Berlin/Brig (Schweiz) – Die Matterhorn Gotthard Bahn (MGBahn) beschafft für fünf Millionen Schweizer Franken bei der Hilton Kommunal GmbH vier innovative Lösch- und Rettungsfahrzeuge für die Tunnelrettung Furka. Die so genannten Zweiwegefahrzeuge sind für den Einsatz bei allfälligen Ereignissen vorgesehen und wurden erstmalig auf der Innotrans, der internationalen Fachmesse für Verkehrstechnik in Berlin, vorgestellt.
Bei Zweiwegefahrzeugen handelt es sich um Fahrzeuge, die sowohl auf der Straße als auch auf Gleisen eingesetzt werden können. Bisherige Zweiwege-Rettungsfahrzeuge waren weder mit Überdruckcontainern zur Versorgung von Personen mit Atemluft ohne Masken ausgerüstet noch konnten diese in Doppeltraktion (Antrieb einer Zugskomposition mit zwei Triebfahrzeugen) verkehren. Bei modernen Tunnelrettungszügen kommen Doppeltraktionen insbesondere deshalb zum Einsatz, um Löscheinheit und Rettungs- und Sanitätseinheit im Bedarfsfall trennen zu können. So lassen sich die Lösch- und Rettungsarbeiten im Tunnel fortsetzen, während mittels der zweiten Einheit betroffene Passagiere bereits zum nächsten Portal evakuiert werden können.
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Die neuen Rettungskompositionen der MGBahn verbinden nun erstmalig alle genannten Komponenten, indem ein Lkw mit Lösch- und Rettungs-Aufbau (1. Einheit), ein Sanitätseisenbahnwagen sowie ein Lkw mit Personentransport-Aufbau (2. Einheit) zu einer Rettungszugkomposition zusammengestellt werden. Sie werden an den Portalstandorten des Furkatunnels in Oberwald (Kanton Wallis) und Realp (Kanton Uri) stationiert.
Höhere Rettungskapazitäten, mehr Flexibilität
und geringere Anschaffungskosten
Die zukünftigen Rettungszüge bringen gleich mehrere Vorteile für die MGBahn mit sich: Da für den Antrieb Lkw mit herkömmlichen Dieselmotoren verwendet werden können, entfällt die Beschaffung von eigens für die Tunnelrettung bereitstehenden Lokomotiven, wodurch sich die Anschaffungskosten deutlich reduzieren lassen. Zudem können dank der zusätzlichen Überdruckcontainer auf den Ladeflächen der Lastwagen im Ereignisfall 60 anstatt wie bisher 30 Personen pro Fahrt evakuiert werden. Nicht zuletzt finden die Kompositionen mit einer Länge von 39 Metern Platz in den 40 Meter langen Remisen in Oberwald und Realp. Im Ereignisfall sind sie so sofort einsatzfähig, ohne dass zunächst noch eine Lokomotive angekoppelt werden muss.
Die bei der Hilton Kommunal GmbH in Auftrag gegebenen Zweiwegefahrzeuge bauen auf dem Modell Arocs 8×4 mit 421 kW Motorleistung von Mercedes auf. Die Lastwagen werden zusätzlich mit einem Hilfsrahmen ausgestattet, an dem die beiden Drehgestelle des Schienenfahrwerks montiert sind. Je zwei Lastwagen können in Vielfachsteuerung (Wendezugsteuerung) verkehren, wodurch sie als Ganzes in den Tunnel einfahren und dort zur Personenrettung getrennt werden können. Für die Bedienung verfügen die Fahrzeuge neben den Führerständen im Lkw-Fahrerhaus zusätzlich über Hilfsführerstände auf den Heckseiten der Lastwagen sowie auf den Sanitätswagen. Die Höchstgeschwindigkeit der Rettungszüge beträgt 50 km/h. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf über fünf Millionen Schweizer Franken.
Unimog U 423 Hilfsfahrzeug für
städtische Verkehrsbetriebe mit Doppelkabine
Ebenfalls auf der Innotrans in Berlin stellte Mercedes-Benz ein Einsatzfahrzeug für städtische Verkehrsbetriebe vor. Der Unimog U 423 ist mit Zagro-Drehschemel-Schienenführung für sehr enge Kurvenradien, einer Doppelkabine der Firma Kronenburg mit Platz für bis zu sieben Personen sowie einem Zagro-Kofferaufbau zum Mitführen hydraulischer Aufgleisgeräte ausgestattet. Darüber hinaus stehen eine Frontzapfwelle für den Betrieb der hydraulischen Aufgleisgeräte sowie LED-Flutlichtstrahler mit separatem Batteriepaket zur Verfügung. Ein weiterer Vorteil des Unimog: Dank der verbauten Wandlerschaltkupplung und der damit verbundenen Erhöhung des Anfahrdrehmoments ist der 2-Wege Unimog in der Lage, ein wieder aufgegleistes Schienenfahrzeug abzuschleppen, auch bei engen Kurvenradien und den bei städtischen Verkehrsbetrieben häufig vorkommenden Steigungen.
Der Radstand wurde aufgrund des Platzbedarfes
für Doka und Kofferaufbau verlängert.
Bei diesem Fahrzeug wurde der bereits serienmäßig längste Radstand von 3.900 Millimeter auf 4.500 Millimeter verlängert, was im zur Daimler AG gehörigen Werk Customer Tailored Trucks (CTT), zuständig für spezielle Umbauten auf Kundenwunsch, durchgeführt wurde. Zum bewährten 2-Wege-Konzept des Unimog zählen der serienmäßige Allradantrieb mit Längssperre sowie separate Differenzialsperren in Vorder- und Hinterachse, die Singlebereifung und die Wandlerschaltkupplung für das Ziehen hoher Anhängelasten. Das Getriebe mit acht Vorwärts- und acht Rückwärtsgängen ermöglicht Geschwindigkeiten auf der Schiene bis zu 50 km/h in beide Richtungen. Mit EasyDrive ausgerüstet lassen sich die Arbeitsgeschwindigkeiten stufenlos von 0,1 bis 50 km/h einstellen. Zudem ist ein einfacher Wechsel zwischen hydrostatischem Fahrantrieb und mechanischem Getriebe während der Fahrt möglich.