Bremen – Feuerwehrfahrzeuge üben eine ganz besondere Faszination auf Alt und Jung aus. Je größer und imposanter diese Fahrzeuge ausfallen, desto beeindruckter sind die Betrachter. Wir haben deshalb in Kooperation mit BOS-Fahrzeuge.info die zehn größten Feuerwehrfahrzeuge (mit Rädern) in Deutschland zusammengetragen.
Kurz vorab: Was heißt eigentlich die größten Feuerwehrfahrzeuge? Welches Kriterium ist ausschlaggebend? Die Anzahl der Achsen? Das zulässige Gesamtgewicht? Die maximale Motorleistung? Die Menge des mitgeführten Löschmittels oder etwa die Länge der Leiter? Es war also nicht einfach, sich für zehn Straßen-Fahrzeuge (Boote und Züge haben wir hier nicht berücksichtigt) zu entscheiden, zumal diese ein möglichst breites Spektrum abdecken sollten. Zusätzlich erschwert wurde diese Entscheidung in manchen Fällen durch nahezu baugleiche oder ähnliche Fahrzeuge verschiedener Feuerwehren, die sich nur in Baujahr, Beklebung oder vielleicht dem Fahrgestellhersteller unterscheiden. Für folgenden Mix haben wir uns entschieden.
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Top 1: TM 90/HLA 90 der WF RWE Power
Als Top 1 haben wir ein Hubrettungsfahrzeug gelistet. Mit 90 Meter Arbeitshöhe ist der TM 90/HLA 90 der Werkfeuerwehr RWE Power Kraftwerk Neurath derzeit das höchste Hubrettungsfahrzeug einer europäischen Feuerwehr. Der von Bronto Skylift auf einem Scania P420 10×4*6 HHA-Fahrgestell hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 52.000 kg, ist 15.700 mm lang und der Motor leistet 420 PS. Den feuerwehrtechnischen Aufbau zu diesem Giganten fertigte die Firma Rosenbauer, von der auch die festverbaute Feuerlöschkreiselpumpe des Typs FPN 10-4000 (4.000 l/min bei 10 bar), die Schaumzumischanlage des Typs FireDos MSR FD 4000/3/3-PPF sowie der Schaum-Wasser-Werfer am Rettungskorb stammen.
Das Fahrzeug verfügt außerdem über eine Atemluftversorgung bis hinauf in den mit bis zu 400 kg belastbaren Rettungskorb sowie einen 14-kVA-Stromerzeuger. Zwischenzeitlich hieß es, das Fahrzeug stünde zum Verkauf. Die WF bestätigte uns mittlerweile aber, dass dieses Gerücht nicht stimmt.
Top 2: Doppeldecker-ELW der BF Karlsruhe
Pünktlich zur Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland konnte ein weiterer revolutionärer Einsatzleitwagen beschafft werden. Die Berufsfeuerwehr Karlsruhe wollte an der bis dahin weit verbreiteten Bus-Lösung festhalten. Doch das Platzangebot eines herkömmlichen Linien- oder Reisebusses reichte den Karlsruhern nicht aus. Die Lösung: Ein Doppelstockbus auf einem Neoplan N4426 3Ü-Fahrgestell mit einem feuerwehrtechnischen Ausbau der Firma Ziegler. Ermöglich wurde diese Beschaffung, da zeitgleich ein neuer ELW 3 für die Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg im benachbarten Bruchsal beschafft werden sollte.
Um Synergieeffekte zu nutzen, entschloss man sich für ein gemeinsames Fahrzeug, das folglich deutlich höher bezuschusst wurde und welches bei der BF Karlsruhe stationiert werden sollte. Wenn entsprechende Lehrgänge in Bruchsal stattfinden, wird der ELW hierzu durch die BF dafür zur Verfügung gestellt, ist aber sonst an deren Feuerwache West fest stationiert. Bei entsprechenden Großschadenslagen ist es außerdem vorgesehen, das Fahrzeug landes- oder sogar bundesweit einzusetzen. Die erste Bewährungsprobe stellte die Fußballweltmeisterschaft 2006 dar, da auch Stuttgart zu den Austragungsorten der Spiele zählte.
Top 3: SLF der WF Daimler Untertürkheim
Wir bleiben in Stuttgart. Dort konnte die Werkfeuerwehr der Daimler AG im Jahr 2005 an den Standorten Untertürkheim und Mettingen jeweils ein Sonderlöschfahrzeug der besonderen Art in Dienst stellen. In Untertürkheim läuft SLF 1. Unsere Top 3 – das hier gezeigte SLF 2 aus Mettingen – besteht aus einer Mercedes Actros 1844 Sattelzugmaschine, sowie einem Zweiachs-Auflieger des Schweizer Aufbauherstellers Brändle. Davon abgesehen, dass in Deutschland Sattelzug-Löschfahrzeuge extrem selten sind, besteht eine weitere Besonderheit darin, dass dieser Sonderlöschauflieger durch seinen eigenen Pumpenmotor samt Stromgenerator autark ist und nicht durch einen konventionellen Nebenantrieb eingespeist wird. Neben 3.000 Liter Wasser werden auch 500 Liter Schaummittel mitgeführt.
Die Löschmittel können unter anderem über einen 15,6 Meter langen Löscharm mit einer maximalen Leistung von 4.000 l/min abgegeben werden. Der Löscharm dient zugleich auch als Lichtmast. Heckseitig ist der Auflieger mit einer Ladebordwand ausgestattet, da einige Beladungselemente in modularen Rollcontainern verstaut sind.
Top 4: ULF 7000/2000/240 WF IPW
Kommen wir zu unserer Nummer 4. Mit zwölf Metern Länge, 36 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht und 480 PS zählt das Universallöschfahrzeug (ULF) 7000/2000/240 der Werkfeuerwehr IPW des Industrieparks Hanau Wolfgang (ehemals Degussa) aus dem Jahr 2013 zu den größten seiner Art, zumindest bei uns in Deutschland. Als Fahrgestell dient ein Scania G480 8×2 mit einem feuerwehrtechnischen Aufbau der Firma Rosenbauer in CBS-Bauweise.
Neben 7.000 Liter Wasser werden auch 2.000 Liter Schaummittel und 240 kg Kohlendioxid mitgeführt. Wasser und Schaum können auch über den Löscharm des Typs Rosenbauer-Stinger abgegeben werden. Interessantes Detail: Die Mannschaftskabine befindet sich in der Mitte des Aufbaus. Sie bietet zwei weiteren Einsatzkräften Platz bietet (Besatzungsstärke beträgt insgesamt 1/3/4).
Ob unsere Top 5 jemals an seinem eigentlichen Wirkungsort zum Einsatz kommen wird, das steht derzeit noch in den Sternen. Das Flughafenlöschfahrzeug Z8 XXL von Ziegler ist eigentlich für den Großflughafen Berlin-Brandenburg (BER) vorgesehen. Bis zu dessen Eröffnung versieht Deutschlands größtes FLF als Crash 18 seinen Dienst bei Flughafenfeuerwehr in Berlin Tegel. Als Fahrgestell dient ein Titan T52-1300 8×8, der durch einen 1.305 PS starken Mercedes-Benz OM 502 LA 8-Zylinder Dieselmotor mit Wasserkühlungssystem angetrieben wird. Neben einer Ziegler Feuerlöschkreiselpumpe FPN 10-10000-1 (10.000 l/min bei 10 bar) wurde außerdem noch eine Hochdruckpumpe des Typs FPH 40-250-3 (250 l/min bei 40 bar) verbaut.
Insgesamt stehen 12.500 Liter Wasser, 1.500 Liter Schaummittel und 500 kg Pulver zur Verfügung. Bei dem Löscharm handelt es sich um eine Neuentwicklung namens Z-Attack aus dem Jahr 2015, welcher nun als Gelenkarm ausgeführt und mit einem neuen Piercing-Tool ausgestattet ist.
Top 6: RW-Kran der BF Dresden
Mit der Indienststellung eines vierachsigen Wechselladerfahrzeugs mit Kran und Hebearm für Straßenbahnen sorgte die BF Dresden 1996 für Furore. Der Nachfolger
ist ebenfalls ein Exot: Empl baute den Rüstwagen mit Kran auf einem Scania R480 8×4*4 auf. Die Vorderachse und die hinterste Achse sind lenkbar, die zwillingsbereiften Mittelachsen werden angetrieben. Als Kran ist ein Fassi F66ß RA 2.28 verbaut. Die maximale Reichweite beträgt 20,3 Meter. Bei 20 Meter Ausladung können noch 2.100 Kilogramm angehoben werden. Die maximale Hublast beträgt 16 Tonnen.
Ein 480 PS starker Sechszylinder-Diesel-Motor treibt den RW an. Immerhin wiegt das 10.650 Millimeter lange Einsatzfahrzeug inklusive Besatzung fast 32 Tonnen. Aber auch so geht es spürbar flotter als mit dem WLF-TH. Der Wendekreis liegt bei 23 Metern. Bei einem Standard-RW nach Norm sind es etwa 6 Meter weniger. Das Dresdner Fahrzeug ist 2.550 mm breit, 10.650 mm lang und 3.800 mm hoch. In der März-Ausgabe 2020 werden wir das Fahrzeug und das dahintersteckende Einsatzkonzept ausführlich vorstellen.
Top 7: Sattelzug-ELW 3 der BF Köln
Einer der bekanntesten Einsatzleitwagen hierzulande, der ELW 3 der Berufsfeuerwehr Köln, gehört zweifellos zu den größten Feuerwehrfahrzeugen. Während der Interschutz im Jahr 2000 in Augsburg war das Fahrzeug erstmals für die breite Öffentlichkeit zu bestaunen. Die Firmen Binz und AEG haben diesen Groß-ELW gemeinsam als Sattelauflieger mit einem Mercedes Actros 1831 als Zugmaschine realisiert. Zum damaligen Zeitpunkt eine absolute Revolution, da bis dahin nur Busse oder Lkw-Fahrgestelle mit Kofferaufbau als Einsatzleitwagen verwendet wurden. Das Führungsfahrzeug, das vor 17 Jahren Maßstäbe setzen konnte, besticht durch ein weiteres raffiniertes Detail, das bis dato aus dem Segment der Luxuswohnmobile bekannt war: das seitlich ausfahrbare Kofferelement des Aufliegers.
Auf diese Weise lässt sich die Nutzfläche des Besprechungsraumes nahezu verdoppeln. Ein separat abgegrenzter Funkraum, der über einen eigenen Eingang betreten werden kann, sowie eine eigene Toilette im vorderen Bereich des Aufliegers komplettieren diesen ELW. Ein sehr ähnlich konzipiertes Fahrzeug mit Binz-Ausbau beschaffte die Berufsfeuerwehr Dortmund im Jahr 2005. Etwas kleiner und in seiner Nutzfläche nicht erweiterbar, aber dennoch sehr ähnlich im Grundkonzept ist das Katastropheneinsatzleitfahrzeug der Berufsfeuerwehr München.
Top 8: Vierachs-WLF der BF Kiel
Wechselladerfahrzeuge auf Vierachsfahrgestellen sind zwar keine Seltenheit mehr, aber der MAN TGS 35.440 8×2 BL der Berufsfeuerwehr Kiel fällt dank seines Palfinger PK 60002-Krans doch etwas aus der Reihe. Der Kran hat eine maximale Hubkraft von 21.000 kg / 206,0 kN. Ein separates Kranfahrzeug gibt es in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt nicht. Komplettiert wird unsere Nummer 8 der 10 größten Feuerwehrfahrzeuge Deutschlands durch eine frontseitig verbaute Rotzler Seilwinde mit einer Zugkraft von 80 kN. Standardmäßig ist übrigens der Abrollbehälter Rüst aufgesattelt. Ausgebaut wurde das Vierachs-WLF im Jahr 2010 durch die Firma Querhammer-Fahrzeugbau.
Top 9: KW 70 der BF Dortmund
Feuerwehrkräne zählen oft zu den Flaggschiffen deutscher Berufsfeuerwehren. Der Liebherr Mobilkran LTM 1070 4.2 gehört zu der 70-Tonnen-Klasse und stellt somit den größten hierzulande eingesetzten Kranwagen bei einer kommunalen Feuerwehr dar. Unter anderem besitzt die BF Dortmund so einen Kran.
Das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs beträgt 48.000 kg. Die maximale Hubhöhe beträgt 54 Meter, die maximale Ausladung liegt bei 48 Metern. Nahezu baugleiche Kranfahrzeuge dieses Typs wurden in den Vergangenen Jahren bei den Berufsfeuerwehren in Reutlingen, Freiburg, Bremen und Bochum beschafft.
In der Liste der 10 größten und imposantesten Fahrzeuge darf auf keinen Fall das Großtanklöschfahrzeug (GTLF) fehlen, das der Landkreis Cloppenburg bei der FF Cloppenburg (NI) stationiert hat. Als Löschmittel führt der Sattelzug 26.000 Liter Wasser mit. Ursprünglich diente eine festeingebaute Tragkraftspritze (TS) 8/8 als Pumpe. 2012 rüstete die Firma Nutzfahrzeuge Alfers & Sohn das GTLF mit einer hydraulisch angetriebenen Vogelsang Drehkolbenpumpe (6.700 l/min) nach.
Als Zugfahrzeug dient ein Mercedes Axor 1840. Der Sechszylinder-Dieselmotor mit 11.946 Kubikzentimeter Hubraum leistet 290 kW (394 PS). Die zulässige Gesamtmasse des Gespanns beträgt 40 Tonnen. Baujahr des Zugfahrzeugs ist 2002. Der Auflieger stammt bereits von 1980. Hersteller: Schmitz. 2008 kaufte der Landkreis beide Fahrzeuge und ließ sie zum GTLF umbauen. Außer 200 Meter B-Schläuchen und 3 C-Schläuchen, einem Mehrzweckstrahlrohr, einem Standrohr, einem Sammelstück, Verteiler, Absperrorganen und Kupplungsschlüsseln wird keine Beladung mitgeführt. Bei Einsätzen des GTLF rückt immer das TLF 16/25 der FF Cloppenburg mit aus.
Sollten wir ein spektakuläres Großfahrzeug vergessen haben, lasst es uns bitte wissen. Über entsprechende Fotos und neue Datensätze für BOS-Fahrzeuge.info würden wir uns natürlich ebenfalls sehr freuen.
Text: Max Kunkel (BOS-Fahrzeuge.info), Jan-Erik Hegemann (Feuerwehr-Magazin)