Hannover – Bei der Feuerwehr der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover ist durch Oberbürgermeister Belit Onay der europaweit erste vollelektrische Rettungswagen in der 5,5-Tonnen-Klasse in Dienst gestellt worden. Er basiert auf einem modifizierten Mercedes Sprinter-Fahrgestell und wurde durch die Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeug GmbH ausgebaut.
Der eRTW ist europaweit das erste Serienmodell eines Rettungswagens im Segment der 5,5-Tonnen-Klasse, teilt die Feuerwehr Hannover zur Indienstnahme mit. Erster Stadtrat und Feuerwehrdezernent Dr. Axel von der Ohe betonte, dass die Beschaffung des eRTW auch unter finanziellen Aspekten hervorzuheben ist: „Die Menschen in unserer Stadt können sich auf die Hilfe der Feuerwehr im Notfall verlassen. Die Inbetriebnahme des vollelektrischen Rettungswagens zeigt, dass schnelle Hilfe und Klimaschutz auch unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und des sparsamen Umgangs mit Steuermitteln möglich ist.“
Aufbauhersteller: Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeug GmbH
Baujahr: 2022
Technische Ausstattung: Luftfederung Hinterachse, Seiten-Drehtür, separates Kofferfach für mobile Notfallausrüstung, Sondersignalanlage und Umfeldbeleuchtung in LED-Technik, elektronische Sondersignalanlage und Pressluftfanfaren, Heckwarnanlage, Rückfahrkamera, Navigationssystem, Mobiltelefon mit Induktionsladehalterung
Hannovers Feuerwehrchef Christoph Bahlmann ging auf die technischen Belange der Elektromobilität bei Einsatzfahrzeugen der Notfallrettung ein. Durch die hohe Einsatzfrequenz dieser Fahrzeuge müssen möglichst alle Standzeiten zum Laden genutzt werden: „Die Patientenübergabezeiten an den Krankenhäusern und die damit verbundenen Standzeiten der Fahrzeuge bieten sich hervorragend zum schnellen Laden der Antriebsbatterien an.“ Im Vorfeld der Beschaffung des eRTW wurde daher bereits mit den hannoverschen Kliniken Kontakt aufgenommen. „Dankenswerter Weise steht mittlerweile an allen Standorten des Klinikums Region Hannover Ladeinfrastruktur im Bereich der Notaufnahmen für uns zur Verfügung“, so der Feuerwehrchef.
Neben dem Klimaschutz gibt es noch weitere wesentliche Vorzüge des eRTW gegenüber den bisherigen konventionell angetriebenen Modellen:
sehr gutes Beschleunigungsvermögen
sehr gute Verzögerung durch elektrische Energierückgewinnung (Rekuperation) – hierdurch wird der Bremsverschleiß deutlich verringert
sehr gute Straßenlage – unter anderem durch die im Fahrgestellrahmen verbauten Batterien
sehr geringe Fahrgeräusche im Innenraum (Fahrer- und Patientenraum)
keine Motorengeräusche und Emissionen im Standbetrieb während der
Patientenversorgung am Einsatzort beziehungsweise im Fahrzeug.
Trotz der veränderten technischen Anforderungen konnte der Innenausbau annähernd identisch zu den bereits in Hannover vorhandenen Rettungswagen mit Dieselmotoren gestaltet werden. Das erleichtert den Besatzungen den Wechsel zwischen den Fahrzeugtypen. Der neue eRTW wird von der Feuer- und Rettungswache 1 am Weidendamm aus eingesetzt.
Der eRTW Typ WAS 500
Die Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeug GmbH hat einen Prototyp des eRTW auf eine Praxistour durch Deutschland und Europa geschickt. In 20 verschiedenen Städten wurde das Fahrzeug mit Kofferaufbau unter Realbedingungen von Rettungsorganisationen und Einsatzkräften getestet. 1.235 Einsätze absolvierte das Testfahrzeug dabei, legte an 229 Tagen dabei 20.784 Kilometer zurück. Ausfälle während dieser Einsätze gab es laut Angaben von WAS nicht.
Mit Ladezeiten für eine Komplettladung von 3,5 Stunden im 22-kW- oder sogar nur 1,5 Stunden im 50-kW-Modus ist der eRTW schnell wieder unterwegs. Die Ladezeiten können zur Vor- und Nachbereitung zwischen den Einsätzen genutzt werden. Schon ein Zwischenladen von nur 20 bis 30 Minuten bei 22 kW am Standort bringen Reichweitenverlängerungen von rund 30 Kilometern, so die Angaben des Herstellers. Für die Ladung im 22-kW-Modus können vorhandene Standard-400-V-CEE-Steckdosen mit 32-A-Absicherung genutzt werden.
Über den Weg vom Konzept bis zum einsatzbereiten eRTW sowie den ersten Realeinsätzen an drei Teststandorten in Deutschland berichtet das Rettungs-Magazin. Die Ausgabe könnt Ihr hier direkt herunterladen.