Paderborn (NW) – „Weiße, heterosexuelle Männer aus der Arbeiterschicht stellen bei der Feuerwehr die Mehrheit dar und prägen das Bild des typischen Feuerwehrmannes“, hieß es in einer Pressemitteilung der Universität Paderborn zu einem neuen Forschungsprojekt Ende 2018. Der Aufschrei in der Fachwelt war groß. Wir haben bei Professorin Dr. Ilona Horwath nachgefragt, worum es dabei eigentlich geht.
FM: Wie lautet der genaue Titel der neuen Studie?
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Horwath: FORTESY – Organisation, Technik, Diversität: Neue Ansätze für Sicherheit, Effizienz und soziale Integration im Feuerwehrwesen. Es handelt sich streng genommen allerdings um ein Forschungsprojekt und nicht um eine Studie, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Innovations- und Technikanalyse gefördert wird.
FM: Was genau untersuchen Sie in dem Projekt?
Horwath: Welche Herausforderungen erlebt die Feuerwehr durch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre und wie kann sie darauf reagieren?
FM: Warum ist so ein Forschungsprojekt notwendig?
Horwath: Die Gesellschaft verändert sich. Ein paar Beispiele: Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund steigt, die Wege zwischen Arbeitsstelle und Wohnort werden statistisch länger und die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement sinkt. Viele Feuerwehren engagieren sich bereits und begreifen die interkulturelle Öffnung als Chance. Wir wollen sie durch unsere Forschung bei der Lösung der auftretenden Herausforderungen unterstützen. Ganz klar ist: Feuerwehren sollen auch in 20 Jahren noch gut funktionieren. Deshalb muss schon heute gefragt werden: Wie kann die Effizienz und die Einsatzkraft erhalten bleiben? Es braucht Ansätze zur Personalgewinnung, zur Optimierung von Einsatztechnik sowie Lösungen auf der Organisationsebene. Wir können dazu beitragen, diese Lösungen zu entwickeln.
FM: In der Pressemeldung der Universität Paderborn zum Start des Forschungsprojektes hieß es, Feuerwehren gelten als veränderungsresistent. Sie würden sich Veränderungen sogar verschließen. Kann es nicht sein, dass Routinen gerade für Feuerwehrleute wichtig sind?
Horwath: Ja, absolut. Routinen sind im Einsatz sogar überlebenswichtig. Sie werden jedoch dann gefährlich, wenn sich die Voraussetzungen ändern, für die sie entwickelt wurden, zum Beispiel durch technische Fortschritte. Britische Feuerwehrmänner beispielsweise hatten anfangs den Einsatz von Atemschutzgeräten als „mädchenhaft“ bezeichnet und ihn verweigert. Wahre Helden waren damals Feuerwehrmänner, die möglichst lange Zeit ohne Frischluftzufuhr im Brandobjekt verharren konnten. Eine trügerische Sicherheitsroutine. Auch gegenwärtig gibt es Routinen, die angesichts neuer Technik nicht mehr notwendig sind. Deshalb ist es wichtig zu fragen, welche Routinen zur Sicherheit und Effizienz beitragen und welche gewohnten Abläufe nur ein Sicherheitsgefühl vermitteln.
FM: In der Pressemitteilung hieß es weiter, dass bei der Feuerwehr heterosexuelle, weiße Männer aus der Arbeiterschicht die Mehrheit darstellen. Woher wissen Sie das eigentlich schon vor Beginn der Untersuchung?
Horwath: Das belegen sämtliche Statistiken der internationalen Feuerwehrforschung. Wobei ich ganz klar festhalten möchte: Das ist keine Wertung und auch kein Kritikpunkt – sondern es ist ganz einfach die Ausgangslage.
FM: Wie ein Lob hört sich diese Aussage allerdings nicht an. Könnte es vielleicht auch sein, dass sich gerade diese Menschen stärker ehrenamtlich engagieren als andere Bevölkerungsgruppen?
Horwath: In der Feuerwehr ja. Aber auch das hat ja seine Gründe, die sich je nach Bereich unterscheiden: bei einigen ehrenamtlichen Tätigkeiten sind häufiger Menschen aus der Mittelschicht und mit Studienabschluss anzutreffen. Deshalb greifen wir den Punkt bei unserer Forschungsarbeit auch auf und fragen nach den Motiven der Mitarbeit bei der Feuerwehr.
Ich denke mal, auf diesen “Beitrag” wäre zu verzichten gewesen. Warum?
Hier in Brandenburg sind gerade freiwillige Feuerwehren noch für uns da, aber es gibt Nachwuchssorgen.
Mit derartig “vernichtenden Urteilen” wird die Bereitschaft noch weiter sinken, mitzumachen.
Ich denke mal, auf diesen “Beitrag” wäre zu verzichten gewesen. Warum?
Hier in Brandenburg sind gerade freiwillige Feuerwehren noch für uns da, aber es gibt Nachwuchssorgen.
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