Gefährliche Rückkopplungen

4.500.000 Hektar: Waldbrandkatastrophe in Sibirien

Moskau – Eine Fläche fast so groß wie das Bundesland Niedersachsen brennt derzeit in Sibirien. Offiziellen Angaben zufolge sind 4.000 Kräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und seit einer Woche auch des Militärs im Einsatz. Sie müssen die Feuer schnell eindämmen, sonst drohen gefährliche Rückkopplungen.

Rauchschwaden so groß wie Länder. In Sibirien brennen Flächen unvorstellbaren Ausmaßes. Foto: NASA, Quelle: VIRS-Satellitenaufnahme

Seit mehr als zwei Monaten lodern die Feuer in der russischen Tundra und Taiga. Vegetationsbrände sind eigentlich nichts besonderes in diesen Breitengraden. Alljährlich kommt es in der nördlichen Hemisphäre in Sibirien, Alaska, Kanada und Skandinavien zu größeren Wald-, Steppen- und Moorbränden, sobald die Vegetation in den Frühlings- und Sommermonaten trocken genug ist. Meist sind es Blitzeinschläge, die den Funken liefern.

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Globale Erwärmung sorgt für längere Waldbrandperiode

Doch die letzten 10 Jahre stieg die Anzahl und betroffene Fläche der Brände. Und 2019 ist die Zahl nochmals höher. Bereits im Juni dieses Jahr äußerten sich Forscher beunruhigt über einen ungewöhnlich hohen Anstieg der Feuer. Insbesondere in Sibirien.

Schuld daran ist wahrscheinlich der Klimawandel, der gerade in den nördlichen Breiten für eine starke Erwärmung sorgt. Durch die höheren Temperaturen schmilzt die Schneedecke früher im Jahr. Das darin gespeicherte Wasser fließt entsprechend eher ab und steht den Sträuchen und Bäumen in der Vegetationsperiode im Frühjahr und Sommer weniger lang zur Verfügung, wodurch diese trockener werden. 

Später Einsatz: Russisches Militär schickt Löschflugzeuge

Wenn sich die Feuer fernab von Städten und in schlecht zugänglichem Terrain ausbreiten, werden sie in Russland meistens nicht bekämpft. Sind keine Menschen gefährdet, sei der Einsatz in den riesigen unbewohnten Gebieten unverhältnismäßig teuer. 

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Doch in diesem Jahr ist es anders. Nicht nur hüllt der Rauch hunderte Städte in endzeitmäßige beißende graue und gesundheitsgefährdende Schwaden. Ortschaften werden von kilometerlangen Flammenfronten eingekesselt und fallen ihnen schließlich zum Opfer.

In vielen Regionen gilt der Ausnahmezustand. Dann entschließt sich das Verteidigungsministerium zur Entsendung von Flugzeugen und Hubschraubern. So werden etwa Iljuschin Il-76-Transportflugzeuge mit 42-Tonnen-Wassertanks und MI-8-Hubschrauber eingesetzt. 

Ernüchterung nach ersten Löscherfolgen

Da die Brände zumeist fernab jeglicher Zivilisation liegen, können sie nur anhand von Satellitendaten ermittelt werden. Die Karte zeigt die Vegetationsbrände zwischen dem 7. und 8. August. Nach Angaben von Greenpeace stehen 4,5 Millionen Hektar in Flammen. Quelle: Google Earth, MODIS-Satellitendaten

Nachdem am 2. August die russischen Forstbehörden mitgeteilt hatten, dass durch den Einsatz des Militärs binnen kurzer Zeit viele Brände gelöscht werden konnten, erstarkten die Brände eine Woche später erneut. 

Laut Greenpeace brennen am Donnerstag 4,5 Millionen Hektar (45.000 Quadratkilometer). Seit Jahresbeginn sind 13,4 Millionen Hektar von Feuern betroffen. 

Um der Situation Herr zu werden würden sogar Löschflugzeuge mit Silberiodid bestückt, um Wolken zu impfen und damit künstlichen Regen zu erzeugen.

Dunkle Abwärtsspirale

Durch die riesigen Feuer erwachsen gleich mehrere Probleme, die sich durch Rückkoppelungen gegenseitig negativ beeinflussen. Zum einen ist ein großer Teil der betroffenen Fläche durch Permafrostboden durchzogen, der nun schmilzt.

Permafrost: schlummernde Gefahr

Permafrost- oder auch Dauerfrostböden zeichnen sich dadurch aus, dass sie das ganze Jahr hindurch gefroren sind. In ihnen sind große Mengen zersetzte Pflanzenreste und damit Kohlenstoff gespeichert. Schmilzt der Permafrostboden, etwa durch Brände an der Oberfläche, machen sich Mikroorganismen an die Arbeit und wandeln den Kohlenstoff in CO2 um.

In schmelzendem Permafrost können sich Methangas-Blasen bilden. Diese können sich ausdehnen und dadurch ganze Hügel entstehen lassen – bis sie sich in einer Explosion entladen. Wie das Wissenschafts-Magazin “Spektrum” berichtet, sei 2017 ein dadurch entstandener Krater mit einem Durchmesser von 8 Metern und einer Tiefe von rund 20 Metern gesichtet worden.

Wenn Permafrostboden auftaut, sackt er in sich zusammen und wird zu einem Morast. Neben auf Permafrostböden errichteten Straßen und Häusern, die durch das Schmelzen zerstört werden, können Hangrutschungen und Bergstürze mit dramatischen Folgen entstehen.

Nicht nur das Feuer und seine Hitze selbst lassen den Permafrost tauen. Auch die zahlreichen Ascheteilchen tragen ihren Teil zur Schmelze bei. Wenn die (Schnee-)Oberfläche durch den Ruß dunkler wird, absorbiert sie nämlich mehr Sonnenlicht und wird wärmer. 

Flugasche hat noch einen weiteren Effekt: Sie bindet Wasserdampf, der dann an anderer Stelle abregnet. Durch die große Menge der Ascheteilchen können schwere Hochwasserereignisse hervorgerufen werden.

Vielfach befinden sich zudem Torfschichten im Boden. Ist der Boden noch feucht genug, bleibt der Schaden gering. Doch treten auch im darauffolgenden Jahr hohe Temperaturen und Trockenheit auf, kann der Torf sich schnell entzünden und es entstehen unterirdische Moorbrände, die kaum zu löschen sind. Langfristig begünstigen sich die Effekte gegenseitig.

Einwohner engagieren sich und hoffen auf Regen

Die Menschen in der Region sind einer hohen Smogbelastung ausgesetzt. Viele von ihnen wollen mit einer Petition erreichen, dass die Regierung mehr Streitkräfte zur Brandbekämpfung entsendet und mehr Informationen zur Rauchbelastung herausgibt.

Parallel sprießen Initiativen zur Wiederaufforstung aus dem Boden. Und viele melden sich bei freiwilligen Waldbrandbekämpfungs-Gruppen an. Doch um die Feuer unter Kontrolle zu bekommen, muss es erstmal regnen. Darauf hoffen wohl alle.

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. die Ozeane heizen auf, das Eis schmilzt und der Himmel ist dissoziiert, divers, wie eine kreidebekrizelte Schultafel, Striefen und Rippungen. Regen und der seltene Schnee sind fein gesprüht, es gibt kaum mehr Fliegen, sie sind kleiner und summen nicht, aber Flieger. Die Fichtenmonokulturen hatten es verdient, jetzt sterben auch die Altbuchen. Agrargifte überall, PFA, Mikroplastik, Strahlung….früher war alles “Bio”.

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