Hannover – Mitgliederrückgang? Nicht in Niedersachsen. Die Zahl der aktiven Feuerwehrleute im flächenmäßig zweitgrößten Bundesland steigt in der Jahresstatistik 2022 erneut moderat an, auf 130.622. Für Frauen wird der Einsatz bei der Feuerwehr immer interessanter, ihr Anteil wächst deutlich. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Feuerwehren.
Bei der Vorstellung der Jahresbilanz für den Brand- und Katastrophenschutz vergleicht das Innenministerium gerne mit den Vorjahreswerten. Doch handelt es sich sich wirklich um einen langfristigen Trend? So scheint es gegenwärtig, wenngleich die Wachstumskurve etwas abflacht. Bei der Betrachtung der vergangenen 10 Jahre lässt sich ein deutlicher Peak in den letzten drei Jahren erkennen.
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Im Dezember 2012 startete das Land Niedersachsen die Kampagne “Ja zur Feuerwehr” zur Mitgliedergewinnung. Tatsächlich gaben laut Innenministerium über 600 Neumitglieder an, die bis 2015 gewonnen werden konnten, aufgrund der Kampagne in die FF eingetreten zu sein. 2018 gab es einen Sondereffekt: Die Altersgrenze für Aktive wurde um vier Jahre auf 67 Jahre angehoben.
Neben diesen Einflüssen lobt das Innenministerium auch eine “hervorragende Nachwuchsarbeit” der Wehren. Doch was letztlich ganz genau zu der positiven Entwicklung entscheidend beiträgt, bleibt Spekulation. Möglich auch, dass gesellschaftlichen Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit gewisse Einflüsse haben. Etwa die Pandemie mit Lockdown-Zeiten (2020), die Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (2021) sowie der Krieg in der Ukraine und ein gesteigertes Bevölkerungsschutzbedürfnis (seit 2022). Gleichzeitig sind die Feuerwehren immer öfter gefordert und entsprechend vielfach in Medien präsent. Die Zahl der landesweiten Einsätze stieg gegenüber 2021 (27,1 Prozent). In Niedersachsen brannte es 2022 in den Wäldern so oft wie noch nie (451 mal).
Das Mitglieds-Plus der letzten zehn Jahre (+5,3 Prozent oder 6.592 Aktive) wird von einer deutlichen Zunahme weiblicher Mitglieder gestützt. Um +41,9 Prozent (oder 5.473 Frauen) auf 18.549 wuchs die Zahl in den Wehren seit 2013. Betrug der Frauenanteil in den Feuerwehren 2013 noch 10,5 Prozent, liegt er heute bei 14,2 Prozent. Ebenso positiv: die Entwicklung der Mitgliederzahlen in den Kinder- und Jugendfeuerwehren (+2.809 im Vorjahresvergleich) auf 47.399.
Rückläufig ist hingegen die Kurve bei der Zahl der Feuerwehren in Niedersachsen. 144 eigenständige Ortsfeuerwehren (-4,3 Prozent) verschwanden seit 2013. Dabei sieht das Innenministerium diese Entwicklung keineswegs nur negativ und erkennt teilweise einen Zusammenhang zum Mitglieder-Plus. Vielfach seien kleinere Feuerwehren geschlossen oder mit anderen Wehren zusammengelegt worden, die schon lange nur mühsam und wenig effektiv aufrecht erhalten werden konnten. In der Jahresbilanz heißt es dazu: “In der Folge findet sich dann ein moderner gestärkter Feuerwehrstandort, der mehrere schwächere Standorte ersetzt. An diesem gut ausgestatteten Standort gelingt es zudem leichter, die Mitglieder aufgelöster Feuerwehren aufzufangen und neue ehrenamtliche Einsatzkräfte zu gewinnen.”