sichtbar. Das messbare Erfolgerlebnis spornt ungemein an.

Auch die „Vorübungen“ wie die Wiederholung der Knoten, das Üben mit weiteren Rettungsmitteln (Rettungsring) sowie die anschließende Versorgung und Betreuung des Geretteten tragen entscheidend zum Erfolg bei. Besonders beeindruckend ist bei allen Beteiligten die Erkenntnis, wo die Zeitfallen liegen, so bei dem Bereitstellen der Geräte am Einsatzort, beim Einknoten und auch bei der Technik des Vorbringens der Leiter auf dem Eis selbst.

Text: Fritz Eckert, Feuerwehr-Magazin-Autor

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