Erlangen (BY) – Es war als Spaß gedacht, als eine Art Abschluss-Ritual. Aber es lief aus dem Ruder. Im April 2017 hatten Feuerwehrleute in Erlangen ihren Ausbilder zur Verabschiedung in einen Gitterwagen gesperrt und zehn Sekunden von vorn und hinten mit Löschschaum besprüht. Der Ausbilder leitete anschließend rechtliche Schritte ein. Gegen acht Beschuldigte wurde das Verfahren eingestellt. Sie hatten sich bereit erklärt, jeweils 1.000 Euro Entschädigung an den Ausbilder zu zahlen. Zwei Angeklagte, die dem Vergleich nicht zugestimmt hatten, standen jetzt in Erlangen vor Gericht.
Nötigung und Freiheitsberaubung konnte die zuständige Richterin am Amtsgericht Erlangen nicht erkennen. Der 50-jährige Kläger hatte sich zwar anfangs dagegen gewehrt, in den Gitterwagen gesperrt zu werden, es dann aber mit den Worten “Dann lass ich euch euren Spaß” über sich ergehen lassen. Wegen des Gruppenzwangs habe der Kläger aber kaum eine andere Wahl gehabt, so die Richterin. Während der Ausbilder mit Schaum besprüht wurde, sei er nach eigener Aussage in Panik geraten und habe Schaummittel geschluckt. Wegen der Atemnot habe er Todesangst gehabt. Der Feuerwehrmann erlitt Hautreizungen und eine posttraumatische Belastungsstörung. Acht Monate konnte er nicht arbeiten, hieß es in der Gerichtsverhandlung.
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Den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung sah die Richterin deshalb als gegeben an. Die beiden Angeklagten wurden deswegen in einem minder schweren Fall für schuldig gesprochen. Sie wurden zu einer einjährigen Bewährungsstrafe und zur Zahlung von 1.500 Euro beziehungsweise 2.500 Euro an den Geschädigten verurteilt. Außerdem müssen sie die Kosten des Verfahrens tragen. Juristisch nennt sich die Verurteilung “Verwarnung mit Strafvorbehalt”. Bei einem Verstoß gegen die Bewährungsauflagen müssen die Beklagten 130 Tagessätze zu 30 beziehungsweise 40 Euro an die Staatskasse zahlen.
Im Verlauf des Prozesses gab es kontroverse Diskussionen darüber, wie üblich solche Verabschiedungsriten bei der Feuerwehr seien. Die Richterin sprach das Publikum, in dem sich viele Feuerwehrleute befanden, noch direkt an: “Nur weil es ein Ritual gibt, befreit das nicht von Schuldbarkeit.”