Hamburg – Am 6. Januar 1986 haben erstmals Feuerwehrleute in Hamburg an der damals neu bezogenen Technik- und Umweltschutzwache „F 32“ in Hamburg-Wilhelmsburg ihren Dienst aufgenommen. Am morgigen Mittwoch zeigen die Beamten bei einem Onlinetag auf ihren Social Media-Accounts von 7 Uhr an, was zu ihrer Ausrüstung und zu ihrer Technik gehört.
Ganz analog, aber ein besonderes Highlight: Eine Ausgabe des Feuerwehr-Magazins von Juni 1987. Damals hatten wir ausführlich über die neue Wache berichtet. „Ein Kollege hat das Magazin jetzt beim Aufräumen gefunden“, berichtet Feuerwehrmann Heiko Jänsch. Grund genug für Feuerwehr-Magazin-Autor Timo Jann, sich nach 35 Jahren mal wieder an F 32 umzusehen und mit den Kollegen der von Wachführer Frederik Kötke geleiteten Einheit zu sprechen.
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„Im Laufe der Jahrzehnte hat sich hier unglaublich viel getan“, erklärt Lars Lorenzen. Er ist Leiter des an F 32 stationierten ABC-Zuges. Lorenzen: „Fakt ist aber, dass mit dem Aufbau der Technik- und Umweltschutzwache damals große Weitsicht bewiesen wurde. Dieser Standort und die Aufgaben haben sich sehr bewährt.“ Oberbranddirektor Manfred Gebhardt (von 1968 bis 1991 Leiter der Hamburger Feuerwehr) hatte die Vision für diesen zentralen Technik-Standort. F 32 befindet sich an der Neuhöfer Brückenstraße, unweit der bekannten Köhlbrandbrücke – beinahe mitten im Hafen. „Der Standort liegt günstig. Wir sind zwar für das gesamte Stadtgebiet und mit einigen Einheiten auch weit darüber hinaus zuständig, aber der Hafen, viele Bahnanlagen und Autobahnen sind in der Nähe, und da gibt es bekanntlich besonders viel zu tun“, sagt Lorenzen.
Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Sonderfahrzeuge an F 32 stationiert. Neben dem Feuerwehrkran (FwK) und dem Teleskopmastfahrzeug (TMF) 53 auch die Fahrzeuge der Analytischen Task Force (ATF), für die der Bund Fahrzeuge und Messtechnik stellt. Neben einem Einsatzleitwagen mit umfangreicher Ausstattung gehört dazu auch ein Gerätewagen, der mit Rollcontainern beladen werden kann. Kran und Teleskopmast werden von den Besatzungen in Doppelfunktion gefahren. Sollte der Kran ausgerückt sein und ein TMF-Einsatz erforderlich werden, rücken andere Kollegen als Besatzung nach.
Zu den technischen Besonderheiten im Fuhrpark gehört auch der Baby-Notarztwagen für die Intensivverlegung von Neugeborenen. Er ist wie fast alle Hamburger Rettungswagen auf Basis eines Mercedes Sprinter aufgebaut, doch im Koffer steckt exklusive Technik. So kann durch die Schiebetür auf der Beifahrerseite ein Inkubator eingeschoben werden, in dem gut geschützt und gewärmt ein Baby von einer Klinik in eine andere verlegt werden kann. Kinderarzt und Kinderkrankenschwester begleiten den Baby-Notarztwagen, der mit einem Notfallsanitäter der Feuerwehr und einer Mitarbeiterin im Bundesfreiwilligendienst besetzt ist. Drei Frauen – in jeder Wachabteilung eine – engagieren sich zurzeit als „Bufdi“ in dieser Aufgabe. Außerdem wird rund um die Uhr ein Rettungswagen (RTW) für die Feuer- und Rettungswache Altona besetzt.
Der riesige Fundus von Chemikalienschutzanzügen – für ganz Hamburg wird diese Spezialkleidung hier als Pool vorgehalten – ist das Reich von Jan Helf. „Wir haben auch zwölf spezielle Anzüge für Gabelstaplerfahrer und 15 für die Spezialeinsatzgruppe Schiffsbrandbekämpfung (SEG-Schiff)“, berichtet er. Beim Stapler-Einsatz werden die Feuerwehrleute über eine außenliegende Atemschutzmaske durch eine externe Atemluftflasche versorgt. Und: Sollte sich der Gabelstapler einmal in einem Bereich mit gefährlichen Gasen in der Luft nicht mehr fahren lassen, gibt es eine tragbare Flasche für die Flucht des Fahrers. Für eine optimale Kommunikation der CSA-Träger mit dem Einheitsführer und untereinander nutzt F 32 ein eigenes Funknetz.
Im Lager von F 32 befinden sich 90 CSA in Einsatzboxen griffbereit verpackt. Die Abrollbehälter sind zwar entsprechend bestückt, doch aus dem Lager kann jederzeit zusätzliches Material nachgeführt werden. Auch eine Reinigungsanlage für Chemikalienschutzanzüge gibt es an F 32. Anzüge, die im Einsatz besonders stark kontaminiert sind, werden direkt der Entsorgung zugeführt. Dann muss Ersatz beschafft werden – auf Kosten des Verursachers des Einsatzes. 3.000 Euro beträgt der Stückpreis für einen CSA. Helf: „Um gut trainiert zu sein, bauen wir im Rahmen der Ausbildung die gesamte Wagenburg für den Gefahrguteinsatz regelmäßig auf.“
Sechs neue Wechselladerfahrzeuge beschafft
Anfang 2020 wurden sechs neue Wechselladerfahrzeuge auf Scania-Fahrgestellen für die Technik- und Umweltschutzwache beschafft. Sie lösten Vorgängermodelle auf Mercedes-Fahrgestellen ab. Bis dahin gab es Fahrzeuge von Scania in Hamburg nur als Fahrschul-Lkw und als Löschgruppenfahrzeuge bei der Freiwilligen Feuerwehr – und vor einigen Jahren ein Scania-WLF als Unikat an F 32.
Neuestes Fahrzeug im Stall: Ein WLF auf Scania, das mit einem Ladekran ausgerüstet ist. „Zwei WLF bei uns verfügen über einen Ladekran und das soll möglichst auch so beibehalten werden“, berichtet Lorenzen. Weitere WLF und Abrollbehälter (AB) werden in Hamburg ansonsten noch an den größeren Standorten Altona (F 12), Billstedt (F 25) und Süderelbe (F 36) vorgehalten. Bei Bedarf fahren die Mitarbeiter von F 32 auch andere Abrollbehälter mit ihren Fahrzeugen. Die Mitarbeiter können im Fall eines größeren Einsatzes oder bei parallelen Lagen von der Einsatzzentrale auch per Handyalarm aus der Freizeit angefordert werden, um die Einsatzbereitschaft zu gewährleisten.
Der einzige im Fuhrpark verbliebene Mercedes-WLF vom Typ Antos verfügt ebenfalls über einen Ladekran und trägt primär den AB-Analytik. „Das ist unser teuerster Abrollbehälter, der aber jede Menge Messtechnik bietet“, sagt Lorenzen. Der AB-Analytik steht abgesattelt in einer der Fahrzeughallen und wird im Einsatzfall aufgenommen. Hintergrund: Die im AB enthaltene Systemtechnik muss jederzeit an eine Stromversorgung angeschlossen sein.
Dass die Wache mittlerweile deutlich stärker als in den Anfangsjahren ausgerüstet ist, zeigt sich beim Blick auf den Hof. Drei WLF stehen unter freiem Himmel, der GW der ATF und mehrere der gut 20 Abrollbehälter am Standort in einer offenen Remise. Für den Kran wurde am Hallentrakt in Stahlbauweise eine zusätzliche Garage geschaffen. Doch baulich geht auf der Fläche nicht mehr viel, sollte einmal eine Erweiterung zur Diskussion stehen.
Die Führungskräfte der Einheit, U-Dienst genannt, sind an einem grünen Koller auf der Einsatzschutzjacke und einem roten „U“ vorn auf dem Helm zu erkennen. „Der Dienst ist vielseitig, man trifft Kollegen von allen Standorten, weil man im Einsatzfall überall hin ausrückt“, berichtet U-Dienst Stephan Ludwig. Auch in Teile des Umlands müssen die Kräfte von F 32 regelmäßig fahren. Die ATF-Einheit ist sogar für einen Umkreis von 200 Kilometern zuständig. Nach der Explosion im Hafen von Beirut im September 2020 hatte es eine Anfrage des Innenministeriums gegeben, ob ATF-Kräfte die örtlichen Kräfte unterstützen könnte. Das wurde dann aber verworfen.
In diesem und den kommenden Jahren stehen an F 32 einige große Ersatzbeschaffungen an. „Ende 2021 erwarten wir einen neuen Kran, der noch einmal 10 Tonnen mehr heben kann und wohl gut 400 PS haben wird. Außerdem soll wohl 2022 ein neues Teleskopmastfahrzeug in Dienst gestellt werden“, berichtet FwK- und TMF-Maschinist Olaf Ramcke. Hintergrund für den Wechsel beim TMF: Die modernen Containerbrücken im Hafen. Reichte dort bisher das TMF 53 als Rettungsweg, werden die Kran-Giganten, mit denen Container auf Frachtern geladen und gelöscht werden, künftig noch höher und deshalb muss ein größeres TMF her.
Wer sich für die Arbeit der Technik- und Umweltschutzwache interessiert, kann an diesem Mittwoch auf Facebook, Twitter oder Instagram einiges über die Hamburger Spezialeinheit erfahren. Jänsch: „Die Social-Media-Aktivitäten wurden aufgrund der Vielzahl an Interessierten und Freunden der Technik- und Umweltschutzwache ständig erweitert und bieten die Möglichkeit, auch ohne Besuche an der Dienststelle in Kontakt zu bleiben.“ Ab Mitte 2025 werden altersbedingt einige Mitarbeiter von F 32 in Pension gehen – dann ist die Chance für interessierte Kollegen da, selbst in die spannenden Tätigkeitsfelder einzusteigen.