Mobile Übungsanlage Binnengewässer

10 Fakten zur Schwimmenden Feuerwehrschule auf dem Rhein

Straßburg (Frankreich) – Seit 2014 ist die MÜB auf dem Rhein im Einsatz. MÜB steht für die Mobile Übungsanlage Binnengewässer. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine schwimmende Feuerwehrschule oder Ausbildungsstätte, unter anderem zur Schiffsbrandbekämpfung. Wir nennen Euch 10 Fakten, die jeder zur MÜB kennen sollte. 

Ein ehemaliges Tankmotorschiff wurde, gefördert durch EU-Gelder, zu einer schwimmenden Feuerwehrschule umgebaut. Foto: Hegemann

1. Weltweit einzigartig

Weltweit gibt es keine vergleichbare Anlage. Die Ausbildungsstätte ist auf einem ehemaligen Tankmotorschiff installiert. Der Schiffsrumpf ist 99,95 Meter lang, 9 Meter breit und hat einen Tiefgang von 0,9 Metern.

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Viele Ausbildungseinheiten auf der MÜB beginnen damit, dass die Teilnehmer in voller Schutzkleidung und mit Atemschutz ins Wasser springen müssen. Begründung: Bei einem Einsatz auf einem Binnenschiff kann der Retter jederzeit über Bord gehen. Foto: Hegemann

2. Die Schule kommt zu den Feuerwehrleuten

Heimathafen der “Regina Rheini”, wie das Schiff inzwischen heißt, ist Straßburg. In Frankreich wird die MÜB aber nur rund sechs Monate im Jahr genutzt. Die restlichen 6 Monate ist die Anlage in Deutschland im Einsatz.  6 Monate in Deutschland. Anfangs lag das Schiff 6 Monate im Jahr in Straßburg und 6 Monate in Mannheim. Zwischenzeitlich ist auf französischer Seite Mulhouse als zweiter Standort (rund 2 Monate pro Jahr) hinzugekommen. Und ab 2020 könnte die MÜB in Deutschland auch in der Region Koblenz eingesetzt werden. Entsprechende Gespräche laufen.

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3. Auf fremde Hilfe angewiesen

Es gibt noch einen Motorraum im Heck des Schiffes. Und auch der Motor wurde nicht entfernt. Aber es fehlen die Schiffsschraube und die komplette Steueranlage. „Aus eigener Kraft können wir den Liegeplatz nicht verlassen“, sagt Leutnant Thierry Romilly. Der Straßburger Berufsfeuerwehrmann ist Chef der MÜB. „Für jeden Ortswechsel benötigen wir ein Schubschiff.“ Großer Vorteil: So benötigt das Schulpersonal allerdings keine Kapitäns- oder Schifffahrtspatente. 

4. Abteilung der Feuerwehr

Offiziell ist das Ausbildungszentrum für die Gefahrenabwehr bei Havarien, Bränden und Gefahrgutunfällen mit und auf Binnenschiffen eine eigenständige Abteilung des SDIS 67, dem Feuerwehr-Department Bas-Rhin (Unterelsass) im Elsaß. 

Der Motor wurde im Schiff belassen. Er dient aber nur noch zu Ausbildungszwecken. 80 Prozent aller Einsätze auf Binnenschiffen ereignen sich Motorraum. Hier muss eine Person gerettet werden. Foto: Hegemann

5. Keine eigenen Ausbilder

Fünf Festangestellte gehören zum Personal der MÜB: Leutnant Romilly, sein Stellvertreter Hauptbrandmeister Philippe Guth und die drei technischen Assistenten Maxence Fuchs-Kuhn, Jérôme Haenssel und Christoph Wenzel. Wie Romilly ist auch Guth Berufsfeuerwehrmann, die Assistenten sind in freiwilligen Feuerwehren aktiv. „Die Ausbilder gehören nicht zur Belegschaft“, erklärt der Leutnant. „Die stammen in der Regel von der jeweiligen Berufsfeuerwehr vor Ort.“

An drei Brandstellen unter Deck kann die Bekämpfung typischer Brände in Schiffen geübt werden. Hier brennt der Motorblock. Foto: Hegemann

6. Maximal 24 Personen an Bord

Maximal 24 Personen dürfen sich gleichzeitig an Bord aufhalten. Der Platz auf oder unter Deck würde locker für 500 Personen ausreichen. Immerhin stehen 1.500 Quadratmeter Fläche auf drei Decks zur Verfügung. „Ich verstehe es auch nicht“, gesteht Romilly freimütig. „Ist irgendeine Vorschrift aus dem französischen Schulgesetz, da wir eine Ausbildungsstätte sind.“

7. Deutsch-Französische Kooperation

Vom heutigen General und Chef des Departments Unterelsass Gaudon stammt der Vorschlag, die Schule als deutsch-französische Kooperation zu realisieren. „Die Einsätze, Gefahren und Unfälle auf dem Rhein sind in beiden Ländern komplett identisch“, so Gaudon 2011. „Und Feuerwehrdenken hat noch nie an Ländergrenzen aufgehört.“ Die schwimmende Feuerwehrschule steht also symbolisch für das Zusammenwachsen Europas und die deutsch-französische Freundschaft. Bei Politikern kommen solche Projekte immer gut an. Und so förderte die EU die Realisierung der 3 Millionen Euro teuren CReRF/MÜB, die in der Unterzeile auch noch die englische Bezeichnung River Risk Control Training Center trägt, zu fast 50 Prozent.

8. Ausbildungsmöglichkeiten satt

Das Schiff wurde so geplant, dass wirklich alle auf Binnengewässern auftretenden lagen realistisch dargestellt werden können. Dazu gehören:

  • Wassereinbruch/Leckagen,
  • Menschenrettung aus Laderäumen,
  • Havarien und instabile Container,
  • Brände in Küchen, Passagierkabinen oder im Motorraum (Innenangriff),
  • Brände ganzer Schiffe (Außenangriff),
  • Gefahrgut-Austritte,
  • Mann über Bord,
  • die Suche nach Vermissten in verrauchten Räumen,
  • Öl auf Gewässer (deswegen auch die Haspel) oder
  • verrutschte Ladung.     
Das Vorgehen in Binnenschiffen erfordert spezielle Taktiken. Foto: Hegemann

9. Umweltschutz spielt große Rolle

Insgesamt drei Feuerstellen stehen für die Ausbildung an Bord zur Verfügung. So können ganz typische Brände an Schiffen simuliert werden: im Motorraum, in der Küche und in einer Kabine. Das eingesetzte Löschwasser wird aufgefangen und in spezielle Tanks geleitet. „Wir dürfen es erst wieder in den Rhein abgeben, wenn es so weit abgekühlt ist, dass die Temperaturdifferenz zum Wasser des Flusses weniger als 10 Grad Celsius beträgt“, erklärt „Matrose“ Christoph Wenzel. „Vorgaben des Umweltschutzes zum Schutz von Flora und Fauna.“

10. Projekt mit enormen Vorlauf

Aufgrund seiner verkehrsstrategisch günstigen Lage mitten in Europa wird der Rhein schon seit über 2.000 Jahren zum Personen- und Materialtransport genutzt. Im Jahr 2007 stieg das Volumen der transportierten Güter auf über 210 Millionen Tonnen an. Auf dem „Traditionellen Rhein“ (dem Abschnitt zwischen Basel und der deutsch-niederländischen Grenze) werden nahezu 50 Prozent der auf allen europäischen Binnenwasserstraßen transportierten Mengen befördert. Parallel dazu sind auch die Passagierzahlen in der Flusskreuzfahrt und in der Fahrgastschifffahrt in dieser Zeit gestiegen. Es kam immer häufiger zu Unfällen. Bereits Ende der 2000er Jahre machten sich Verantwortliche der Feuerwehr in Straßburg Gedanken, wie Feuerwehrleute optimal und möglichst realistisch für Einsätze auf Schiffen ausgebildet werden könnten. Im Jahr 2010 wurden dann Vertreter der Rheinanlieger zu einer ersten Sitzung eingeladen. Damals stand noch die Idee einer festen Ausbildungsstätte zwischen Straßburg und Kehl im Raum. Richtig Fahrt nahm das Projekt dann 2011 auf. Am Morgen des 13. Januar havarierte das mit 2.377 Tonnen Schwefelsäure beladene Tankmotorschiff „Waldhof“ im Rhein bei St. Goarshausen unweit der Loreley. Die Waldhof kenterte, rammte ein weiteres Tankschiff und blieb schließlich bei Rheinkilometer 555,33 am Rand der Fahrrinne liegen. Nur knapp konnte damals eine Katastrophe abgewendet werden.        

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