Angriffe auf die Feuerwehr - alles zum Thema

Gewalt gegen Feuerwehr- und Rettungskräfte

Berlin – Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo in Deutschland Feuerwehrmänner und -frauen sowie Rettungskräfte beleidigt, bedroht, angerempelt oder bespuckt werden. Allein in Berlin gab es 2019 häufiger als jeden zweiten Tag einen Angriff. Immerhin: laut polizeilicher Kriminalstatistik sinken die Fälle. Doch die Dunkelziffer ist hoch. Wir klären auf, wie groß die Zahl der Übergriffe tatsächlich ist und welche Maßnahmen gegen Gewalt sinnvoll sind.

Auf Grund der häufigen Übergriffe fordern viele Einsatzkräfte Deeskalations- oder Selbstverteidigungstrainings sowie gar Schutzwesten und Waffen. Wir klären auf, wie hoch die Zahl der Angriffe tatsächlich ist und welche Maßnahmen gegen Gewalt sinnvoll sind. Symbolfoto: Sander (Bild: Nils Sander)

Inhaltsverzeichnis:

Studie über Gewalt
Was zählt zur Gewalt gegen Rettungskräfte?
Kommunikation
Gefahren erkennen
Waffen und Westen
Eure Rechte!
Öffentlichkeitsarbeit
13 Präventive Maßnahmen
Resolution des Deutschen Feuerwehrverbands

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Im Brandeinsatz angegriffen: Aktuelle Studien und Zahlen

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) erhebt seit 2011 Rettungskräfte (Feuerwehr und Rettungsdienst) als gesonderte Opfergruppe von Straftaten. Zwischen 2011 bis 2017 verdoppelte sich die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf sie. Doch seitdem nehmen die angezeigten Straftaten wieder ab. 2019 waren es noch 1.521 Anzeigen. 

Polizeiliche Kriminalstatistik: Wie wir die Quelle genutzt haben

Die Polizeiliche Kriminalstatistik kann auf der Homepage des Bundeskriminalamtes abgerufen werden. In der Tabelle “Opferspezifik – Vollstreckungsbeamte und Rettungsdienstkräfte” findet Ihr die angezeigte Straftaten gegen Rettungskräfte, aufgeschlüsselt nach Art der Straftat, Geschlecht des Opfers und seit 2016 auch getrennt nach Feuerwehr- und Rettungsdienskräfte.

Folgende Straftaten haben wir als “Körperliche Übergriffe” definiert und in die Statistik einfließen lassen: Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung unter Gewaltanwendung oder Ausnutzen eines Abhängigkeitsverhältnisses, Sexueller Missbrauch, Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, Körperverletzung, Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Dabei haben wir stets die Gesamtzahl der Delikte erfasst, also auch versuchte Straftaten und nicht nur vollendete.

Die mit Abstand höchsten Zahlen sind unter Körperverletzung nach Paragraphen 223-227, 229 und 231 Strafgesetzbuch zu finden. Nicht-körperliche Übergriffe wie Beleidigungen und Drohungen sind nicht in die Statistik eingeflossen.

Gewalt gegen Feuerwehr und Rettungsdienst Einsatzkräfte Statistik 2011-2019
Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet bis 2017 eine stark ansteigende Zahl von körperlichen Übergriffen gegenüber Einsatzkräften von Feuerwehr (FW) und Rettungsdienst (RD). Seit 2017 sinken die Zahlen. 2019 war das Niveau niedriger als noch 2014. Doch die Studie “Gewalt gegen Rettungskräfte. Eine kriminologische Großstadtanalyse” von Dr. Janina Lara Dressler verrät: Die Dunkelziffer ist viel höher als die angezeigten Angriffe. Grafik: Sander; Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), Dressler (2017).

Der Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum befragte im Mai und Juni 2017 rund 4.000 haupt- und ehrenamtliche Feuerwehr- und Rettungsdienstkräfte aus Nordrhein-Westfalen. 812 davon füllten die Fragebögen aus.

Nach Erhebungen über Gewalterfahrungen von hauptamtlichen Einsatzkräften (wir berichteten), sollten nun auch freiwillige Feuerwehren einbezogen werden. Im Gesamtbild ergibt sich, dass die meisten Angriffe im rettungsdienstlichen Bereich während der Diagnose oder Therapie erfolgen. Darauf folgen aber die Einsatzsituationen “Eintreffen”,”Erkundung” und “Brandeinsatz”.

Neu ist: 80 Prozent der Einsatzkräfte meldeten den letzten verbalen oder nonverbalen Übergriff auf ihre Person nicht. 30 Prozent selbst dann nicht, wenn sie Opfer körperlicher Gewalt wurden. Dabei sagten mehr als 20 Prozent der Angegriffenen aus,  in dessen Folge psychische Beeinträchtigungen erlitten hätten. Rund 40 Prozent berichteten von körperlichen Schäden.

Unser Themendossier “Gewalt gegen Einsatzkräfte”

behandelt folgende Punkte:

  • Warum Übergiffe zunehmen
  • Wie Deeskalation klappt
  • Erfahrungsberichte
  • Aktuelle Zahlen

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Das deckt sich mit den 2019 begonnenen Erhebungen der Berliner Feuerwehr. In dem Jahr seien von den Einsatzkräften 211 strafrechtlich relevante Übergriffe gemeldet worden. Doch aus diesen gingen nur 100 Strafanzeigen bei der Polizei hervor. Ob daraus auch Verurteilungen folgten, konnte Feuerwehrchef Karsten Homrighausen nicht genau sagen. Bislang gebe es dazu 15 bis 20 konkrete juristische Verfahren. Als mögliche Gründe auf der Seite der Täter nannte er eine Enthemmung etwa durch Alkohol und die Anonymität der Großstadt.

Die Berliner Feuerwehr hat deswegen als eine der ersten Rettungsorganisationen eine Stelle für eine Anti-Gewaltbeauftragte geschaffen. Man nehme das Thema sehr ernst, auch bei der Prävention und in der Ausbildung werde darauf eingegangen, sagte Homrighausen.

Den Wunsch nach Prävention äußerten auch die Teilnehmer der Studie von der Ruhr-Universität Bochum. Die Befragten wünschten sich, in ihrer Ausbildung intensiver auf eskalierende Einsatzsituationen vorbereitet zu werden.

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Interessant an der Studie ist auch: Nicht nur soziale Brennpunkte in Großstädten sind besonders von Gewaltdelikten betroffen, sondern auch bürgerliche Wohngebiete. Was kam noch heraus?

Die 5 wichtigsten Erkenntnisse der Studie

  1. Die Studie von Prof. Dr. Feltes und Marvin Weigert meldet keinen Anstieg von Gewaltdelikten gegen Feuerwehrkräfte. Basis dafür sind Befragungen, die jeweils 2011 und 2017 durchgeführt wurden.
  2. Die Autoren der Untersuchung vermuten aber eine hohe Dunkelziffer nicht angezeigter Fälle von Gewalt.
  3. Freiwillige Feuerwehrleute sind seltener von Gewalt betroffen als beispielsweise Berufsfeuerwehrleute. Dies hänge unter anderem mit den geringeren Einsatzzahlen zusammen.
  4. Jeder Dritte von körperlicher Gewalt Betroffene gab an, akutmedizinisch ärztlich und/oder psychotherapeutisch behandelt worden zu sein.
  5. Jede gemeldete beziehungsweise angezeigte Straftat verbessert die Erkenntnisse zu der Problematik. Dadurch können Präventionsmaßnahmen dort angesetzt werden, wo sie optimal wirken. Einen elektronischen und vereinheitlichten Meldebogen gibt es zum Beispiel auf www.dfeug.de

Was zählt zur Gewalt gegen Rettungskräfte?

Das Spektrum von Gewalt gegen Einsatzkräfte ist sehr vielfältig und breit gefächert: Vom fehlenden Verständnis für erforderliche Absperrungen bis zu dem stark alkoholisierten Patienten, der nicht mehr erkennt, dass die Rettungswagen-Besatzung ihm nur helfen will.

Und da sind natürlich auch die „erlebnisorientierten“ Menschen (Polizeijargon für gewaltbereite Jugendliche), die mit Steinen und Flaschen auf Einsatzkräfte im Löscheinsatz werfen. Die Bandbreite reicht demnach von verbalen und nonverbalen Angriffen (Beleidigungen, Drohungen, drohende Gesten) bis hin zu körperlicher Gewalt (Treten, Schlagen, Schubsen, Anwendung von Waffen).

Die Bandbreite von Gewalt gegen Einsatzkräfte reicht von verbalen und nonverbalen Angriffen (Beleidigungen, Drohungen, drohende Gesten) bis hin zu körperlicher Gewalt (Treten, Schlagen, Schubsen, Anwendung von Waffen). Symbolfoto: Rüffer

Sicher ist die Situation in Großstädten eine andere als in ländlichen Gegenden. Vermutlich wird es darüber hinaus regionale Unterschiede geben. Doch egal, wo sich der Einsatz befindet – stets gilt: Agieren ist besser als Reagieren. Konkret bedeutet Agieren in diesem Zusammenhang vor allem Vorbeugen.

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Die Gewaltprävention ist das beste Mittel, um gefährliche Situationen überhaupt erst gar nicht entstehen zu lassen. Und genau deshalb ist hier die intensivste Arbeit nötig.

Kommunizieren bei drohender Gewalt

Der Appell an die Feuerwehr muss daher lauten: Prävention und Deeskalation lernen. Schutzausrüstung und Selbstverteidigung sind sicherlich greifbarer, aber eine alte Weisheit lautet: „Die stärkste Waffe eines Menschen ist das Wort“. Weiter gefasst: „die Kommunikation.“

“Die stärkste Waffe eines Menschen ist die Kommunikation.”

Ein Beispiel: die nicht akzeptierte Absperrung. Sie kommt auch in den kleinsten Orten vor. Das einfachste Mittel zur Deeskalation sollte in diesem Fall sein, den Grund der Maßnahme einfach und ruhig zu verdeutlichen. Hierbei gilt es, auf die Notwendigkeit hinzuweisen und Kompetenz auszustrahlen. Das gelingt durch ein selbstsicheres Auftreten und den Einklang von Worten, Gestik und Körperhaltung. „Freundlich, aber bestimmt“, lautet das Motto.

Ähnlich verhält es sich bei stark alkoholisierten Personen. Wer nicht mehr Herr seiner Sinne ist, kann schnell durch zu forsche Kommunikation gereizt werden und die angebotene Hilfe als Bedrohung ansehen. Gleiches gilt auch für das entsprechende Umfeld dieser Personen.

Eine große Gefahr beim Handeln der Einsatzkräfte liegt in der Routine oder – deutlicher gesagt – dem „Abstumpfen“. Gerade deshalb ist es wichtig, jede Situation neu zu bewerten und die Herangehensweise anzupassen:

  • Wie spreche ich die Person an?
  • Spreche ich vielleicht zuerst die umstehenden Personen an?
  • Erkläre ich den Begleitern, was ich mache?

Feuerwehrleute, die auch im Rettungsdienst tätig sind, sollten sich bewusst sein: Das Zerschneiden von Bekleidung und das Setzen von Zugängen kann bei eingeschränkter Wahrnehmung schnell falsch gedeutet werden. Letztendlich kann auch hier wieder die klare Abgrenzung von „Staatsmacht“ und „Hilfeleister“ eine Situation entschärfen.

Gib der Gewalt keine Chance

Michael Steil führt in seinem Buch “Gib der Gewalt keine Chance” viele sehr hilfreiche Tipps auf, wie Feuerwehrmänner und Rettungsdienstkräfte am Einsatzort auf Gewalt reagieren können und sollten.

Er geht auf Deeskalation und Kommunikation ein. Aber er zeigt auch Handgriffe zur Selbstverteidigung. Die Tipps von Michael Steil sind sehr konkret und obendrein gut bebildert.

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In der Polizeiarbeit hat sich der Einsatz von “Konfliktmanagern” oder “Kommunikationsmanagern” als erfolgreich erwiesen. Warum also nicht einmal die guten Kontakte nutzen und eine Weiterbildung von Führungskräften, Pressesprechern oder anderen interessierten Kameraden anschieben?

Gewalt: Gefahren erkennen

An der Einsatzstelle angekommen, sind erfahrungsgemäß alle Augen auf das eigentliche Geschehen, sei es der Großbrand oder der Unfall, gerichtet. Dann spielen die Gefahren der Einsatzstelle eine wichtige Rolle für das Handeln der Führungskräfte. Dazu sollten die Kameraden auch die möglichen Gefahren von außen – also durch anwesende Personen – im Blick haben. Das gehört zur Eigensicherung.

Erst Kommunizieren, nicht gleich Zupacken. Symbolfoto: Westphal

Es gilt, die Augen offen zu halten und den sogenannten Tunnelblick zu brechen. Grundsätzlich ist das alles nichts Neues. Wir schauen als Strahlrohrführer natürlich zum Feuer, aber auch, ob eventuell der Giebel einstürzt. Und beim Aufschneiden des verunfallten Pkw achten wir auf Spannungen im Material oder auslaufende Betriebsstoffe. Wir versuchen ganz allgemein, weitere Gefahren zu erkennen.

Eine dieser Gefahren, wie zum Beispiel ein „Randalierer“, ist nun aber außerhalb unseres Fokus. Das bedeutet, auch der Blick über die Schulter, hinein ins Umfeld, muss dazu gehören, um diese Gefahr zu erkennen.

Waffen und Westen bei der Feuerwehr

Immer wieder steht die Diskussion darüber im Raum, ob die Feuerwehr Schutzwesten, Reizstoffsprühgeräte (Pfefferspray/CS-Gas) oder Elektroschocker nutzen darf. Wie sinnvoll ist der Einsatz solcher Ausrüstung?

“Waffen haben bei der Feuerwehr oder einer Hilfsorganisation grundsätzlich nichts zu suchen”, macht Deeskalationstrainer und Polizeihauptkommissar Tim Tietje direkt deutlich. “Es besteht erstens die Gefahr, sich selbst oder unbeteiligte Personen zu schädigen und zweitens kann Dir durch das Mitführen einer Waffe Vorsatz vorgeworfen werden.” Vor Gericht könne dann aus “Notwehr” durchaus “gefährliche Körperverletzung” werden.

Ganz abgesehen vom Schaden für das Image der Feuerwehr. Gleiches gelte im Übrigen auch für den Einsatz schwerer Stabtaschenlampen.

Bei Schutzwesten hingegen ist die Lage eine differenziertere. Christian Münstermann, Zugführer und Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Laufach (BY, Kreis Aschaffenburg): “Wir haben im Jahr 2013, nach mehreren in den Medien bekannt gewordenen Übergriffen gegenüber Rettungsdienst und Feuerwehr, stichhemmende Schutzwesten angeschafft.”

Drei der Westen von der Firma Mehler sind seitdem auf dem Vorausrüstwagen der FF verlastet. “Das ist unser Haupteinsatzfahrzeug bei First-Responder-Einsätzen und fährt in der Regel als erstes die Einsatzstelle an”, sagt Münstermann.

Die FF Laufach beschaffte 2013 stichhemmende Schutzwesten, um ersteintreffende Kräfte vor Übergriffen schützen zu können. Die Westen sind unter den Einsatzjacken nicht zu erkennen. Foto: FF Laufach.

Die Westen können bei kritischen oder unklaren Situationen sowie bei Wohnungsöffnungen zum Einsatz kommen. Im Zweifelsfall beziehungsweise bei unklaren Lagemeldungen warten die Feuerwehrleute zudem gemäß Dienstanweisung das Eintreffen der Polizei ab. “Die Handhabung der Westen ist relativ einfach und sie lassen sich mit wenigen Handgriffen anziehen”, erklärt Christian Münstermann. “Außerdem sind sie unter den Einsatzjacken quasi unsichtbar und können daher nicht als Provokation wahrgenommen werden.”

Tietje gibt zu bedenken: “Zusätzliche Ausstattung für den Selbstschutz erfordert auch immer eine zusätzliche Ausbildung.” Überdies könnten Schutzwesten den Einsatzkräften ein übersteigertes Sicherheitsgefühl geben, das nicht dem tatsächlichen Schutz durch die Weste entspräche, und möglicherweise zu waghalsigen Aktionen verleite. “Der Einsatz einer Weste sollte deswegen durch ein intensives Training begleitet werden”, begründet Tietje.

Bisher mussten die Feuerwehrleute der FF Laufach die Schutzwesten nicht einsetzen. Sie hoffen, dass das auch so bleibt.

Was bringt ein Deeskalationstraining? Welche Präventionsmaßnahmen können Feuerwehren treffen, um Gewaltsituationen vorzubeugen?
Wir haben für Euch ein Training besucht und Konzepte von Berufs- sowie Freiwilligen Feuerwehren zusammengetragen. Den vollständigen Bericht findet Ihr in unserem eDossier.

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Rechtsmittel: Was Ihr gegen Gaffer, Pöbler & Co. tun könnt

Das einzig probate Mittel, um dagegen vorzugehen, ist und bleibt der Rechtsweg. Wir nennen Euch die drei wichtigsten Paragraphen, auf die Ihr Euch berufen könnt.

Strafgesetzbuch (StGB), § 323c

Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen:

(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.

Klartext: Wer nicht hilft oder Helfer/Einsatzkräfte bei der Hilfeleistung behindert, wird bestraft. Dazu gehören auch das Gaffen und das Nichteinhalten einer Rettungsgasse.

Paragraph 115, Strafgesetzbuch: Wer Feuerwehrleute oder Kräfte des Rettungsdienstes im Einsatz durch Gewaltandrohung oder gar einen Angriff behindert, hat mit bis zu 5 Jahren Haftstrafe zu rechnen. Symbolfoto: Markus Brändli

StGB, § 115

Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen:

(3) Nach § 113 – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe; in besonders schweren Fällen bis zu 5 Jahren) – wird auch bestraft, wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert. Nach § 114 – Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) – wird bestraft, wer die Hilfeleistenden in diesen Situationen tätlich angreift.

Klartext: Wer Feuerwehrleute oder Kräfte des Rettungsdienstes im Einsatz durch Gewaltandrohung oder gar einen Angriff behindert, hat mit hohen Strafen zu rechnen.

StGB, § 305a

Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel:

(1) Wer rechtswidrig ein für den Einsatz wesentliches technisches Arbeitsmittel der Polizei, der Bundeswehr, der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes, das von bedeutendem Wert ist, oder ein Kraftfahrzeug der Polizei, der Bundeswehr, der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Klartext: Wer Einsatzmittel beschädigt oder versucht, sie zu beschädigen, kann bis zu 5 Jahre hinter Gittern landen.

(Stand: 30.06.2017)

Gewalt darf keine Antwort sein

Feuerwehr heißt Kameradschaft, füreinander einstehen und gegenseitig den Kopf hinzuhalten. Diese besondere Art der Gemeinschaft darf aber nicht dazu führen, dass im Einsatz angegriffene Kameraden gerächt werden. Bei allem Verständnis für den Unmut ist es kein probates Mittel, wenn sich die Löschgruppe mit Ausrüstungsgegenständen „bewaffnet“ und mit Gewalt antwortet. Im Gegenteil: diese Art der Kommunikation ist gefährlich.

Gewaltsuchende Angreifer können die Feuerwehr dann tatsächlich als einen adäquaten Gegner ansehen, mit dem sich eine Auseinandersetzung „lohnt“. Abgesehen davon ist das Bild der prügelnden Feuerwehrmänner in den Medien mindestens genauso rufschädigend, wie das Bild des betrunkenen Kameraden.

Nicht zuletzt verfügen wir auf allen Ebenen unserer Struktur über qualifiziertes Personal im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Diese solltet Ihr nicht nur für die Erarbeitung von Kampagnen zur Mitgliederwerbung oder anderen altbekannten Tätigkeitsfeldern nutzen: Eine Abgrenzung der Aufgabenzuweisung zur Polizei und die klare Herausstellung der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr kann sich als hilfreich erweisen. Damit darf natürlich nicht einhergehen, dass wir die gute und unabdingbare Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Polizei gefährden.

Gewalttätige Übergriffe auf Rettungskräfte (Auszug):

13 Präventive Maßnahmen gegen Gewalt an der Einsatzstelle

Deeskalierend kommunizieren

  • 1. Ruhig und gelassen bleiben.
  • 2. Lage und Stimmung erfassen.
  • 3. Die eigene Redeweise die der anwesenden Personen anpassen.
  • 4. Selbstbewusst und gleichzeitig respektvoll auftreten. Nicht in herablassendem Ton reden.
  • 5. Blickkontakt halten und „freundlich, aber bestimmt“ bleiben.
  • 6. Stets sachlich die Maßnahmen erklären, die von den Einsatzkräften getroffen werden.
  • 7. Identifizieren und dokumentieren
  • 8. Menschen, die sich angesprochen und/oder erkannt fühlen, lassen sich erfahrungsgemäß nicht so schnell zu strafbaren Handlungen hinreißen. Daher kann der Einsatz von Kameras oder das sichtbare Dokumentieren einer Situation beziehungsweise offenes Ansprechen von Personen schon dazu führen, dass das Gewaltpotential sinkt.
  • 9. Gleichzeitig ist die Dokumentation der Situation im Nachgang sehr wichtig für die Einsatznachbesprechung und mögliche rechtliche Folgen. Richtige Dokumentation ist vor einem Gericht häufig entscheidend für den Ausgang des Prozesses.
  • 10. Auch das Herstellen von Öffentlichkeit hilft hierbei.
  • 11. Im Notfall: Beleuchten. Im „rechten Licht“ fühlen sich Personen ertappt und können ihr „Ziel“ nicht mehr erblicken.

Rückzug

  • 12. Sieht man, dass es zu einer Eskalation kommen oder die Stimmung kippen kann, den Rückzug antreten.
  • 13. Nicht zu Racheaktionen übergehen. Diese schaden im schlimmsten Fall nicht nur einem selbst, sondern dem Ansehen der gesamten Feuerwehr.

Anzeigen und Opfer betreuen

  • 13. Alle Fälle von Gewalt müssen angezeigt werden. Bleiben die Täter ohne rechtliche Konsequenzen, kann sich bei den Opfern ein Ohnmachtsgefühl entwickeln. Denn: Einsatzkräfte, die Gewalt gegen sich erlebt haben, sind häufiger von psychischen Erkrankungen wie einer Posttraumatischen Belastungsstörung betroffen. Im schlimmsten Fall werden sie dadurch berufsunfähig. Daher ist sowohl eine rechtliche als auch psychologische Betreuung der Kräfte notwendig.

Gewalt gegen Rettungskräfte: DFV setzt nochmal deutliches Zeichen

Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) hat sich auf seiner Delegiertenversammlung in Erfurt nochmals deutlich zum Thema Gewalt gegen Einsatzkräfte positioniert. “Wir fordern die Gesellschaft, insbesondere Politik, Justiz, Bevölkerung und Medien, dazu auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und uns vor Gewalt zu schützen”, lautet die Forderung aus der Versammlung.

In einer Resolution sind fünf entscheidende Punkte und Forderungen aus Sicht des DFV nochmal zusammengefasst: Mehr Respekt vor Einsatzkräften; Sensibilisierung der Bevölkerung; Werte vermitteln, Werte schätzen; Strafverschärfung und konsequente Strafverfolgung; Feuerwehrangehörige nicht im Stich lassen.

Die Resolution des DFV als Download:

>>Unsere Einsatzkräfte – unsere Sicherheit! Nein zur Gewalt gegen Feuerwehrangehörige

Die Resolution wird vom Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag sowie dem Deutschen Städte- und Gemeindebund mitgetragen.

Autoren:

Timm Falkowski, Mitglied der FF Kaköhl-Blekendorf und Polizeioberkommissar der Bundespolizei;

Nils Sander, Redaktion Feuerwehr-Magazin

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Als einfacher Bürger, der es seit 70 Jahren zu schätzen weiß, dass Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte uns in (lebens-)gefährlichen Situationen beistehen, ärgert es mich zunehmend, dass dieser lebenswichtige Personenkreis immer häufiger in Ausübung ihres Dienstes von offenbar geistig Minderbemittelten oder gar psychisch Gestörten bedroht und angegriffen werden.
    In meiner Jugend kam das praktisch nicht vor, bzw. beschränkte sich auf die idiotische RAF – aber selbst die ließ die Finger von Feuerwehr und Rettungsdiensten.

    Ich denke, es liegt zu einem großen Teil daran, dass unser Staat* sich in den letzten Jahrzehnten einfach zuviel gefallen lassen hat, ohne sich unmittelbar und adäquat dagegen zur Wehr zu setzen. Die radikalen Typen haben nach und nach immer weiter ausgetestet, wie weit sie gehen können, ohne dass die schwersten bestraft werden bzw. dabei das Leben verlieren können. Sie haben am “Erfolg gelernt” und nehmen sich immer mehr heraus.

    *) Damit meine ich nicht nur den deutschen Staat. Ich frage mich, ob es eine allgemeine Schwäche von Demokratien ist, sich den nötigen Respekt gegenüber Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften nicht ERZWINGEN zu wollen oder zu können? Ich schätze die Demokratie sehr, aber wenn die, welche sie genießen dürfen, sie mit den Füßen treten, dann müssen sie durch unmittelbare staatliche/körperliche Gewalt lernen, dass dieses idiotische Verhalten richtig wehtut, schwerste Verletzungen nach sich zieht oder das Leben kostet.

    Ich finde, hier muss in allen Demokratien ein schnelles Umdenken erfolgen – sonst sind sie bald weg vom Fenster. Die Leute rufen doch jetzt schon immer häufiger nach dem “starken Mann”, der ihnen knallharte Grenzen setzt und sagt, was geht und was nicht.

    Nicht selten denke ich, dass ich froh bin, dass ich aufgrund meines Alters diese elende Respektlosigkeit – die auch ich als einfacher Bürger manchmal vor allem von jungen Menschen im Alltag erlebe – glücklicherweise nicht mehr so furchtbar lange ertragen werden muss.

    Aber diese Einstellung ist doch Sch****! So macht das Leben doch keine Freude. So erwartet man jederzeit irgendeinen – völlig unvorhersehbaren – Angriff auch gegen die eigene Person, mit dem Resultat, dass man Leben vermeidet und sich ganz zurückzieht.

    So geht es einfach nicht weiter!

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