Die Feuerwehr in den Niederlanden hat so ihre ganz eigenen Besonderheiten. Speziell im Vergleich zur Feuerwehr in Deutschland. Wir haben für Euch die außergewöhnlichsten Merkmale der Brandweer zusammengefasst.
1.) Grundlehrgang für Freiwillige und Hauptamtliche gleich
Jeder Anwärter, der in die Wehr – ob freiwillig oder beruflich – eintreten will, bekommt dieselbe Grundausbildung. Diese ist wesentlich umfangreicher als in Deutschland. Über 2 Jahre stehen in der Regel wöchentlich zwei Ausbildungsdienstabende sowie der Samstag als Ausbildungstag an. Mit Bestehen des Grundlehrgangs können Freiwillige dann auch in den Berufsfeuerwehren eingesetzt werden.
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Dies ermöglicht Freiwilligen unter anderem schneller als Quereinsteiger in die Reihen der BF zu wechseln. Außerdem gibt es einen kleineren Qualifikationsunterschied zwischen freiwilligen und beruflichen Feuerwehrleuten.
2.) Feuerwehr und Rettungsdienst in Holland getrennt
Rettungsdienst und Feuerwehr sind in den Niederlanden grundsätzlich zwei verschiedene Organisationen. Einziger Überschneidungspunkt: First Responder-Einsätze. Mehr noch als bei uns sind niederländische Einheiten vor allen Dingen in ländlichen Gebieten verbreitet. Aber auch in der Großstadt Amsterdam kommt eine entsprechende Einheit zum Einsatz. Hauptsächlich dienen die First Responder-Gruppen aber der schnellen Zuführung eines AED-Geräts zu einem entsprechenden Einsatzort.
Fahne an Bord
Die Niederländische Flagge findet sich in vielen Einsatzfahrzeugen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst wieder.
3.) Ein Funkgerät pro Feuerwehrmann
Zu wenig Funkgeräte am Einsatzort? In den Niederlanden kann das nicht passieren. Grundsätzlich ist auf jedem Fahrzeug ein Handfunkgerät pro Einsatzkraft vorgesehen.
Sogar auf Deutsch: die niederländische Feuerwehr auf Youtube
4.) Gemeinsame Leitstelle für Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst
In Deutschland unterhalten Feuerwehr und Polizei, manchmal auch der Rettungsdienst, unterschiedliche, eigene Leitstellen. In den Niederlanden gibt es hingegen nur eine Leitstelle für alle Hilfsorganisation in einer der 25 Sicherheitsregionen. De facto sind es sogar noch weniger, da mittlerweile einzelne Sicherheitsregionen schon eine gemeinsame Leitstelle unterhalten.
Erst vor einigen Jahren wurden die Leitstellen zentralisiert und das gesamte Land in 25 veiligheidsregios aufgeteilt. Die Verantwortlichen versprechen sich davon eine verbesserte Zusammenarbeit der Organisationen. Zukünftig soll es sogar in den gesamten Niederlanden nur noch 10 gemeinsame Leitstellen für Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei geben.
5.) Feuerwehr-Alarmierung komplett über Meldeempfänger
Unser Leser Jan Heger verrät: “Jeder Feuerwehr in den Niederlanden verfügt über einen Pieper. Die Alarmierung der Feuerwehr läuft gar nicht mehr üben den Sirenenalarm – auch nicht in einem kleineren Dorf. Dieses System wird nur noch für die Bevölkerungswarnung genutzt.”
Seit dem 1. Januar 2014 ist die Feuerwehr in den Niederlanden regional organisiert. Das heißt zum Beispiel, es gibt keine kommunale, beziehungsweise gemeindliche Feuerwehr mehr. Stattdessen wird die Feuerwehr in einem Gebiet von der Oberaufsicht einer Sicherheitsregion geleitet. Im konkreten Einsatzdienst äußert sich dies zum Beispiel bei der Alarmierung. Auch wenn ein Feuer auf dem Gemeindegebiet einer Brandweer gemeldet ist, kann eine andere Wehr zuerst alarmiert werden. Ausschlaggebend ist dabei immer die Nähe zum Einsatzort.
7.) Alle Löschfahrzeuge heißen Tanklöschfahrzeuge
Alle Löschfahrzeuge werden in den Niederlanden als Tanklöschfahrzeuge bezeichnet. So verfügen diese Einsatzfahrzeuge natürlich auch über eine (hydraulische) Basisausrüstung zur Technischen Hilfeleistung. Danke für diesen Hinweis an unseren Leser F. Lücking.
Rüstwagen nach deutschen Vorbild in den Niederlanden sehr selten geworden. Wird dann doch mal zusätzliches Spezialgerät benötigt, wie bei einem Lkw-Unfall oder einen Zugunglück, stehen den Feuerwehren im gesamten Landesgebiet insgesamt fünf Einsatzgruppen zur Verfügung, die auf die technische Hilfe spezialisiert sind. Weitere national organisierte Spezialeinheiten gibt es für die Bereiche Dekontamination/Gefahrgut, Brandbekämpfung in Naturgebieten und Logistik.
8.) Nur vier bis sechs Mann Besatzung pro Löschfahrzeug
Standardmäßig ist ein Löschfahrzeug in den Niederlanden mit sechs Personen besetzt. Allerdings geht der Trend immer mehr in Richtung vier Personen pro Fahrzeug. Zusätzlich dazu experimentieren viele Wehren mit sogenannten “snelle interventievoertuigen” (schnelle Einsatzfahrzeuge) die nur mit zwei, maximal vier Kameraden, besetzt werden. Diese Fungieren dann als Vorauslöschfahrzeug.
9.) Gelbes Blinklicht an der Einsatzstelle
Aus Blau wird Orange: Befindet sich ein Feuerwehrfahrzeug auf der Einsatzfahrt, so wird ein blaues Sondersignal op straat (auf der Straße) verwendet. Befindet sich das Fahrzeug dann jedoch an der Einsatzstelle, sind die Maschinisten dazu angehalten, ein gelbes Sondersignal einzuschalten. Der Hintergedanke: Durch das orange Licht soll eine ruhigere Einsatzstelle geschaffen werden. Da dies unauffälliger ist, erhoffen sich einige Feuerwehren zudem weniger Gaffer an der Unfallstelle.
10.) Atemschutzgeräteträger ist Pflicht in den Niederlanden
Wer kein Atemschutzgeräteträger ist, ist raus. Nur wer in den Niederladen auch mit Pressluftatmer in den Einsatz darf, wird auch in die aktive Wehr übernommen. Aus diesem Grund ist auf jedem Löschfahrzeug ein Atemschutzgerät pro Mannschaftsmitglied vorgesehen.
Feuerwehr-Magazin-Leser Jan Heger: “Jede Einsatzkraft muss einen Fitnesstest absolvieren – abhängig vom Alter alle 1 bis 4 Jahre. Unabhängig vom Geschlecht und Zugehörigkeit zu Berufs- oder Freiwilliger Feuerwehr.”
PPMO – Fitnesstest im Video
11.) Einheitliche Fahrzeugbeklebung im ganzen Land
Individuelle Fahrzeugbeklebung? Von wegen! Das einheitliche Erscheinungsbild der Fahrzeuge gehört zur Norm für Einsatzfahrzeuge in den Niederlanden. Im gesamten Staat tragen Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr einen blau-rot-weißen Streifenlook. Ministeriale Richtlinie: uniforme Erkennbarkeit der Hilfsdienste.
12.) Weniger Kuppeln durch längere Saugschläuche
Bei einzelnen Feuerwehren in Deutschland sind Saugleitungen bereits zusammengekuppelt und auf dem Fahrzeug verlastet. Das spart Zeit. Die Niederländer sind einen Schritt weiter. Bei ihnen sind Saugleitungen grundsätzlich länger. Damit entfällt ein oftmals mühseliges Kuppeln.
13.) Bei der Brandbekämpfung wird kein Trinkwasser verwendet
In einigen Regionen wird seit kurzem kein Trinkwasser mehr als Löschwasser genutzt. Um trotzdem eine adäquate Löschwasserversorgung sicherzustellen, wurden mehrere Wassertankwagen mit 15.000 oder 16.500 Litern Fassungsvermögen beschafft. Schon länger in Benutzung: Container mit eingebauten Pumpen zum Löschwassertransport. Durch zusätzliche Schläuche mit großem Durchmesser kann zudem Wasser auch aus großen Entfernungen herangeführt werden.
Feuerwehr International: Die Löschwesen in anderen Ländern
Niedersachsen und Niederländer vereinbaren Hilfspakt
Katastrophen kennen keine Landesgrenzen, die Bürokratie schon. Diese könnte aber im Unglücksfall schnelle Hilfe verzögern. Um diesen Missstand im Vorfeld zu beseitigen, haben Niedersachsen und die Niederlande einen gemeinsam Katastrophenschutzvertrag unterzeichnet und regeln darin die gegenseitige Hilfe bei Hochwasser, Großbränden, Sturmfluten und Zugunfällen. Bei der feierlichen Zeremonie war wegen einer technischen Panne an einem Gelenkmast jedoch noch eine ganz andere Hilfe gefragt.
Hoch über der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden standen der niederländische Minister für Sicherheit und Justiz, Ivo Opstelten und der niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, im Korb des Gelenkmastes der Brandweer Coevorden. Der schöne Ausblick in 25 Metern Höhe sollte eigentlich neben der formalen Vertragsunterzeichnung der Höhepunkt des Festaktes werden. War er auch, wenn da nicht ein nervtötendes akustisches Signal und zwei aufgeregte Maschinisten mit ratlosen Gesichtern gewesen wären. An dem Hubrettungsfahrzeug war während seines politischen Einsatzes eine Störung aufgetreten. Nach einer Viertelstunde konnte diese aber beseitigt und der Korb nach unten gefahren werden. Dieser hatte sich zwischenzeitlich sogar leicht nach vorne geneigt.
Anlass des Staatsaktes auf der Landesgrenze zwischen der niederländischen Stadt Coevorden und der deutschen Stadt Emlichheim war eine offizielle Vertragsunterzeichnung zwischen Niedersachsen und den Niederlanden. Der Kontrakt ist eine Aktualisierung des bereits seit 2001 existierenden Papieres. Er regelt nur detailierter kurze Kommunikations- und Anforderungswege. Minister Pistorius betonte: “Hochwasser, Großbrände, Sturmfluten oder Zugunfälle: Bei akuten Katastrophenlagen geht es ausschließlich darum, dass die Hilfe schnell kommt – und nicht woher sie kommt”. “Nur gemeinsam können wir in diesen Situationen effektiv handeln und so den Menschen schnellstmöglich helfen. Grenzen dürfen dabei keine Mauern darstellen”, so Pistorius weiter. Die Bundesrepublik Deutschland hat seit 1988 ein ähnliches Abkommen mit dem Königreich.
Beide Minister waren sich einig, schon jetzt gibt es eine gute Zusammenarbeit zwischen den Rettungskräften beider Länder. Einige von ihnen waren auch als Gäste bei der Vertragsunterzeichnung dabei. Im Alltag sei es schon seit vielen Jahren so, dass Hilfskräfte aus beiden Ländern zusammenarbeiten und dorthin kommen, wo ihre Hilfe benötigt wird, ganz gleich auf welcher Seite der Grenze. Zudem würdigten beide Minister das Engagement haupt- und ehrenamtlicher Kräfte auf beiden Seiten der Grenze.
Feuerwehr-Wörterbuch Niederländisch – Deutsch
Brandweer – Feuerwehr
Brandweerkazerne – Feuerwehrhaus/-Wache
Gezamenlijke Brandweer (GB) – Gemeinsame Feuerwehr, ist die Feuerwehr im Hafen- und Industriegebiet
Voertuigstalling – Fahrzeughalle
Veiligheidsregio – Sicherheitsregion
Hulpverleningszone – Notfallzone (belgisches Pendant zur Sicherheitsregion)
BZK-striping – BZK-Streifen sind die typischen reflektierenden Warnstreifen auf den Feuerwehrfahrzeugen in den Farben Weiß und Blau sowie nicht-reflektierenden roten Streifen.
Meldkamer – Leitstelle
Mobiel Operationeel Informatiesysteem (MOI) – Mobiles Einsatzinformationssystem. Dafür sind Tablets auf den Fahrzeugen.
Ambulancezorg (AZ) – Rettungsdienst
Ambulance – Rettungswagen
Geneeskundige Hulpverleningsorganisatie in de Regio (GHOR) – Organisation für medizinische Hilfe in der Region (notfallmedizinischer Teil des Katastrophenschutzes)
Port of Rotterdam Authority (RPA) – Hafengesellschaft Rotterdam
Koninklijke Nederlandse Redding Maatschappij (KNRM) – Seenotrettungsorganisation (NGO)
Brandweerfuncties – Feuerwehr-Funktionen
Bevelvoerder (BV) – Gruppenführer (roter Koller)
Officier van Dienst (OvD) – Diensthabender Zugführer (oranger Koller)
Hoofdofficier van Dienst (HOvD) – Diensthabender Verbandsführer (gelber Koller)
(Technisch) Hulpverleningsvoertuig (HV, Typ 1, 2 oder 3) – Rüstwagen. HV-1 ist am größten und verfügt über hydraulischen Kran. Typ 3 sind häufig Schnelleinsatzfahrzeuge.
Verbindings- en Commandovoertuig (VC, Typ 1, 2, 3) – Verbindungs-Kommando-Fahrzeug (entspricht ELW, wobei VC-1 das größte Fahrzeug ist. Hier: mit acht Funkarbeitsplätzen)
Mobiele Coördinatie Unit (MC) – Mobile Kommando-Einheit (Lage- und Besprechungszentrum, ergänzt VC)
Specialistische voertuigen – Spezialfahrzeuge
Haakarmvoertuig met haakarmbakken (HA) – Wechselladerfahrzeug mit Abrollbehälter
Snel Interventie Voertuig (SIV) – Schnelleinsatzfahrzeug