Wohnhausbrand in Corona-Zeiten

Werl (NW) – Inzwischen haben sich die Feuerwehren in Deutschland auf Einsätze unter Corona-Bedingungen eingestellt. Aber Anfang April 2020 war das noch nicht der Fall. Und so werden sich die Aktiven der FF Werl (Kreis Soest) wahrscheinlich noch sehr lange einen in vielfacher Weise ungewöhnlichen Brandeinsatz erinnern. 

Obwohl die Feuerwehr Werl nur wenige Minuten nach der Alarmierung mit zahlreichen Kräften vor Ort war, brannte der Dachstuhl dieses Bungalows komplett nieder. Foto: Feuerwehr

 

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Als erster Corona-Einsatz wird der Gebäudebrand vom 3. April 2020 in die Geschichte der Feuerwehr Werl (Kreis Soest) eingehen. Wie quasi bei jeder Feuerwehr in Deutschland hatte die Pandemie auch in Werl den Normalbetrieb stark eingeschränkt. Seit Mitte März finden keine Übungs- und Ausbildungsdienste mehr statt, es gelten verschärfte Hygienebedingungen, Besucher dürfen die Feuerwehrhäuser nicht mehr betreten, Veranstaltungen sind abgesagt und Abstandsregelungen eingeführt. „Allerdings haben wir die Anzahl der Kräfte auf den Fahrzeugen zu dieser Zeit noch nicht reduziert“, erklärt Werls Stadtbrandmeister Karsten Korte.

Zum Glück nicht. Denn am 3. April 2020 wird gerade in der Anfangsphase ein massives Kräfteaufgebot benötigt. Um 16.04 Uhr lösen die Digitalen Funkmeldeempfänger der Löschzüge 1 und 2 Stadtmitte aus: „Brand 3, Brabanter Straße“, lautet die Alarmmeldung. Die Brabanter Straße liegt nur rund 2 Kilometer Luftlinie vom Feuerwehrhaus entfernt am Rand der Innenstadt. Um 16.07 Uhr trifft der Stadtbrandmeister mit seinem Kommandowagen (KdoW) als erster an der Einsatzstelle ein.

Beim Eintreffen der ersten Kräfte stand der komplette Dachstuhl bereits in Vollbrand. Foto: Feuerwehr

Die Postanschrift des Brandobjektes ist zwar mit Brabanter Straße korrekt angegeben, aber das Haus liegt in zweiter Reihe an der Einbahnstraße. Es wurde im Garten des letzten Gebäudes an einem Stichweg errichtet. Die direkte Anfahrt erfolgt allerdings über einen weiteren kleinen Stichweg von der Büdericher Straße aus. Und dieser schmale Weg ist erfahrungsgemäß zugeparkt. Über den Eschenweg gibt es noch eine dritte Zugangsmöglichkeit zu dem Grundstück.

Rund 10 Minuten nach der Alarmierung sind damit bereits fast 30 Feuerwehrleute an der Einsatzstelle oder kurz davor. „Wir sind in der Regel immer tagesalarmsicher“, freut sich der Stadtbrandmeister. „Und durch die Corona-bedingte Kurzarbeit oder Tätigkeiten im Homeoffice hatten wir bei diesem Einsatz gar kein Personalproblem.“

Fassadenteile fliegen wie Geschosse durch die Luft

Bei seiner Erkundung von der Brabanter Straße aus stellt Korte fest, dass ein benachbartes Wohnhaus durch die Hitzestrahlung enorm gefährdet ist. „Der brennende Bungalow war nicht mehr zu retten, das war zu diesem Zeitpunkt bereits Tatsache“, sagt der erfahrene Feuerwehrmann. Der komplette Dachstuhl steht in Vollbrand. Starker Wind führt zu einer weiteren Brandausweitung. In den Wänden hat sich das Feuer bereits ins Erdgeschoss ausgedehnt. Immer wieder platzen Teile der Fassade ab und fliegen durch die Gegend. „Im ersten Moment habe ich gedacht, da schießt jemand auf mich“, erinnert sich Korte.

Der Schutz des Nachbarhauses hat jetzt oberste Priorität. Und natürlich die direkte Brandbekämpfung. Der Einsatz der DLK macht dabei nur bedingt Sinn. Das Hubrettungsfahrzeug wäre nur an einer Stelle dicht genug an das brennende Haus herangekommen. „Aber auch Dächer anderer Gebäude und das Baugerüst boten ideale Möglichkeiten, den Dachstuhl zu löschen“, so Korte.

„Das wir uns sofort auf die Brandbekämpfung konzentrieren konnten, war ein enormer Vorteil“, erinnert sich Korte. Da niemand vermisst wird und sich der Brand bereits so stark ausgeweitet hat, verzichten die Feuerwehrleute auf einen Innenangriff.

Ausschließlich im Außenangriff gingen die Feuerwehrleute gegen den Brand vor. Teilweise platzten Teile der Außenfassade ab und flogen wie Geschosse durch die Luft. Foto: Feuerwehr

Mit mehreren C-Rohren wird eine Riegelstellung zum gefährdeten Nachbarhaus gebildet. Insgesamt setzt die Feuerwehr Werl bis zu neun C-Rohre gleichzeitig ein. Nachdem der Dachstuhl des brennenden Bungalows eingestürzt ist, können die Feuerwehrleute das Baugerüst am Gebäude zum Vorgehen nutzen. „Das war extrem stabil und vom Brand nicht beschädigt“, sagt Müller.

Verdacht auf Asbest

Der massive Wassereinsatz zeigt schnell Wirkung. Bereits gegen 16.30 Uhr ist das Feuer unter Kontrolle. 

Direkt am Gebäude darf nur unter Atemschutz vorgegangen werden. „Es war ein extrem schwarzer Brandrauch“, sagt der Stadtbrandinspektor. „Da schien auch Isoliermaterial zu brennen. Aufgrund des Gebäudealters befürchteten wir zwischenzeitlich, dass Asbest verbaut sein könnte.“ Die Schutzkleidung wird deshalb später separat gesammelt und mit entsprechenden Hinweisen an ein Reinigungsunternehmen übergeben. Der Asbest-Verdacht bestätigt sich aber nicht.     

Die Nachlöscharbeiten ziehen sich rund zweieinhalb Stunden hin. „Wir mussten viele Wände öffnen, um alle Glutnester freizulegen“, so Einsatzleiter Korte. Bei den Nachlöscharbeiten wird Schaummittel in geringer Konzentration beigemischt (Netzmittel), um die Löschwirkung zu erhöhen.

Noch während des Löscheinsatzes kommen die Hausbesitzer, die Familie Özdemir, auf die Einsatzleitung zu und bedanken sich für den Einsatz der vielen Kräfte. „Die Leute haben gerade ihr gesamtes Hab und Gut verloren, es war ihnen aber trotzdem wichtig, uns persönlich zu danken. Das hat mich sehr beeindruckt“, sagt Korte.

Einen ausführlichen Einsatzbericht von diesem Dachstuhlbrand haben wir in der Juli-Ausgabe des Feuerwehr-Magazins veröffentlicht. Darin schildert die Familie, wie sie den Brand erlebt hat. Aktuell ist die Juli-Ausgabe noch im Handel erhältlich. Oder ihr bestellt die Ausgabe ganz bequem bei uns im Online-Shop, als gedruckte Ausgabe oder zum Download. >>>Hier geht es direkt zur Juli-Ausgabe 2020.<<<

 

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