Es ist dunkel und regnerisch. Im Schein eines Blitzlichtes liegt ein Pferd leblos auf der Fahrbahn – inmitten einer Blutlache. Im Hintergrund blicken zwei Polizisten vor ihren Streifenwagen in Richtung Kamera. Erinnert Ihr Euch an dieses Bild aus unserem Facebook-Post „Tödlicher Pferdeunfall bei Ansbach“ vom 16. November 2016?
Damals hatten wir berichtet, dass das Pferd nach dem Zusammenstoß mit einem Pkw vom Tierarzt eingeschläfert worden war. Zwei Reiterinnen erlitten bei dem Unfall schwere Verletzungen.
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Wir hatten dem Post den kurzen Satz „Einfach furchtbar!“ vorangestellt. In 72 Kommentaren haben User zu dem Bild Stellung bezogen und teils heftig über den Sinn diskutiert, ein solches Bild zu veröffentlichen. Auf der einen Seite wurden uns „Sensationsgier“ und Steigerung der „Schaulust“ vorgeworfen. Auch von mangelnder Verantwortung gegenüber Kindern, die sich unsere Posts ansehen, war die Rede.
Auf der anderen Seite mahnten User an, dass es sich eben um „das wahre Leben“ handele. Eine Userin schrieb sogar: „Mein Kind reitet auch und ich werde ihr diesen Bericht heute nach der Schule vorlegen. Denn ich als Mutter kann mir den Mund fusselig reden beim Warnen über die Gefahren beim Reiten in Straßennähe.“
Aus Sicht der Feuerwehr: Unfall ist Einsatzrealität
Wir erhalten täglich Bilder von Unfällen. Sie zeigen teilweise erschreckende Details von Verletzten und Toten. Für alle Redakteure, die selbst als freiwillige Feuerwehrleute aktiv sind, ist dies traurige Einsatzrealität. Trotzdem gehen uns diese Fotos nahe. Und selbstverständlich filtern wir sehr stark heraus, was wir veröffentlichen und was nicht. Außerdem machen wir Teile von Bildern unkenntlich, sodass keine Zivilpersonen zu identifizieren sind.
Feuerwehr und Social Media
In unserem großen Kombi-eDossier “Feuerwehr und Social Media” findet Ihr Tipps und Tricks für die digitale Öffentlichkeitsarbeit.
In unseren journalistischen Grundsätzen sehen wir uns dabei dem Pressekodex des Deutschen Presserats verpflichtet. Dieses Gremium entscheidet über Beschwerden von Lesern/Usern. Unter Ziffer 11 „Sensationsberichterstattung, Jugendschutz“ heißt es dort unter „Richtlinie 11.1 – Unangemessene Darstellung“: „Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird. Bei der Platzierung bildlicher Darstellungen von Gewalttaten und Unglücksfällen auf Titelseiten beachtet die Presse die möglichen Wirkungen auf Kinder und Jugendliche.“
Das Foto des toten Pferdes ist kein schöner Anblick. Aber darauf ist das Tier nur von hinten zu sehen, offene Verletzungen sind nicht zu erkennen. So ist das nur 600 Pixel breite Bild ein drastisches, aber keineswegs sensationsheischendes Beispiel dafür, was Einsatzkräfte erwartet, wenn sie an den Ort eines solchen Unfalls kommen. Unsere Leser/User betätigen sich größtenteils selbst als Einsatzkräfte. Das damit verbundene Informationsinteresse wollen wir bedienen.
(Text: Michael Rüffer, Redakteur Feuerwehr-Magazin; Foto: News5/Haag) [ID 514]