Die Technische Hilfeleistung (TH) nach Unfällen von Lkw, Bussen und Schienenfahrzeugen macht es regelmäßig notwendig, dass Einsatzkräfte mit hydraulischem Rettungsgerät auf bis zu 3 Meter Höhe arbeiten müssen. Die als Normbeladung auf Rüstwagen (RW) oder optional auf Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeuge (HLF) 20 vorgesehene Rettungsplattformen ermöglichen einen sicheren Stand. Wir erklären, worauf bei der Beschaffung einer Rettungsplattform zu achten ist und geben Tipps für den Einsatz.
Rettungsplattformen sind insbesondere bei Lkw-Unfällen ein notwendiges Equipment, um eingeklemmte Fahrer innerhalb der goldenen Stunde aus dem Fahrerhaus zu befreien. Sie sind in der DIN 14830 “Rettungsplattform für die Feuerwehr” genormt. Die DIN gibt vor, dass Rettungsplattformen für eine Arbeitshöhe von bis zu 3 Meter bestimmt sind. Die Plattformfläche soll etwa 1.700 Millimeter auf 800 Millimeter betragen und rutschhemmend ausgeführt sein.
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Auf einer der Längsseiten muss ein abklappbares, einschiebbares oder abnehmbares Geländer angebracht sein. Um Geländeunebenheiten auszugleichen, müssen außerdem alle Füße über einen Niveau-Ausgleich von mindestens 200 Millimetern verfügen. Bei der Auswahl einer Rettungsplattform sollte allerdings beachtet werden, dass längst nicht alle auf dem Markt befindlichen Modelle auch alle Vorgaben der Norm erfüllen.
Besonders wichtig: Die maximale Tragfähigkeit der Rettungsplattform (nach Norm 5 kN, entspricht ungefähr 500 kg) darf auf keinen Fall überschritten werden! In der Vergangenheit ist es durch Überlastung schon zu Unfällen gekommen. Dabei muss beachtet werden, dass schon zwei Einsatzkräfte mit Schutzkleidung und entsprechendem Rettungsgerät schnell die 300-Kilogramm-Marke knacken können. Beim Einsatz kommt dann gegebenenfalls noch das Gewicht von Rettungsdienstmitarbeitern oder dem Unfallopfer hinzu. So ist es die Aufgabe des Einsatz- beziehungswiese Abschnittsleiters, die Belastung und Belastbarkeit der Rettungsplattform stets im Auge zu haben.
Beschaffung der erforderlichen Rettungsplattform
Ein wesentlicher Faktor für die Auswahl einer relevanten Rettungsplattform ist die Rüstzeit, die erforderlich ist, bis die Plattform einsatzbereit am Unfallfahrzeug steht. Dabei sollte unter anderem auf ein geringes Gesamtgewicht geachtet werden. Aus diesem Grund bestehen die meisten Rettungsplattformen auch aus Aluminium oder Fiberglas. Die Entnahme aus dem RW oder HLF, der Aufbau und das Instellungbringen am Unfallort sollte von maximal zwei Einsatzkräften durchführbar sein.
Bei der Beurteilung der Rüstzeit dürfen auch Details, wie die einfache Bedienbarkeit der Niveauregulierung, die schnelle Anpassung der Arbeitshöhe oder der Aufbau ohne Werkzeug, nicht vergessen werden. Je unkomplizierter der Aufbau der Rettungsplattform funktioniert, desto besser. Selbst wenn die Bedienung der Plattform sehr einfach erscheint, sollte die Handhabung trotzdem regelmäßig trainiert werden. Der Aufbau der Rettungsplattform muss sicher und schnell beherrscht werden, um an der Einsatzstelle keine wertvolle Zeit zu verlieren.
Wie eine Übung aussehen kann, die gleichzeitig gute Werbung für die Feuerwehr ist, zeigt die Feuerwehr Heilbronn:
Auch die Lagerung auf dem Einsatzfahrzeug spielt für die Rüstzeit eine erhebliche Rolle. Ein geringes Packmaß ermöglicht die Unterbringung im Fahrzeugaufbau und damit eine Entnahme vom Boden aus. Wird die Plattform auf dem Aufbaudach mitgeführt, ist für die Aufnahme mehr Personal notwendig. Es gibt sogar spezielle Einpersonenhaspeln, auf denen eine Rettungsplattform am Fahrzeugheck gelagert und zur Einsatzstelle gerollt werden kann. Besteht die Rettungsplattform aus mehreren Teilen, sollte sie in einer Transportbox untergebracht werden, damit keine für den Aufbau einzelner Teile vergessen werden können.
Einige Rettungsplattformen können nur in Kombination mit anderen tragbaren Leitern, zum Beispiel Steck- oder Multifunktionsleitern, aufgebaut werden. Dabei sollte aber unbedingt beachtet werden, dass hierdurch die tragbaren Leiter selbst nicht mehr zur Verfügung stehen und der Aufbau in der Regel etwas länger dauert.
Nicht nur für die Technische Hilfeleistung
Rettungsplattformen bei der Feuerwehr sind insbesondere für den Einsatz an Lkw, Bussen und Schienenfahrzeugen zur Rettung gedacht. Allerdings können sie auch bei anderen Verkehrsunfällen ein wichtiges Hilfsmittel sein. Ein typisches Beispiel: Ein Pkw bleibt nach einem Crash auf der Beifahrerseite liegen und die Helfer oben arbeiten, weil hier der beste Zugang zum eingeklemmten Fahrer besteht.
Auch fernab des Verkehrsunfalls gibt es Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel wenn bei der Brandbekämpfung ein erhöhter Standort erforderlich ist. Zum Überbrücken von Straßengräben, Leitplanken oder als Ausstiegshilfe aus Eisenbahnwagons sind manche Plattformen ebenfalls geeignet.
Einige Hersteller bieten Zubehör an, das die Umrüstung zu einem Schienenrollwagen ermöglicht. Dafür wird die Rettungsplattform mit Achsen und Rädern versehen und kann auf die Schienen gesetzt werden. Die Plattform kann dann zum Transport von Gerätschaften wie Rettungsschere und Spreizer oder Verletzten verwendet werden. Die Vorhaltung spezieller Schienenrollwagen kann man sich so unter Umständen sparen. Der Einsatz empfiehlt sich aber nur für wirklich ebene Strecken, da in der Regel keine Bremsen zur Verfügung stehen. Die Feuerwehr sollte vor dem ersten Einsatz eine Möglichkeit schaffen, den abgestellten Rollwagen zu sichern.
Rettungsplattform sicher aufstellen
Um auf der Rettungsplattform sicher arbeiten zu können, muss sie unbedingt einen sicheren Stand haben. Es gilt: Alle Füße müssen den Boden berühren. Hierzu dient der Niveauausgleich an den Stützfüßen, der Geländeunebenheiten ausgleichen kann. Schnellbaugerüste aus dem Baumarkt verfügen häufig über keinen solchen Ausgleich und sind deshalb für Einsatzstellen abseits ebener Straßen wenig geeignet.
Der Rettungsplattform-Hersteller zeigt in einem Video, wie eine Rettungsplattform optimal aufgestellt wird:
Auch das Einstellen der richtigen Arbeitshöhe ist ein wichtiger Punkt. Dies kann im Regelfall nur erfolgen, wenn sich niemand auf der Plattform befindet. Gleich das richtige Maß zu finden, spart gegebenenfalls wertvolle Zeit. Um einen eingeklemmten Lkw-Fahrer befreien zu können, muss häufig die Fahrertür entfernt oder geöffnet werden. Außerdem ist unter Umständen das Setzen von Entlastungsschnitten im unteren Bereich des Schwellers oder der A-Säule notwendig. Die Arbeitsfläche der Rettungsplattform sollte sich deshalb unterhalb des Schwellers des Unfallfahrzeugs befinden. So können die Einsatzkräfte die Tür noch öffnen und die Rettungsplattform behindert nicht das Ansetzen der Rettungsschere am Schweller.
Noch vor dem Instellungbringen der Rettungsplattform kann es außerdem erforderlich sein, Verkleidungsteile des Lkw, zum Beispiel die Abdeckung der Stufen zum Fahrerhaus, zu entfernen, da die Plattform sonst beim Arbeiten an der Tür weggeschoben werden könnte. Sind an einer Einsatzstelle zwei Rettungsplattformen verfügbar, besteht die Möglichkeit, sie “über Eck” anzusetzen, um von vorne und von der Seite arbeiten zu können.
Außerdem sollte beim Anstellen der Plattform am Objekt darauf geachtet werden, dass ein ausreichender Abstand gehalten wird. So erweitert sich der Aktionsradius des Rettungsgerätes auch auf Bereiche außerhalb der Rettungsplattform und es bleibt mehr Bewegungsspielraum für die Geräteführer. Außerdem verhindert ein zu geringer Abstand von Plattform und Lkw das Ablassen entfernter Fahrzeugteile, zum Beispiel einer Lkw-Fahrertür, auf den Boden.
Spätestens wenn die Feuerwehr den Fahrzeuginsassen aus dem Fahrzeug heraushebt ist es häufig erforderlich, das Geländer der Plattform umzulegen oder zu entfernen. Dies ermöglicht ein einfacheres Hantieren mit Rettungsbrett oder Schaufeltrage. Das Geländer sollte deshalb mit wenigen Handgriffen an- oder abgebaut beziehungsweise umgelegt werden können. Bei der Entnahme des Patienten aus dem Fahrzeug ist es wichtig, möglichst in alle Richtungen beweglich zu sein. Hier würde das Geländer nur stören.
Rettungsplattformen sind nach den “Prüfgrundsätzen für Ausrüstungen, Geräte und Fahrzeuge der Feuerwehr” (DGUV Grundsatz 305-002) nach jeder Benutzung einer Sichtprüfung auf Anzeichen von Verschleiß oder Beschädigungen zu unterziehen und entsprechend den Herstellervorgaben zu reinigen. Mindestens einmal jährlich ist eine Sicht- und Funktionsprüfung von einem Sachkundigen durchzuführen.