Im Internet findet man unzählige Listen mit den größten und stärksten Feuerwehrfahrzeugen. Aber meist sind das nur Schätzungen. Wir haben unzählige technische Datenblätter durchforstet und präsentieren Euch in sieben Rekord-Kategorien die jeweiligen drei Spitzenreiter.
Weil es schwierig ist, die vielfältigen Feuerwehrfahrzeuge miteinander zu vergleichen, haben wir sie in die Kategorien Rettungshöhe, Motorleistung, Tankkapazität, Gesamtlänge, Gewicht, Pumpenleistung und Schubkraft eingeteilt. Pro Kategorie präsentieren wir Euch die ersten drei Plätze. Davon sollte mindestens ein Fahrzeug zum Redaktionsschluss in Dienst stehen und eines in Deutschland stationiert sein. Den Start machen: Hubrettungsfahrzeuge.
Riesendino
Der Brontosaurus wurde nach der Entdeckung seiner ersten Knochenfossilien im Jahr 1879 zu einem der bekanntesten Dinosaurier. Grund war wohl, dass das Urzeit-Tier als Erstes vollständig rekonstruiert und ausgestellt wurde. Daran anlehnend taufte sich der finnische Aufbauhersteller für Hubrettungs- und Hubarbeitsbühnen auf den Namen Bronto Skylift.
Mit dem Teleskopmast F 112 HLA (High Level Articulated; deutsch: Gelenk auf hoher Ebene) hat die Firma erstmals auf der Interschutz 2010 das heute immer noch höchste Hubrettungsfahrzeug vorgestellt. Die maximale Rettungshöhe beträgt 112 Meter.
Info für die Dino-Fans:
Der Rekord “Größtes Landwirbeltier, das je auf der Erde gelebt hat” wird in Forscherkreisen immer wieder heiß diskutiert. Aktueller Kandidat auf den Titel ist der Patagotitan mayorum aus der Gruppe der Titanosaurier. Auch ein Pflanzenfresser mit langem Hals, der wahrscheinlich vor rund 95 Millionen Jahren die Blätter von hohen Bäumen abrupfte. Knochenfunde legen nahe, dass er bis zu 37 Meter lang wurde. Brontosaurus excelsus maß nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft bis zu 22 Meter Länge.
Zwei Bronto Skylift F 112 HLA wurden bislang verkauft. Einer der Weltrekord-Teleskopmasten steht im Dienst des Bahrain Civil Defence in Manama, einer beim Civil Defence in Doha, der Hauptstadt des benachbarten Katar. Im indonesischen Surabaya und der Hauptstadt Jakarta stehen jeweils ein Bronto Skylift F 104 HLA. Nochmal 3 Meter weniger hat die Feuerwehr in Moskau zur Verfügung. Im Bezirk Levoberezhny steht nämlich ein Bronto Skylift F 101 HLA und damit das höchste europäische Hubrettungsfahrzeug.
Doch es muss nicht immer ein Teleskopmastfahrzeug sein, um außergewöhnliche Höhen zu erreichen. 68 Meter Rettungshöhe weist etwa der Leiterpark der M68L-Drehleiter von Magirus auf. Das Ulmer Unternehmen hat weltweit bisher fünf Stück dieser größten Drehleitern der Welt verkauft. Eine ging beispielsweise an das Seoul Metropolitan Fire and Disaster Management Headquarters in Südkorea.
Das erste Fahrzeug war auf der Interschutz 2015 in Hannover vorgestellt worden. Aufgebaut auf einem Iveco Trakker AD 410 T 45 8×4, verfügt die M68L über ein Vier-Achs-Fahrgestell.
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Mit den meisten Pferdestärken sind ausnahmslos Flughafenlöschfahrzeuge (FLF) ausgestattet. Sie müssen möglichst viel Löschmittel in kürzester Zeit innerhalb des Flughafengeländes bereitstellen können. Platz drei belegt der Ziegler Z8 XXL, der beispielsweise von der Werkfeuerwehr am Flughafen BER in Berlin genutzt wird. Das auf einem Titan 52.1400 8×8 aufgebaute Fahrzeug ist mit einem Mercedes OM 502 LA V8-Zylinder-Dieselmotor ausgestattet. Dessen bei Alarmfahrt für 3 Minuten abrufbare 1.400 PS (1.030 kW) beschleunigen den Z8 in 21 Sekunden von 0 auf 100.
Nochmal 50 PS drauf legt der Rosenbauer Panther 8×8 der Werkfeuerwehr auf der NATO-Airbase in Geilenkirchen. Damit hat dieses FLF 1.450 PS (1.104 kW). Fun Fact: Würde man 1.450 ausgewachsene Pferde hintereinanderstellen, wäre ein entsprechendes Gespann etwa 4.000 Meter lang. So lang sind auch die großen Start- und Landebahnen am Flughafen Frankfurt.
1.540 PS soll die neue Generation des Ziegler Z8 leisten, mit zwei Scania DC16-Motoren (Twin-Engine). Die Vorstellung der neuen Z-Class erfolgte im September 2020. Zum Redaktionsschluss ist noch kein Z8 dieser Generation in Dienst gestellt.
In den Schatten gestellt wird diese extreme Kraft nur noch vom Jaguar K/R40 von Colet Special Vehicle Design. Ein 1999 darauf gebautes FLF betrieb beispielsweise die Werkfeuerwehr des Atlanta International Airport (USA). In 20 Sekunden ging es mit dem Fünfachser von 0 auf 100.
Die brachiale Gewalt des 1.622 PS (1.193 kW) starken Motors wird optisch unterstrichen vom Fahrerhaus, das aussieht wie ein Kampfjet-Cockpit. 3,5 Millionen US-Dollar soll ein Jaguar K/R40 gekostet haben. Fassungsvermögen: 15.200 Liter Wasser, 950 Liter Schaummittel. Heute steht keines der drei gebauten fünfachsigen FLF mehr im Dienst.
Riesentank
Nicht ganz so schnell fahren, dafür mehr Löschmittel mitführen kann die FF Cloppenburg (NI) mit ihrem als Tanklastzug ausgeführten Großtanklöschfahrzeug (GTLF). 26.500 Liter Wasser fasst der Tank und eine Drehkolbenpumpe leistet 9.000 Liter pro Minute bei 4,5 bis 5 bar.
Gezogen wird der dreiachsige Auflieger von einer 420 PS starken Volvo FM-Zugmaschine. Das ist aber „nur“ Nummer drei auf dem Treppchen.
Die Feuerwehr Cloppenburg und das Fahrzeug stellen wir Euch übrigens demnächst in einer großen Reportage vor!
Von Nummer zwei hat Rosenbauer noch keinen verkauft. Aber es handelt sich beim Buffalo Extreme auch nicht um ein gewöhnliches Fahrzeug. Dieses GTLF ist auf einem Paul Heavy Mover HM 68 570 aufgebaut und hauptsächlich für den Einsatz im Tagebau konzipiert. Denn mit seinen Dimensionen wird die Straßenzulassung kein Kaffeekränzchen bei der Behörde. Der Dreiachser misst 13 Meter (Länge) mal 3,55 Meter (Breite) mal 4,20 Meter (Höhe).
Einen Böschungswinkel von bis zu 35 Grad soll das Fahrzeug meistern können, was bei den 67 Zentimeter breiten und fast mannhohen Spezialreifen nicht unrealistisch erscheint. In den Wassertank passen 33.000 Liter. Eine Rosenbauer FPN 10-6500 in Verbindung mit einem Wasserwerfer RM60C kann davon 6.000 l/ min bei 10 bar auf die Einsatzstelle abgeben.
Ganz oben auf dem Siegertreppchen steht mal wieder ein Tanklastzug – allerdings keiner von der Stange. Im Gegenteil: das Schaumteppich-Fahrzeug (Runway Foaming Vehicle) der Werkfeuerwehr Istanbul Airport (Türkei) verfügt über einen Auflieger mit einem 40.000-Liter-Wasser- und einem 5.000-Liter-Schaummitteltank. Den Ausbau fertigte die türkische Firma Volkan.
Das Fahrzeug verfügt über eine Pumpe, die 6.000 l/min bei 10 bar leistet, sowie einen Dachmonitor auf dem Tank. Richtig speziell wird es aber erst, wenn man das Heck betrachtet. Dort befindet sich eine auf 13 Meter Breite ausklappbare Sprühvorrichtung. Mit dieser können die Einsatzkräfte im Pump & Roll-Betrieb in kürzester Zeit einen Schaumteppich auf die Start- und Landebahn ausbringen. Damit sollen die Risiken bei einer Notlandung – wie beispielsweise Funkenflug – minimiert werden.
Längstes Fahrzeug
Der Bronto Skylift F 112 HLA-Teleskopmast ist auch in dieser Kategorie ganz vorne mit dabei. Im Fahrzustand beträgt dessen Länge 19 Meter auf sieben Achsen. Aufgebaut ist er übrigens auf einem Mercedes Actros 7660 14×8. Aber er belegt nur Platz 2.
Bei langen Fahrzeugen denkt man häufig an US-amerikanische Modelle. Etwa die Tiller Ladder – eine vollautomatische, hydraulische Drehleiter auf einem Sattelzuggespann (englisch: tractor-drawn). Das Besondere: Sie wird von zwei Maschinisten gefahren. Einer sitzt vorn in der Zugmaschine und der zweite – der Tillerman – in einer Kabine auf der Hinterachse des Aufliegers. Steuert der Fahrer in eine Linkskurve, lenkt der Tillerman in der Regel nach rechts, um den Kurvenradius zu verkleinern.
Das längste US-Modell, das wir gefunden haben, ist “Truck 4” der Fire Company #4 des City of Garfield Fire Department (Bergen County, New Jersey). Im Fahrzustand ist das Fahrzeug 63 Fuß (englisch: feet) und 7 Zoll (englisch: inch) lang. Das entspricht 19,4 Meter.
Es handelt sich dabei um eine Sonderform von Tiller Ladder: dem Tillered Quint oder auch “Quiller”. Diese Mischung aus Löschfahrzeug und Drehleiter verfügt auch über eine fest eingebaute Feuerlöschpumpe, einen Löschwasserbehälter und Schläuche.
Der US-amerikanische Hersteller Spartan ERV (heute Spartan Emergency Response) hat “Truck 4” im Jahr 2013 auf einem Gladiator ELFD gefertigt. Der Quiller verfügt über elf Sitzplätze, einen 103-Fuß-Leiterpark (31,4 Meter), eine Pumpe mit 1.500 Gallonen pro Minute (5.678 l/min), einen 200-Gallonen-Löschwassertank (757 l) sowie einen 10-Kilowatt-Stromerzeuger.
Aktueller Rekordhalter in Deutschland und Platz 3 dieser Kategorie ist der als Mobiles Gefahrgutentsorgungssystem (MOGES) ausgebaute Tanklastzug der Feuerwehr Ulm. Das Gespann hat eine zulässige Gesamtmasse von 47.540 Kilogramm und ist 16.500 Millimeter lang.
“Technisch können zirka 25.000 Liter Wasser oder andere Flüssigkeiten aufgenommen werden”, sagt Tim Schell, stellvertretender Sachgebietsleiter Technik. “Jedoch kann das Fahrzeug dann auf vielen deutschen Straßen nicht mehr bewegt werden. Dafür hat die Kombination dann zu wenig Achsen. Daher wird im Einsatzfall das Fahrzeug maximal mit etwa 19.000 Liter Wasser befüllt.”
Besonderheit des MOGES ist eine Pumpe mit Aktivkohlefilter und Gaswaschanlage. Damit nutzen die Ulmer das Fahrzeug in erster Linie als Einsatzmittel für große Mengen Gefahrgut. Doch auch die Nutzung als Löschwasserpuffer ist möglich.
Ganz schön schwere Dinger
Eine zulässige Gesamtmasse von 47,54 Tonnen ist schon ganz ordentlich. Aber da geht doch bestimmt noch mehr. Ja, der Buffalo Extreme hat beispielsweise eine zulässige Gesamtmasse von 68.000 Kilogramm. Der Bronto Skylift F 112 HLA-Teleskopmast wiegt insgesamt beeindruckende 78.000 Kilogramm.
Noch einen drauf setzt die Mobile Rettungswinde der Grubenwehren der Deutschen Steinkohle AG (heute RAG AG). Der zugehörige Bergekrananhänger hatte – vor einem Umbau – eine zulässige Gesamtmasse von 88 Tonnen (88.000 Kilogramm). Er wurde für Grubenunfälle in großer Tiefe konzipiert.
Mit der Winde kann eine Fördertiefe von 1.600 Metern erreicht werden. In ungünstigster Stellung beträgt die Zugkraft noch 5 Tonnen. Acht hydraulisch steuerbare Fahrschwingen mit je zwei Reifen trugen das Fahrzeug zum Einsatzort. Mittlerweile ist die Winde jedoch auf einem Sattelauflieger aufgebaut. Die zulässige Gesamtmasse inklusive Zugmaschine beträgt “nur noch” 56 Tonnen. Stationiert ist das Gespann am RAG-Standort in Bottrop (NW).
Stark gepumpt
Kommen wir zur Kategorie “stärkste Pumpe”. Den Anfang macht das Fire Department New York (FDNY). Zwischen 1965 und 1982 verfügte es über das Super Pumper-System, bestehend aus dem fünfachsigen Super Pumper, einem GTLF mit Löschkanone, sowie drei Satellitenfahrzeugen, ebenfalls mit Löschkanonen.
Auf dem Auflieger des Super Pumper befand sich ein auf 2.400 PS gedrosselter Napier- Deltic-T18-37C-Dieselmotor mit 18 Zylindern, der eine sechsstufige DeLaval-Pumpe antrieb. Mit dieser konnten die Einsatzkräfte 33.300 Liter pro Minute bei 24 bar oder 16.650 Liter pro Minute bei etwa 48 bar fördern. Der Strahl aus einer der Löschkanonen war in der Lage, Mauerwerk einzureißen. Gezogen wurde der Auflieger von einem Mack F Series-Truck mit 255 PS. Heute steht das Gespann im Antique Toy and Firehouse Museum in Bay City (Michigan).
50.000 Liter pro Minute – allerdings bei dem wesentlich geringeren Druck von 0,1 bar – lassen sich mit einem Hytrans Fire System (HFS) erreichen. In dieser Einstellung ist es möglich, bei einer Hochwasserlage viel Wasser auf kurzer Distanz zu fördern. Im Druckbetrieb sind 3.000 Liter pro Minute bei 10 bar möglich. HFS sind im Einsatz bei mehreren Berufsfeuerwehren sowie eingebunden in Wasserförderzüge vieler Landkreise.
Der erste Platz geht allerdings wieder nach New York. Diesmal ausnahmsweise nicht an ein Fahrzeug auf Rädern. Und über die bisher genannten Durchflussraten wird die Besatzung der “Three Forty Three” wohl nur müde lächeln. Das Feuerlöschboot ging am 11. September 2010 in den Dienst des FDNY. Das sind exakt 9 Jahre nach den Terroranschlägen am 11. September 2001. “Three Forty Three” – also 343 – ist die Zahl der damals getöteten Feuerwehrleute. Der Funkrufname lautet “Marine 1”.
Mit vier Motoren beträgt die Kapazität der Pumpen rund 190.000 Liter pro Minute. Insgesamt zwölf Werfer können damit versorgt werden. Über den großen Frontwerfer allein kann die Crew 64.345 Liter pro Minute auf ein Brandobjekt abgeben. Zudem verfügt das Feuerlöschboot über einen Teleskopkranarm mit aufgesetzter Leiter und Rettungskorb.
Die Eastern Shipbuilding Group in Panama City baute das 43 Meter lange und rund 500 Tonnen schwere Schiff. Kostenpunkt: etwa 27 Millionen US-Dollar. Stationiert ist “Marine 1” am Pier 53 im Hudson River. Ebenfalls 2010 stellte das FDNY “Marine 9” in Dienst, das nahezu baugleiche Schwesterschiff der “Marine 1”. Es ist stationiert auf Staten Island.
Maximale Schubkraft
Jetzt gibt’s noch die Sonderkategorie Schubkraft. Was hat denn Schubkraft für eine Bedeutung bei Feuerwehrfahrzeugen? Hat das nicht was mit Raketen zu tun? Ja, auch. Schub dient als Kenngröße für die Leistungsfähigkeit von Strahl- und Raketentriebwerken. Und die so genannten Aerosollöschfahrzeuge sind damit tatsächlich ausgestattet.
Ein Aerosol ist ein Gemisch aus Gas und Flüssigkeit. Die auch als Abgas- beziehungsweise Turbinenlöschfahrzeug (TULF) oder Turbolöscher bezeichneten Vehikel sind mittels Strahlturbine in der Lage, ein flüssiges Löschmittel – in der Regel Wasser – zu zerstäuben (aerosolieren) und mit hohem Druck auf einen Brandherd zu blasen. Das ist, als würde man eine Kerze nicht nur mit Luft, sondern zusätzlich noch mit Wasser auspusten.
Auf Platz 3: das TULF der Werkfeuerwehr Chempark Leverkusen. Empl realisierte es 2019 auf einem MAN TGS 28.500. Auf dem Dach befindet sich ein ausfahrbares Hydro Jet-Modul mit einer Durchflussmenge von maximal 4.000 Liter pro Minute und zirka 9 Kilonewton (kN) Schub bei einer Wurfweite von 80 Metern. Kernstück ist eine LGH2500TJ-Turbine von Liberty Gasturbine Holland, die wiederum auf einem Rolls Royce Viper-Turbojettriebwerk basiert. Einen zusätzlichen Dachwerfer mit maximal 6.000 Liter pro Minute kann der Maschinist in den Turbinenstrahl richten und somit ebenfalls zerstäuben.
Etwas mehr Schubkraft leistet das Snecma-Turbomeca Larzac Strahltriebwerk. Die Firma Zikun stellte mehrere Aerosollöschfahrzeuge mit je zwei dieser Triebwerke beispielsweise für die Werkfeuerwehren von BASF, Wacker Chemie oder Bayer her. Nach Firmeninsolvenz übernahm das Unternehmen Dicosy die Rechte an der Turbolöscher-Technologie.
Gepanzerter Sturm: Warum ein Ölkonzern Jet-Turbinen auf einen Panzer baut
Und dann ist da noch der Big Wind. Am 5. März 1991 endete der Zweite Golfkrieg damit, dass ein von den USA angeführtes Militärbündnis die irakischen Invasoren unter Saddam Hussein aus dem überfallenen Kuwait vertrieb. Während der Gefechte und auf ihrem Rückzug steckten die irakischen Streitkräfte etwa 700 kuwaitische Ölfelder in Brand. Zwischen 4 und 6 Millionen Barrels Rohöl verbrannten täglich. Das entspricht etwa 640 bis 950 Millionen Liter und dem doppelten bis dreifachen des täglichen Bedarfs in Deutschland.
Um die Feuer zu löschen, wurden Sprengungen durchgeführt und Salzwasser aus dem Persischen Golf über umfunktionierte Öl-Pipelines herangeschafft. Doch einige Brände erwiesen sich als besonders hartnäckig. Das aufgebrachte Löschmittel prallte durch den enormen Druck des emporschießenden Öls ab und verdampfte.
Zu diesem Zeitpunkt war der ungarische Mineralölkonzern MOL dabei, in Zusammenarbeit mit den ungarischen Streitkräften, der MB Drilling Company sowie der Technischen Universität Budapest, ein Spezialfahrzeug fertigzustellen: ein auf einem sowjetischen T-34/85-Panzer aufgebautes Aerosollöschfahrzeug mit gleich zwei Tumanski R-11F-300-Strahltriebwerken. Jedes von ihnen leistet 38,2 Kilonewton Schub – ohne Nachbrenner. Ein damit ausgestattetes 7,5 Tonnen schweres Tragkraftspritzenfahrzeug Wasser könnte theoretisch senkrecht abheben.
Die Firma flog das gepanzerte Ungetüm sowie eine Mannschaft per Transportflugzeug nach Kuwait. Mit dem “Big Wind” (der große Wind) genannten Gefährt konnten die Einsatzkräfte in über 40 Tagen neun der extremen Feuer auspusten. Am längsten dauerte der Aufbau der Wasserversorgung. Denn mit externen Pumpen führten die Einsatzkräfte bis zu 30.000 Liter Wasser pro Minute über sechs Rohre in den Strom der Triebwerke.
Zwar war das Feuer dann schnell aus. Doch der Boden drum herum war noch so heiß, dass ein Wiederentflammen drohte. Deshalb diente das Aerosollöschfahrzeug noch minutenlang der Kühlung. Der Verbrauch an Wasser war entsprechend hoch.
Weshalb trotz Fernbedienung noch zwei Besatzungsmitglieder benötigt werden
Die Crew war Teil des Well Capping Teams (Deutsch etwa: Bohrloch-Verschluss-Team) von MOL. Sie besteht aus drei Personen: einem Fahrer im Panzer, der das mit 4 km/h quietschend vorwärts rollende Vehikel steuert, einem in einer Kabine hinter den Jetantrieben sitzenden Besatzungsmitglied für die Triebwerkbedienung und einem Einweiser, der mit einer Fernbedienung draußen steht.
Der kann mit dieser nicht etwa das Fahrzeug steuern. Stattdessen blinkt nach Betätigung eines Schalters der Fernbedienung in einer der Kabinen eine Lampe auf. Sie signalisiert der Besatzung, was sie tun soll. Denn: Der fauchende Ölbrand und die kreischenden Triebwerke sind so laut, dass selbst mit Kopfhörern eine Kommunikation nur schwer möglich ist. Dazu sind die Kräfte einer enormen Hitze ausgesetzt.
Nach dem Einsatz in Kuwait wurde der Big Wind umgebaut. Der Aufbau blieb, doch als Fahrgestell dient seitdem ein VT-55A-Bergepanzer aus tschechoslowakischer Produktion. Heute steht das Fahrzeug in einer MOL-Übungsanlage in Szolnok (Ungarn).
Der letzte Einsatz war im Jahr 2000 bei einem Blowout eines Erdgasbrunnens. Einmal im Jahr übt das Well Capping Team den Einsatz des großen Windes.
Video von einer Übung mit dem “Big Wind”
(Ungarisch ohne Untertitel – vielleicht kann ja jemand in den Kommentaren übersetzen? Es werden auch die Feuer in Kuwait gezeigt, ab Minute 8:13 werden die Triebwerke im Einsatz gezeigt.)
Der Superlativ
Aber welches Feuerwehrfahrzeug zu Wasser, zu Land und in der Luft ist denn nun das größte und stärkste? In den meisten Kategorien ungeschlagen: Der Global Supertanker auf einem umgebauten 747-400 Boeing Converted Freighter (BCF). Es handelt sich dabei um den dritten 747 Supertanker. Die beiden ersten Flugzeuge befinden sich nicht mehr im Dienst.
Der Jumbo-Jet fasst 72.700 Liter Wasser beziehungsweise feuerhemmende Flüssigkeit und kann diese binnen Sekunden aus acht elektronisch gesteuerten Drucktanks abgeben. Der Abwurf erfolgt bei 120 bis 240 Meter Flughöhe mit einer Geschwindigkeit von etwa 260 km/h. Durch die Maximalgeschwindigkeit von 970 km/h kann der Global Supertanker innerhalb von 20 Stunden weltweit eingesetzt werden – eine entsprechende Start- und Landebahn sowie Betankungsmöglichkeit vorausgesetzt.
Auch bei den Abmessungen ist er konkurrenzlos: 70,6 Meter lang, 64,44 Meter breit (Spannweite) und 19,41 Meter hoch. Theoretisch beträgt das maximale Startgewicht einer 747- 400 etwa 397 Tonnen. Und die vier Triebwerke leisten jeweils bis zu 281 Kilonewton Schub.
Doch der Einsatz dieses Unikats ist teuer. Nach Schätzungen von “Flugrevue” und “The Drive” kostet allein die Ladung mit feuerhemmendem Mittel 57.000 US-Dollar (zirka 48.150 Euro) und der Flug im Durchschnitt nochmal 16.000 Dollar.
Zudem ist der Einsatz nicht ungefährlich. Im August 2018 starb ein Feuerwehrmann durch einen Abwurf des Supertankers. Einem Untersuchungsbericht zufolge hat eine unglückliche Verkettung von Ereignissen dazu geführt. Die Einsatzkräfte am Boden hätten nicht auf einen warnenden Funkspruch reagiert und dann sei der Pilot zu tief geflogen. Die deswegen kaum zerstäubte Flüssigkeit habe einen Baum zu Fall gebracht, der wiederum den Feuerwehrmann niederstreckte und zwei weitere verletzte.