Die Explosion der Rolandmühle im Bremer Holz- und Fabrikenhafen vor nunmehr über 40 Jahren war nur einer von vielen großen Brandeinsätzen, bei denen Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr Bremen beweisen konnten, wie wichtig die Zusammenarbeit von BF und FF in der Hansestadt ist. Vor knapp einem Jahr brannten im Industriehafen zehn Lagerhallen. Für besonders große Aufmerksamkeit auch über die Stadtgrenzen hinaus sorgte das Inferno direkt in der Bremer Altstadt. 2015 brannte das Kaufhaus Harms am Wall komplett aus. Hier findet Ihr die Feuerwehr-Magazin-Einsatzberichte zu den großen Bränden in der Hansestadt.
Text und Zusammenstellung: Christian Patzelt und Olaf Preuschoff
Bremen – An einem Dienstagmorgen im April 2020 brannten im Bremer Industriehafen zehn große Lagerhallen in voller Ausdehnung. Ein Mitarbeiter wurde bei dem Feuer schwer verletzt. Für die Bremer Feuerwehr, die neben den Kräften der Berufsfeuerwehr auch zahlreiche freiwillige Feuerwehren sowie das Feuerlöschboot entsandte, war vor allem die Größe des Feuers eine Herausforderung.
Erst am Nachmittag war das Feuer in der Louis-Krages-Straße unter Kontrolle. Es war am Morgen im Lager eines Holzhandels ausgebrochen. Betroffen waren zehn Lagerhallen, jede mit einer Grundfläche von 30 x 50 Metern. Zahlreiche Nachbargebäude konnten erfolgreich vor den Flammen geschützt werden, sieben Hallen konnten gehalten werden. Eine gigantische Rauchsäule war bis zu 35 Kilometer weit zu sehen. Insgesamt zehn Feuerwehren aus Bremen waren mit Löscharbeiten beschäftigt, so ein Sprecher der Feuerwehr.
2018 – Mega-Yacht in Schwimmdock ausgebrannt
Bremen – In der Nacht von Freitag auf Samstag brach ein Feuer auf einer Mega-Yacht in einem Schwimmdock der Lürssen-Werft in Bremen aus. Was folgte, war der “personell umfangreichste Feuerwehreinsatz der Nachkriegszeit in Bremen”, so Feuerwehrchef Karl-Heinz Knorr. Über 900 Kräfte kamen zum Einsatz. Erst nach zirka 66 Stunden konnte “Feuer aus” gemeldet werden. Vier Feuerwehrmänner wurden verletzt.
Am Freitagmorgen gegen 2 Uhr kam es zu dem Brand auf dem Schiff. Unverzüglich wurde die Notfallkette in Gang gesetzt, in deren Verlauf die im Dock arbeitenden Personen umgehend evakuiert und auf eine mögliche Rauchvergiftung untersucht wurden. Feuerwehren und Hilfskräfte wurden alarmiert. Das gesamte Gelände wurde geräumt und Personen aus der Gefahrenzone verbracht.
Für die Feuerwehr Bremen begannen somit 3 Tage im absoluten Ausnahmezustand: Neben den Kräften der sechs Berufsfeuerwehr-Wachen kamen auch 18 freiwillige Feuerwehren zum Einsatz an der Lürssen-Werft. Teilweise mussten die Kameraden mehr als 24 Stunden Wache der BF besetzen.
Bei der Brandbekämpfung in dem Schwimmdock unterstützten Feuerwehrleute aus den niedersächsischen Landkreisen Wesermarsch und Osterholz, die Werkfeuerwehr der Meyer-Werft in Papenburg (NI), Spezialisten aus Wilhelmshaven, Bremerhaven, Brunsbüttel (SH) und Hamburg die Feuerwehr Bremen. Das Technische Hilfswerk war mit Helfern aus Bremen, Hude und Jever vor Ort – unter anderem für das Ausleuchten der riesigen Einsatzstelle.
Die Brandbekämpfung an Bord stellte sich äußerst schwierig dar. So konnte die Hitze aus dem Neubau kaum entweichen. “Die brennende Yacht im Dock ist nur über Gerüste erreichbar, das erschwert die Löscharbeiten erheblich”, sagte Andreas Desczka, Sprecher der Feuerwehr Bremen. Insgesamt drei Decks der Luxusyacht waren betroffen. Das 200 Meter lange und 35 Meter hohe Dock selbst wurde ebenfalls stark beschädigt.
Bei der Mega-Yacht handelt es sich nach Recherchen des Weser-Kuriers um das Millionenprojekt “Sassi”, ein zirka 150 Meter langes Passagierschiff. Außerdem berichtet die Tageszeitung, dass Branchenkenner von einem Totalschaden ausgehen würden. Ein in etwa vergleichbares Schiff sei die “Topaz“, ebenfalls bei Lürssen gefertigt. Gemessen an ihrem Neuwert von über 300 Millionen Euro ist nun bei dem Brand von einem Schaden mindestens im hohen zweistelligen Millionenbereich auszugehen.
Zur Schadenhöhe und zur Brandursache konnte die Feuerwehr noch nichts sagen. Die Ermittlungen begannen am Montag mit Abschluss des Feuerwehreinsatzes. Auch die Redaktion des Feuerwehr-Magazins war durch den Großeinsatz indirekt betroffen. Weil die Freiwillige Feuerwehr Bremen-Neustadt bereits in der ersten Nacht für Brandbekämpfung, Verpflegung und Schadstoffmessungen alarmiert worden war, fehlten gleich zwei Mitarbeiter am darauffolgenden Tag an ihren Arbeitsplätzen. Nach 12-stündigem Einsatz durften sie erstmal schlafen gehen. Weitere Einsätze folgten dann am Wochenende.
2018 – Drei Tote bei Explosion in Bremen-Huchting
Eine Explosion zerstörte ein Wohnhaus in Bremen am 28. Juni vollständig. Drei Menschen verloren dabei ihr Leben.
Kurz vor 5 Uhr stand das Haus im Bremer Stadtteil Huchting nach der Explosion in Vollbrand. Zwei Nachbarhäuser fingen ebenfalls Feuer. Die alarmierten Einsatzkräfte konnten eine meterhohe Rauchsäule bereits aus einiger Entfernung sehen. Zwar ließen sich die Flammen schnell unter Kontrolle bringen, aber das explodierte Wohnhaus war vollkommen zerstört.
“So eine Explosion, die ein ganzes Haus niederreißt, ist sehr selten”, sagte Michael Richartz, Pressesprecher der Feuerwehr Bremen. Trümmerteile des Hauses flogen teils über große Distanzen und beschädigten umliegende Gebäude und Fahrzeuge. Die Druckwelle der Explosion zerbrach einige Fenster.
In dem bis auf die Grundmauern zerstörten Haus fand die Feuerwehr zwei Leichen. Vermutlich handelt es sich um die 41-jährige Bewohnerin des Hauses und ihren 7-jährigen Sohn. Im Nachbarhaus wurde eine 70-jährige Frau ebenfalls Opfer der Explosion.
2018 – Nach Carportbrand zwei Wohnhäuser zerstört
Am frühen Morgen des 10. März brach im Stadtteil Horn ein Feuer in einem Carport aus. Die Flammen griffen rasant auf die angrenzenden Wohnhäuser über. Ein Doppelhaus wurde zerstört, ein weiteres Haus stark beschädigt.
Gegen 3.30 Uhr erwachte ein Bewohner von ungewöhnlichen Geräuschen und bemerkte so den Carportbrand. Er weckte eilig seine Familie und die Nachbarn auf. Kurz darauf ging auch der Notruf bei der Feuerwehr Bremen ein. Weil sich das Carport zwischen zwei Wohngebäuden befand, alarmierte der Disponent in der Leitstelle direkt ein großes Kräfteaufgebot.
Fast zeitgleich trafen die Fahrzeuge der Feuerwache 2 und der Freiwilligen Feuerwehr Lehesterdeich ein. Die Bewohner hatten sich alle rechtzeitig ins Freie gerettet. Doch das Feuer hatte sich bereits ausgebreitet. Es war auf den Dachstuhl eines Doppelhauses übergelaufen. Die Feuerwehr begann sofort mit einem Löschangriff von Außen und Innen.
Kurz darauf trafen weitere Kräfte der Feuerwache 1 ein. Im Einsatzverlauf verstärkten die Freiwilligen Feuerwehren Borgfeld und Oberneuland das Aufgebot vor Ort. Die FF Neustadt rückte später mit dem Verpflegungszug an.
Die Brandbekämpfung stellte sich schwierig dar, weil sich die Flammen unterhalb der Dachpfannen bei beiden betroffen Wohngebäuden ausbreiteten. Die Dächer wurden über eine Drehleiter und mehrere tragbare Leitern von Einsatzkräften unter Atemschutz abgedeckt, damit die Flammen gezielt bekämpft werden konnten.
Erst gegen 9.45 Uhr war das Feuer gelöscht. Es entstand ein geschätzter Schaden von knapp einer halben Million Euro. Direkt nach Abschluss der Löscharbeiten übernahm die Kriminalpolizei Bremen die Ermittlungen zur Brandursache.
2017 – Reetdachhaus in Flammen
Ein Großbrand zerstörte ein reetgedecktes Wohnhaus in Bremen. Über 110 Kräfte bekämpften das Feuer. Nicht nur die enorme Brandausbreitung und die nicht ausreichende Wasserversorgung bereiteten der Feuerwehr Probleme. Der Einsatz war zudem belastend, weil der Betroffene ein Feuerwehrkamerad war.
Anfang September 2016 kam es zu einem Großfeuer auf der Mülldeponie in Bremen. Ein riesengroßer Holzstapel war in Brand geraten. Fast 2 Tage waren Berufs- und Freiwillige Feuerwehr im Einsatz, um den Brand zu löschen.
2015 – Flammeninferno in Bremer Altstadt
Selbst erfahrene Feuerwehrbeamte trauen ihren Augen nicht: Direkt im Stadtzentrum Bremens steht an einem Mittwochabend ein Kaufhaus in Vollbrand. Flammen breiten sich auf Nachbargebäude aus. Über 160 Einsatzkräfte bekämpfen das Feuer. Hunderte Schaulustige beobachten die Szenen. Eine denkwürdige Nacht in der Hansestadt.
“Seit 25 Jahren bin ich bei der Berufsfeuerwehr Bremen. Aber solch ein Großfeuer in eng bebauter Innenstadt mit einer derartig hohen Brandintensität habe ich noch nie erlebt“, betont Michael Steinbrink, Zugführer der Feuer- und Rettungswache (FW) 4. Am Mittwochabend, 6. Mai 2015, gehen um 21.40 Uhr zahlreiche Notrufe in der Bremer Feuerwehr- und Rettungsleitstelle ein. Die Anrufer berichten übereinstimmend, dass Flammen aus dem Kaufhaus Harms in der Altstadt schlagen. Disponent Harald Meyer eröffnet den Einsatz mit dem Stichwort B3, Feuer Gebäudekomplex. Meyer alarmiert ein Großaufgebot an Kräften von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr. Bei dem Brandobjekt handelt es sich um ein viergeschossiges Geschäftsgebäude mit ausgebautem Dachgeschoss.
Als erstes rücken das Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug (HLF) 20/16 und die Drehleiter (DLAK) 23/12 der FW 1 aus. Zugführer auf dem HLF ist Bela Renk. „Dass es etwas Größeres wird, haben wir bereits bei der Alarmierung an der Stimmlage des Disponenten erahnt“, erzählt der Zugführer. „Den Feuerschein und die starke Rauchentwicklung konnten wir wenige hundert Meter nach dem Ausrücken bereits sehen.“ Als das HLF sich dem Einsatzort in der Straße Am Wall nähert, gibt Renk die erste Rückmeldung: „Gesamtes Dachgeschoss brennt in voller Ausdehnung.“
Fast zeitgleich zum Löschzug 1 treffen das HLF 20/16 und die DLAK 23/12 der Wache 4 ein – mit Zugführer Steinbrink. Sofort bringen die Kräfte beide Drehleitern an der Vorderseite in Stellung und beginnen mit dem Aufbau einer Wasserversorgung. Währenddessen erreicht der Einsatzleitdienst Alexander Zawidzki den Brandort und übernimmt die Einsatzleitung. Im Minutentakt treffen weitere Kräfte der Wache 2 und der Freiwilligen Feuerwehr Neustadt ein. Während die Neustädter mit ihrem HLF vor dem Gebäude die Wasserversorgung mit aufbauen, fahren das HLF und die DLAK vom Löschzug 2 die Rückseite an.
Die Flammen breiten sich schlagartig aus. Zawidzkis Rückmeldung an die Leitstelle um 21.54 Uhr: „Gebäude steht im Vollbrand, Nachbargebäude zündet durch, weitere FF erforderlich.“ Bereits ausgerückt sind zu diesem Zeitpunkt die Freiwilligen aus Huchting mit ihrem LF. Harald Meyer löst den Alarm auch für die FF Arsten aus. Flammen bedrohen auf der Rückseite weitere Gebäude.
Auch hier schlagen Flammen aus den Fenstern aller Etagen. „Der Brand gewann schlagartig an Intensität“, erzählt Frank Lang, Zugführer der Wache 2. Er hält das nächste anrückende Neustädter LF direkt an. „Wir mussten hinten unbedingt eine dreifache Riegelstellung schaffen: zu beiden angrenzenden Gebäuden, aber auch zur gegenüberliegenden Bebauung. Die Wärmestrahlung war enorm“, berichtet der Zugführer 2.
Die Kräfte bringen einen Monitor und die DLAK mit dem Wenderohr in Stellung. Ein Feuerwehrmann mit Langzeitatmer steigt in den Drehleiterkorb und bedient das Wenderohr. „Außerdem nahmen wir ein C- und ein B-Rohr vor“, beschreibt Lang die ersten Maßnahmen. Vor dem Gebäude laufen gegen 22 Uhr Löschmaßnahmen über die Wenderohre von zwei Drehleitern, einen Monitor und zwei B-Rohre. In den beiden angrenzenden Gebäuden sind insgesamt drei Atemschutztrupps im Innenangriff eingesetzt. Sie versuchen, eine weitere Brandausbreitung zu verhindern. Die Dachstühle der beiden Häuser brennen lichterloh.
Um 22.03 Uhr trifft der Direktionsdienst Ronald Lengfeld ein, drei Minuten später erreicht Amtsleiter Karl-Heinz Knorr den Wall. Der Feuerwehrchef übernimmt die Einsatzleitung. Gleichzeitig rücken auf der Rückseite die beiden Löschfahrzeuge der FF Huchting an. So kann dort eine zweite Wasserversorgung aufgebaut werden. Die Kameraden nehmen ein weiteres B- und ein C-Rohr vor. Außerdem bereiten sie die Einspeisung für die Drehleiter der Feuerwache 5 vor, welche kurze Zeit später die Einsatzstelle erreicht.
Vier Einsatzabschnitte werden gebildet
Auf der Vorderseite kämpfen sich Einsatzkräfte immer wieder die erhebliche Steigung am Wall hoch – bepackt mit B-Schläuchen und C-Schlauchtragekörben. Denn das Brandobjekt befindet sich am höchsten Punkt der Straße. Hier unterstützen unter anderem die Kameraden der FF Arsten und der FF Strom. Sie erweitern die Wasserversorgung von zwei Seiten. „Trotz des massiven Löscheinsatzes war die Wasserversorgung aus Hydranten zu jedem Zeitpunkt sichergestellt“, erklärt Alexander Zawidzki.
Es bestehen zirka 30 Minuten nach Eintreffen der ersten Kräfte vier Einsatzabschnitte (EA):
Der EA 1 umfasst die zentrale Brandbekämpfung des Hauptgebäudes von der Vorderseite – im Außenangriff mit B-Rohren, einem Monitor und über eine DLAK. Ein Innenangriff kann nur – und auch nicht durchgehend – im Erdgeschoss geleistet werden. Abschnittsleiter ist der Einsatzleitdienst Alexander Zawidzki.
Bela Renk führt den EA 2. Aufgabe hier sind die Löscharbeiten im Dachbereich und die Riegelstellung zum angrenzenden Gebäude von vorne links.
Die Brandbekämpfung im Dachbereich und Riegelstellung zum angrenzenden Gebäude von vorne rechts bilden die Maßnahmen im EA 3. Den Bereich führt Michael Steinbrink.
Auf der Rückseite, zunächst der Abschnitt von Frank Lang, bestehen die Aufgaben in der Brandbekämpfung des Hauptgebäudes sowie der Riegelstellung zu allen anderen gefährdeten Objekten.
Die Führung hier übernimmt nach den ersten Maßnahmen der Direktionsdienst Lengfeld.
Der Gerätewagen Atemschutz (GW-A) steht direkt in der Anfangsphase am Einsatzort zur Verfügung. Um 22.24 Uhr erreicht der Einsatzleitwagen (ELW) 2 den Wall. Im Minutentakt folgen die freiwilligen Feuerwehrleute des Fernmeldedienstes. Die Kameraden bringen den ELW mit der Kennung 1/12-1 am Rand des Einsatzortes in Stellung. Sie unterstützen den Einsatzleiter und die anderen Führungskräfte vor allem in der Dokumentation des Einsatzes. Durch die Firma Wesernetz werden das Brandobjekt und die beiden direkten Nachbarhäuser strom- und wasserlos geschaltet. Von der Leitstelle aus werden Rundfunkdurchsagen veranlasst, um die Bevölkerung vor der starken Rauchentwicklung in der Innenstadt zu warnen.
Innensenator selbst vor Ort
Während die Einsatzkräfte unter großer Belastung die Löscharbeiten vorantreiben, säumen Schaulustige die Böschung zu den Wallanlagen. So wird der Park auf der gegenüberliegenden Seite der Straße Am Wall genannt. Gegen 22.40 Uhr verschafft sich Bremens Innensenator Ulrich Mäurer einen Überblick an der Einsatzstelle. „Als ich den Brandort erreicht habe, war ich von dem Ausmaß des Feuers wirklich geschockt“, betont der Senator. „Ich fand den Einsatz der Feuerwehr umso beeindruckender, weil er trotz des Brandumfangs zielgerichtet und ohne Hektik ablief.“
Stolz stimmt Amtsleiter Knorr zu: „Das war tatsächlich herausragende Feuerwehrarbeit und ein sehr effektives Zusammenwirken von FF und BF.“ Als weitere Unterstützung für den EA 1 treffen um 22.45 Uhr Kameraden der FF Blockland ein. Sie übernehmen ein B-Rohr im Außenangriff.
Trupps der BF und der FF Huchting gehen unter Atemschutz im Erdgeschoss des Brandobjektes vor. Weit können sie nicht eindringen, die Stockwerke über ihnen stehen noch in Flammen. Aber es gelingt ihnen, das Feuer im Erdgeschoss einzudämmen
Im linken Nachbargebäude kontrolliert ein Atemschutztrupp ständig die Wände zum Brandobjekt und steht mit einem C-Rohr bereit, um bei einem Durchbrennen direkt löschen zu können. Angriffstrupps bekämpfen im ständigen Austausch im gleichen Gebäude den Dachstuhlbrand. Die extreme Hitzeentwicklung macht den Trupps zu schaffen. „Viele Personen sind an ihre Grenzen gegangen, einige sogar darüber hinaus“, betont der Feuerwehrchef. „Zahlreiche Kräfte sind drei und vier Mal mit Atemschutz im Innenangriff gewesen.“ Um 23.17 Uhr alarmiert Harald Meyer auf Anforderung der Einsatzleitung die Versorgungseinheit der FF Neustadt. Einige Kameraden der Wehr werden mit einem Streifenwagen der Polizei mit Sonderrechten zurück zum Gerätehaus gebracht. Weitere Helfer fahren von zuhause den Standort an.
45-Meter-Mast von Daimler eingesetzt
In der Bekämpfung des Dachstuhlbrandes stellt sich die direkt vor dem Gebäude stehende DLAK 23/12 als nicht effektiv genug heraus. Nach einer Abstimmung mit dem Einsatzleitdienst und dem Zugführer 1 entscheidet Knorr, die Teleskopmastbühne (TMB) der Werkfeuerwehr Daimler anzufordern. Die TMB mit einer Rettungshöhe von 45 Metern trifft gegen Mitternacht am Einsatzort ein. Sie wird vor dem Gebäude in Stellung gebracht. Dafür müssen die Einsatzkräfte Schlauchleitungen umlegen und zeitweise das zweite HLF der Wache 2 versetzen.
Es ist 0.25 Uhr, als Amtsleiter Knorr die Rückmeldung gibt: „Feuer in der Gewalt, Dauer der Brandbekämpfung unbestimmt.“ Die Gefahr einer weiteren Brandausbreitung ist gebannt. Die Brandwände im linken Nachbargebäude halten stand. Weiterhin schlagen immer wieder Flammen aus dem Brandobjekt nach vorne raus. Zunehmend gefährlicher wird der Innenangriff für die Kräfte im Dachgeschoss des linken Komplexes. „Zwischendurch schien es häufig so, dass der Dachstuhlbrand nahezu gelöscht wäre“, erzählt Zugführer Renk. „Doch dann flammte der Bereich immer wieder massiv auf.“
Die Löscharbeiten am Wall werden mit dem gleichen Personalansatz fortgeführt. Zu diesem Zeitpunkt sind über 130 Feuerwehrkräfte vor Ort. Weitere knapp 30 Freiwillige besetzen gleichzeitig zwei BF-Wachen. Bereits kurz nach Brandausbruch sind die FF Lehesterdeich und die FF Seehausen alarmiert worden, um die Feuer- und Rettungswache 1 beziehungsweise 4 zu besetzen. Im weiteren Einsatzverlauf besetzt die FF Osterholz noch die Wache 3.
Auch für diese Einheiten folgen Einsätze. Im Stadtteil Findorff müssen sich die Lehesterdeicher Zugang zu einer leerstehenden Wohnung in einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus verschaffen. Darin piept ein Rauchmelder. Wie sich herausstellt, hat der Rauchmelder aufgrund der Rauchentwicklung durch den Großbrand ausgelöst. Die Osterholzer müssen während der Wachbesetzung mit der DLK der Wache 3 zu einer ausgelösten Brandmeldeanlage (BMA) des Einkaufskomplexes Berliner Freiheit im Stadtteil Vahr ausrücken. Am Einsatzort stellen die Kräfte fest, dass die Anlage aufgrund von Wasserdampf ausgelöst hat. Das Gebäude wird belüftet, die BMA wieder betriebsbereit geschaltet.
Am Wall können sich die Feuerwehrleute ab zirka 0.30 Uhr an der Versorgungsstelle mit Bockwürsten sowie kalten und warmen Getränken stärken. Zu diesem Zeitpunkt beginnt bereits die Planung der Ablösung für die Einsatzkräfte. Rund zwei Stunden später können die ersten Kräfte die Einsatzstelle verlassen.
Der stundenlange Einsatz erfordert zwei Ablösungen
Gegen 3.05 Uhr werden die Kräfte von Wache 2 durch Beamte der Wache 3 ersetzt. Die Kollegen der Wache 5 tauschen untereinander durch. Die HLF und DLAK bleiben an ihren Positionen stehen und in die Löscharbeiten eingebunden. Etwa zeitgleich rücken frische Kameraden an, um die eingesetzten Freiwilligen abzulösen. Zum Einsatz kommen die Wehren Burgdamm, Oberneuland, Lesumbrok und Grambkermoor. Die Ablösung findet während weiter andauernder Löscharbeiten statt. Nach wie vor wird auch der Dachstuhlbrand im linken Gebäude im Innenangriff bekämpft.
Insgesamt nimmt so auch der Austausch noch zirka 60 Minuten in Anspruch. Mittlerweile hat der frische Einsatzleitdienst Peter Fischer die Gesamteinsatzleitung übernommen. Zunächst entscheidet er, den Kräfteansatz in gleicher Stärke aufrecht zu erhalten. Die Feuerwehrleute setzen die Brandbekämpfung fort. Spürbar geht die Brandintensität zurück. Doch ein Ende ist auch gegen 6.45 Uhr nicht in Sicht. Zum Wachwechsel um 7 Uhr werden die eingesetzten Berufsfeuerwehr-Kräfte am Einsatzort ausgetauscht. Um auch die FF-Kameraden erneut ablösen zu können, alarmiert die Leitstelle die Einheiten aus Lehesterdeich und Seehausen. Sie haben erst drei Stunden zuvor die Wachbesetzungen aufgelöst. Doch beide Wehren zählen zu den neun tagesalarmsicheren FF. Dieser Zeitraum reicht von 7 Uhr bis 17 Uhr.
Unter der Führung von Einsatzleitdienst Stefan Warnken werden am Morgen verbleibende Glutnester gelöscht. „Immer wieder war an zwei Stellen des Daches noch Rauchentwicklung zu verzeichnen. Hier mussten die Nachlöscharbeiten weiterhin von einer Drehleiter und dem Gelenkmast erfolgen, weil das Dachgeschoss nicht begehbar war“, erzählt Warnken. „Weitere Glutnester befanden sich in einem schwer zugänglichen Zwischengeschoss und in dem verwinkelten Kellergeschoss. Diese Brandorte konnten nur im Innenangriff direkt angegangen werden.“
Am Vormittag fährt Warnken den Personalansatz runter. Für die FF Lehesterdeich und Seehausen ist gegen 10.45 Uhr Einsatzende. Die Nachlöscharbeiten werden nun von den Kräften der Wachen 1, 2 und 5 fortgesetzt. Bis in den Nachmittag wechseln sich die Beamten mit HLF und DLAK ab. Um 16.10 Uhr gibt der Zugführer 2 erstmals die Rückmeldung „Feuer aus“, muss sie aber zirka 30 Minuten später revidieren. Kurz nacheinander kommt es im ersten und im zweiten Obergeschoss zu weiteren kleinen Bränden.
Um 17.09 Uhr ist es dann wirklich soweit: Feuer aus, nach 19,5 Stunden. Die Einsatzstelle wird an die Polizei übergeben. Gegen 21.20 Uhr rücken HLF und DLAK der FW 1 nochmal zum Wall aus. Die Kräfte stellen bei einer umfassenden Revision fest, dass die Einsatzstelle tatsächlich kalt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt sind zirka 215 Feuerwehrleute zum Einsatz gekommen.
2014 – Flugzeugabsturz in Bremen – Halle geht in Flammen auf
In Bremen ist im Sommer 2014 ein einmotoriges Kleinflugzeug abgestürzt. Dabei handelte es sich um eine “Saab 91B Safir”. Das Flugzeug stürzte unmittelbar nach dem Start, ganz in der Nähe des Flughafens, auf das Gelände eines Autohauses im Stadtteil Huckelriede. An Bord saßen zwei Menschen. Beide sind bei dem Flugzeugunglück ums Leben gekommen.
Offenbar war die Maschine schon beim Start gegen 12.47 Uhr von der Startbahn 09 in eine Notlage geraten. Per Funk hatte die Besatzung unmittelbar nach dem Abheben eine Notsituation und eine sofortige Rückkehr zum Flughafen angekündigt. Zeugen wollen beobachtet haben, wie das Flugzeug schon beim Aufsteigen unnatürlich getrudelt sei. Die Ermittlungen zur Unfallursache durch die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung dauern an.
Nach dem Absturz, der auch vom Tower aus beobachtet worden war, gerieten das Flugzeug und eine Lagerhalle mit Autoreifen sowie abgestellte Pkw in Brand. Das Ausmaß des Unglücks hätte noch schlimmer sein können: Nur wenige Meter neben dem Absturzort befindet sich eine dichte Wohnbebauung. Eine bis in die Bremer Innenstadt sichtbare Rauchwolke stieg an der Unglücksstelle auf, mehrere Explosionen sollen zu hören gewesen sein.
Die Flughafenfeuerwehr rückte mit je zwei Flughafenlöschfahrzeugen und Führungsfahrzeugen aus und traf als erste Einheit am Unglücksort ein. Die Kräfte begannen sofort mit einer umfassenden Brandbekämpfung.
Großalarm für Feuerwehr und Rettungsdienst in Bremen
Von der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle wurden Einsatzkräfte aller sechs Berufsfeuerwehrwachen und die Freiwilligen Feuerwehren aus Neustadt und Seehausen zur Einsatzstelle entsandt. Der Fernmeldedienst der Freiwilligen Feuerwehr nahm mit einem Einsatzleitwagen eine technische Einsatzleitung in Betrieb, um den Einsatz vor Ort zu koordinieren. Die Einsatzleitung übernahm der Amtsleiter der Feuerwehr Bremen. Zeitgleich wurde auch ein Großaufgebot des Rettungsdienstes alarmiert, um die zunächst unklare Zahl an Verletzten gegebenenfalls versorgen zu können. Dazu gehörten der Organisatorische Leiter Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr, der Leitende Notarzt und Rettungsmittel aller Hilfsorganisationen in Bremen.
Die weiterführende Brandbekämpfung fand über mehrere Schaumrohre, unter anderem über zwei Drehleitern, statt. Um 14.31 Uhr meldete der Einsatzleiter das “Feuer in der Gewalt” und um 14.58 Uhr “Feuer aus”. Durch die Hitzeeinwirkung drohte das Lagergebäude nach Einschätzung eines Statikers einzustürzen.
Insgesamt waren 120 Einsatzkräfte mit 49 Fahrzeugen direkt am Einsatz beteiligt. Zur Sicherstellung der Gefahrenabwehr im Stadtgebiet wurden die Freiwilligen Feuerwehren aus Lehesterdeich und Blumenthal zur Besetzung der Berufsfeuerwehrwachen 1, 2, 5 und 6 alarmiert. Die alarmierten Rettungsmittel wurden zentral auf der Feuerwache 1 vorgehalten. Die Polizei brachte 150 Beamte zum Einsatz, die das Areal unter anderem auch großräumig absperrten.
2011 – Über 500 Einsätze nach Starkregen
Am 4. August 2011 flutete Starkregen die Hansestadt Bremen: Bis zu 45 Liter Wasser pro Quadratmeter in der Stunde konnten die Kanäle nicht verkraften. Die Feuerwehr rückte zu über 500 Einsätzen aus. Auch das Technische Hilfswerk leistete Unterstützung.
Als einige Freiwillige Feuerwehren gegen 7.25 Uhr alarmiert wurden, ahnte vermutlich keiner der Aktiven, dass sie etwa zehn Stunden im Einsatz sein würden. Zunächst rückten Kräfte der so genannten “tagesalarmsicheren Wehren” und ein Großaufgebot der Berufsfeuerwehr aus. Es galt Keller auszupumpen und Unterführungen zu räumen. Besonders stark betroffen waren der Innenstadtbereich sowie die Stadtteile Findorff, Walle, Schwachausen, Östliche Vorstadt und Neustadt.
Die FF Lehesterdeich musste ihre erste Einsatzfahrt zu einem vollgelaufenen Keller unterbrechen. In einer Unterführung in der Parkallee waren drei Fahrzeuge von Wasser eingeschlossen. Die jeweiligen Fahrer konnten die Pkw mit Unterstützung der Einsatzkräfte verlassen.
Auch andere Einsatzfahrten der Wehren stellten sich schwierig dar. In fast jeder Unterführung stand das Wasser meterhoch. Die Lehesterdeicher wählten dann einen anderen Weg in die Innenstadt. Sie pumpten am Vormittag unter anderem Wasser aus dem Keller des Amtssitzes der Senatorin für Finanzen. Hier war Wasser in die Fahrstuhlschächte und den Paternoster gelaufen.
Keine Pause für Einsatzkräfte
Die Telefone in der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle standen nicht mehr still. Ohne Pause disponierten die Beamten Einsätze und gewährten auch den Kräften maximal 30 Sekunden zum Verschnaufen zwischen dem Status “Einsatzbereit” und “Einsatzauftrag übernommen”. Während bei Aufträgen zum Kellerpumpen in der Vergangenheit zumeist 10 Zentimeter hohe Wasserstände gemessen worden waren, hatten die Einsatzkräfte es am Donnerstag häufig mit Wasserständen von 20 bis 30 Zentimeter zu tun.
Auch die Hauptfeuerwache Am Wandrahm war betroffen. Hier mussten ebenfalls Kellerräume mit Tauchpumpen und Wassersaugern ausgepumpt werden.
Als “punktuelles Phänomen” bezeichnete ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes die starken Regengüsse zentral über der Hansestadt. “So etwas habe ich noch nie erlebt”, betonte Feuerwehr-Sprecher Michael Richartz. “Es handelte sich nach unseren ersten Erkenntnissen um die höchste Zahl von Einsätzen im gleichen Zeitraum, die wir je hatten.” Erst am späten Abend, gegen 23 Uhr, entspannte sich die Lage.
2009 – Lagerhallenkomplex in Vollbrand
Das Einsatzstichwort lautet zunächst „brennende Einrichtungsgegenstände“. Doch letztlich zerstört der Brand einen Hallenkomplex von 400 mal 200 Meter Größe. Die Bremer Feuerwehr ist mit einem Großaufgebot im Einsatz. Wir berichten, wie es zu der ungeheuren Brandausbreitung gekommen ist.
Es ist Montag, der 26. Oktober 2009. Bei Nieselregen und leichtem Wind. Zwischen 9.45 Uhr und 10 Uhr werden die Wehren Blockland, Lehesterdeich, Neustadt, Schönebeck sowie der Fernmeldedienst zu einem Einsatz in den Industriehafen alarmiert. Schon während der Alarmfahrt sehen die Kräfte, dass es sich nicht um einen alltäglichen Brand handelt. Eine riesige Rauchwolke steigt über dem Hafengebiet hoch.
Um 9.32 Uhr ist der erste Notruf in der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle Bremen eingegangen. Ein Mitarbeiter des holzverarbeitenden Betriebes Finnforest hat einen Brand von Einrichtungsgegenständen gemeldet. Daraufhin entsendet der Disponent ein Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF) der Feuerwache 5 gemäß dem Einsatzstichwort „b1“. In den folgenden Minuten erreichen die Leitstelle rund 70 weitere Notrufe. Zudem meldet der Fahrzeugführer des HLF kurz nach dem Ausrücken eine starke Rauchentwicklung und fordert umfangreiche Verstärkung an.
Beim Eintreffen der ersten Kräfte brennt bereits ein Brandabschnitt eines 400 mal 100 Meter großen Hallenkomplexes. Getreide, Holzpellets, zwei Traktoren sowie eine Mischanlage stehen in Flammen. Das Tonnendach fängt Feuer.
Andreas Köhler von der Feuerwehr Burgdamm arbeitet zu der Zeit im Hafengebiet und beobachtet die Brandausbreitung. „Ich habe zuerst im Augenwinkel eine leichte Rauchentwicklung gesehen und hörte von weitem ein Löschfahrzeug anrücken“, berichtet Köhler. „Binnen zwei Minuten entstand eine riesige Rauchwolke und Flammen schlugen aus der Halle.“
Alarmierungen im Minutentakt
Gleich nach der Rückmeldung vom erstausgerückten HLF hat die Leitstelle den Einsatzleitdienst (ELD), ein weiteres HLF, ein Tanklöschfahrzeug TLF 24/50, eine Drehleiter, einen Gerätewagen-Atemschutz, ein Feuerlöschboot sowie einen Rettungswagen alarmiert. Unmittelbar danach wird auch der Direktionsdienst verständigt.
Im Minutentakt gehen weitere Alarmierungen raus an:
ein TLF 24/50;
das Wasserfördersystem;
zwei Drehleitern;
ein Rettungswagen;
einen Abrollbehälter Schlauch.
Die Freiwilligen Feuerwehren rücken im ersten Abmarsch mit fünf Löschgruppenfahrzeugen (LF), dem Lehesterdeicher Anhänger mit Schaum-Wasser-Werfer sowie mehreren Personen des Fernmeldedienstes aus. An der Einsatzstelle übernehmen die Fernmelder die Technische Einsatzleitung, die von Feuerwache 2 angerückt ist. Um 9.52 Uhr bestätigt Ulrich Fincke, als Einsatzleitdienst vor Ort, in seiner Rückmeldung: „Es brennen drei Hallen in voller Ausdehnung.“ Nur sechs Minuten später meldet er: „Feuerüberschlag über eine Brandwand hinweg, weitere Ausbreitung möglich.“
„Begünstigt durch den starken Südwest-Wind breitet sich das Feuer sehr rasch über das Dach bis zum Bereich A1 aus“, berichtet Rolf Büsching, der als Direktionsdienst um 9.59 Uhr die Einsatzleitung übernimmt. „Ganz wichtig war es anfangs, das Übergreifen des Feuers auf ein angrenzendes Bürogebäude und eine weitere Lagerhalle zu verhindern.“
Ein Innenangriff ist aufgrund der Einsturzgefahr schon nicht mehr möglich. Die Kräfte der Feuerwache 5 haben einen Außenangriff mit zwei Monitoren und zwei Hilfsmonitoren eingeleitet sowie mit einem Wenderohr über eine Drehleiter eine Riegelstellung zu einer Brandwand aufgebaut. Die nachrückenden Einsatzkräfte kühlen zunächst einen 2.500-Liter-Dieseltank in unmittelbarer Nähe der Hallen.
Die Freiwilligen Feuerwehren Lehesterdeich und Blockland unterstützen die BF beim Aufbau einer Wasserversorgung und verstärken die Riegelstellung zu nebenstehenden Gebäuden. „Es war beeindruckend, wie die brennenden Teerpappenteile durch die Luft flogen“, beschreibt Heiko Lürssen, Wehrführer der FF Lehesterdeich, seinen ersten Eindruck. „Wie ein abbrennendes Feuerwerk“
Zur Löschwasserversorgung dient zunächst das städtische Hydrantennetz. Kurz nach 10 Uhr bringt die FF Neustadt das Wasserfördersystem in Stellung – bestehend aus einem Motorpumpenaggregat, einer hydraulischen Tauchpumpe mit Schwimmkörper sowie F-Druckschläuchen und entsprechenden Armaturen. Dadurch wird die Einsatzstelle mit 5.000 Liter Wasser in der Minute bei 8 bar versorgt. Über drei B-Stern-Verteiler mit je fünf Abgängen speist das Wasserfördersystem Monitore und Tanklöschfahrzeuge ein. Trotz der umfassenden Löschmaßnahmen kann die Feuerwehr eine Brandausbreitung nicht verhindern. „Das Feuer breitet sich über die Dachkonstruktion aus“, erzählt Büsching. „Die Brandwände sind fast ohne Wirkung.“
Bahndamm in Flammen
Zudem gerät durch den Funkenflug die Böschung eines nahe gelegenen Bahndammes in Brand. Umgehend veranlasst der benachrichtigte Notfallmanager der Deutschen Bahn die Sperrung der Gleise für die Dauer der Löscharbeiten – auch aufgrund der Sichtbehinderung durch den Brandrauch. Speziell dafür alarmiert die Leitstelle die FF Schönebeck aus Bremen-Nord mit dem Einsatzstichwort „Böschungsbrand“. Dieses Feuer jedoch löscht die FF Lehesterdeich, sodass die Schönebecker direkt mit in den Großeinsatz eingebunden werden können. Fast ohne Unterbrechung muss die Leitstelle weitere Einsatzkräfte und -mittel zur Louis-Krages-Straße entsenden. Darunter sind unter anderem:
Kräfte der FF Timmersloh und Blumenthal mit zwei Tanklöschfahrzeugen und zwei Löschfahrzeugen;
die Versorgungsgruppe der FF Neustadt mit dem Gerätewagen-Versorgung und dem Abrollbehälter-Betreuung;
Kameraden der FF Neustadt mit einem Abrollbehälter-Schaummittel;
der Fachberater GSG (Gefährliche Stoffe und Güter) mit dem Einsatzleitwagen Umweltschutz;
die ABC-Einheiten Blumenthal und Neustadt mit zwei Messfahrzeugen.
Auch Bremens Leitender Branddirektor Karl-Heinz Knorr verschafft sich frühzeitig vor Ort einen Überblick über die Lage.
Wasser aus allen Rohren
Um 11.05 Uhr trifft das Bremer Feuerlöschboot ein. Nach dem Aufbau der B-Schlauchleitungen fördern die Pumpen des Bootes 15.000 Liter Wasser pro Minute an und in die Einsatzstelle. Das Löschboot speist alleine sechs Monitore: zwei feste Monitore auf dem Boot, zwei mobile Monitore sowie zwei TLF-Monitore. Damit sind jetzt ein C-Rohr, sieben B-Rohre, zwei Hilfsmonitore, sechs Monitore, drei Drehleiter-Wenderohre sowie vier TLF-Monitore für den massiven Löschwassereinsatz und die Riegelstellung zu den nebenstehenden Gebäuden eingesetzt.
„Die Löschfahrzeuge waren fast ausverkauft“, sagt Feuerwehrsprecher Michael Richartz. Vorsorglich hat die Einsatzleitung bereits gegen 10 Uhr den Abrollbehälter-Schlauch von Feuerwache 6 und somit weitere 2.000 Meter Schlauchmaterial an die Einsatzstelle beordert.
Für die bessere Aufgabenverteilung hat die Feuerwehr Bremen drei Einsatzabschnitte gebildet. Den Brandabschnitt „Wasserseitig“ übernimmt der Einsatzleitdienst, den Brandabschnitt „Landseitig“ der Direktionsdienst. Zusätzlich leitet der Fachberater GSG den Bereich „Messen“. Die FF Blumenthal und Neustadt sowie die BF führen Messungen bezüglich der Schadstoffbelastung des Brandrauches durch – an der Einsatzstelle und im Stadtteil Gröpelingen. „Wir haben an einer Stelle eine erhöhte Konzentration an Salzsäure nachgewiesen, die über dem zulässigen Wert an Arbeitsplätzen lag“, berichtet Feuerwehr-Chef Knorr gegenüber Radio Bremen. „Wir wollten einfach niemanden einem Risiko aussetzen.“ Die Polizei fährt daraufhin durch die Wohngebiete und fordert die Bewohner auf, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Auch Radio-Meldungen weisen auf die Schadstoffbelastung hin.
Zur Erkundung abgehoben
Gegen Mittag zeigt der massive Löschwassereinsatz seine Wirkung. Um 12.53 Uhr ist das „Feuer in der Gewalt“. Kurz danach bekommt ELD Ulrich Fincke einen besonderen Blick über die Einsatzstelle. Er hebt mit dem ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 6 ab und betrachtet den Bereich von oben. „Aus der Luft war das ganze Ausmaß des Brandes zu erkennen“, erzählt Fincke. „Die Hallendächer lagen in Schutt und Asche. In der ersten Halle konnte ich deutlich zwei große Brandherde erkennen.“ Der Erkundungsflug führt ihn bis weit über Bremens nordöstliche Grenze hinaus. „Der Rauch zog fast bis Neu St. Jürgen“, sagt Fincke. Das liegt über 20 Kilometer weit entfernt vom Einsatzort. Wegen des Brandrauches informiert die Bremer Leitstelle die Kollegen des Landkreises Osterholz (NI).
Erst am frühen Nachmittag nimmt die Rauchentwicklung ab. Die Feuerwehr bekommt den Brand mehr und mehr in Griff. Die Riegelstellung zu den Nachbargebäuden kann reduziert werden.
Zwei Statiker vom Bauordnungsamt geben vor Ort ihre Einschätzung ab, welche Gebäudeteile weiterhin einsturzgefährdet sind. Die Rückmeldung lautet: die Stirnwand Wasserseite muss um vier Meter abgetragen und die Doppel-T-Träger in dem Bereich müssen entfernt werden.
Ohne FF ging es nicht
Mit firmeneigenen Radladern und Geräten des Technischen Hilfswerks wird das Brandgut umgeschichtet und durch Feuerwehrkräfte gezielt abgelöscht. Als erste Ablösung bei den freiwilligen Feuerwehren rückt die FF Farge gegen 16.30 Uhr an.
Für die fortführenden Löscharbeiten kommen die Wehren Grambkermoor, Lesumbrok, Huchting, Strom und Borgfeld zum Einsatz. Zusätzlich besetzen rund um die Uhr mindestens zwei Fernmelder die Technische Einsatzleitung. Die FF Schönebeck löst am frühen Abend die FF Neustadt beim Wasserfördersystem ab. Dafür bleibt die Versorgungseinheit der Neustädter bis in die Nacht an der Einsatzstelle und gibt Suppe, Würstchen und Getränke an die Kräfte aus.
„Im anfänglichen Einsatzverlauf sind direkt sechs Feuerwehren mit Löschfahrzeugen, Wasserwerfern und Tanklöschfahrzeugen eingesetzt worden“, betont FF-Bereichsführer Marcus Schleef. „Im Verlaufe des Einsatzes unterstützten weitere neun Wehren die Arbeit vor Ort und nahmen diverse Sonderaufgaben wahr: Fernmeldedienst, Wasserfördersystem, Versorgung, Schadstoff-Messungen.“
Um 4.05 Uhr in der Nacht zum Dienstag gibt der Einsatzleitdienst dann die Rückmeldung „Feuer aus“. Am nächsten Morgen beginnen die Abbrucharbeiten, mit Unterstützung eines Longfront Baggers der Firma Heitmann (Abrissbagger mit extralangem Arm). Immer begleitet von einer Brandwacht, bestehend aus einer HLF-Besatzung der Berufsfeuerwehr und mindestens einer Staffel einer FF. Zunächst ist die FF Vegesack im Einsatz, als Ablösung rücken erneut die Lehesterdeicher an. Die Kräfte kommen auch tatsächlich noch mal zum Einsatz. Gegen 14 Uhr flackern vier Glutnester auf, die mit drei C-Rohren schnell abgelöscht werden.
Direktionsdienst Rolf Büsching kann die Leitstelle schließlich um 17 Uhr informieren, dass die Einsatzstelle „kalt“ ist. Die Mannschaft vor Ort nimmt Geräte und Material zurück und räumt nach und nach das Gelände. Die FF Huchting erhält noch einen Spezialauftrag. Die Kameraden bestücken gemeinsam mit Kräften der Feuerwache 4 das Feuerlöschboot mit Material, um dessen Einsatzbereitschaft wieder herzustellen.
Die Überprüfung der Einsatzstelle übernehmen die Kräfte von Feuerwache 5. Bei einer Kontrolle um 21.29 Uhr müssen sie noch mal ein C-Rohr zum Löschen eines Glutnestes vornehmen. Das Prozedere wiederholen die Feuerwehrbeamten dann noch mal am folgenden Tag gegen 19 Uhr. Zwischendurch begleitet die Feuerwehr die Abrissarbeiten. Am Mittwoch um 22.16 Uhr meldet der Zugführer von Wache 5 den Einsatzabschluss.
Zwei Feuerwehrleute leicht verletzt
Der Einsatz war sowohl personell, mit insgesamt etwa 300 Einsatzkräften über zweieinhalb Tage verteilt, als auch vom Material her sehr umfangreich. Neben den bereits aufgeführten Pumpen, Monitoren und Rohren setzte die Feuerwehr große Mengen an Gerätschaften ein:
10 F-Schläuche,
250 B-Schläuche,
53 C-Schläuche,
15 Verteiler,
80 Atemschutzgeräte.
Bei dem Einsatz erlitt ein Feuerwehrbeamter eine leichte Rauchgasvergiftung und eine Kameradin der FF Lehesterdeich eine Bänderdehnung. Beide mussten mit Rettungswagen in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht werden.
Trotz aller Umstände sprach Pressesprecher Michael Richartz in Bezug auf den Großeinsatz von „Glück im Unglück“. „Wenn die Hallen komplett befüllt gewesen wären, hätten wir da tagelang was von gehabt“, so Richartz. „Auch der Schutz der Nebengebäude wäre ein großes Problem geworden.“ Aber auch so entstand ein Schaden von rund 14 Millionen Euro. „Die Brandlast in den Hallen war dennoch sehr hoch. In Kombination mit dem Wind breitete sich das Feuer rasend schnell aus“, ergänzt Richartz. „Aber die Gefahr für die Einsatzkräfte und umliegende Gebäude hätte eben noch weitaus größer sein können.“
2008 – 11 Tage im Einsatz bei Silobrand
Feuer in einem Kraftwerk in Bremen. Ein Schwelbrand und mehrere Explosionen zerstören ein Kohlesilo. Immer wieder tauchen neue Probleme auf. So dauert der Einsatz 11 Tage.
Es ist Sonntag, der 12. Oktober 2008. Um 10.44 Uhr läuft in der Schaltwarte des Kraftwerkes im Bremer Stadtteil Hastedt die Brandmeldeanlage auf: Rauchentwicklung oberhalb von Kohlesilo 4. Das Personal der swb AG (vormals Stadtwerke Bremen) erkundet und meldet der Feuerwehr Bremen um 10.56 Uhr einen „Schwelbrand im Kohlesilo“. Das bedeutet für die Feuerwehr- und Rettungsleitstelle: Einsatzeröffnung unter Einsatzstichwort „B2“, unklare Feuermeldung. Die Beamten alarmieren den Löschzug der BF-Wache 2, bestehend aus zwei Hilfeleistungslöschfahrzeugen und einer Drehleiter, den Einsatzleitdienst (ELD), einen Rettungswagen, den Gerätewagen-Atemschutz und die FF Bremen-Arsten.
Der Löschzug der Feuerwache 2 trifft um 11.03 Uhr an der Einsatzstelle ein, unmittelbar gefolgt vom ELD. Die erste Rückmeldung lautet: Rauchentwicklung im Bereich der Kohleverteilungseinrichtungen oberhalb der Silos 1 bis 4, Schwelbrand im Silo 4. Darin lagern nach Angaben des Kraftwerkbetreibers 2.677 Tonnen Kohle. Das entspricht rund 220 voll beladenen Güterwaggons. Das Silo hat einen Durchmesser von rund 17 Metern und ist 32 Meter hoch.
„Eine Selbsterwärmung von Kohle in einem Silo ist nichts Ungewöhnliches“, erklärt Oliver Iden, als Direktionsdienst der Feuerwehr Bremen und später Gesamteinsatzleiter vor Ort. „Eingelagerte Kohle neigt unter bestimmten Lagerungs- und weiteren äußeren Einflüssen zur Selbsterwärmung. Bei Erreichen hoher Temperaturen kann ein Schwelbrand entstehen. Der zeitliche Verlauf des Erwärmungsprozesses hängt hierbei von vielen Faktoren ab – unter anderem die Zusammensetzung der eingelagerten Kohle.“
Mehrere Trupps mit Atemschutzgeräten und C-Rohren bauen eine Riegelstellung im Bereich der Kohleverteilbänder auf. Zur Schwelbrandbekämpfung aktiviert die Feuerwehr die ortsfeste Schaumlöschanlage, so wie es die betrieblichen Notfallplanungen vorsehen. Diese beschäumt die Kohle im Silo 4. Parallel führt die Feuerwehr kontinuierlich Schadstoff-Messungen im Umfeld des Kohlesilos durch. Die Werte weisen auf keinerlei bedenkliche Schadstoffe oder eine explosionsfähige Atmosphäre hin.
Brennendes Silo wird geleert
Um 17 Uhr beginnt die Entleerung des brennenden Silos. Mittels Extromaten, einem speziellen Siloaustragesystem, und Auslauftrichter gelangen bis zu 180 Tonnen pro Stunde auf den mit einer Sprühwasserlöschanlage versehenen Förderbändern ins Freie. „Wir entleeren das Silo, bis wir die im Siloinneren vermuteten Schwelbrandnester erreichen, um diese Kohle dann ebenfalls kontrolliert austragen zu können. Die Kohle wird dann an einem Zwischenlagerplatz abgelöscht“, beschreibt Iden den Vorgang. Diese Vorgehensweise ist bereits bei ähnlichen Ereignissen in der Vergangenheit sicher durchgeführt worden.
Im Laufe des Sonntags beginnt die Rotation der BF-Löschzüge und der eingesetzten freiwilligen Feuerwehren, da über den gesamten Zeitraum der Siloentleerung eine Brandwache notwendig ist. In den folgenden Tagen werden die Kräfte vor Ort alle sechs bis acht Stunden abgelöst. Rund um die Uhr sind durchschnittlich 26 Feuerwehrleute vor Ort – mindestens ein Löschzug der BF und eine Staffel einer freiwilligen Feuerwehr. Zudem der Direktionsdienst und der Einsatzleitdienst. „Auch wenn die tatsächlich anwesende Stärke je nach aktueller Lage schwankte, bedeutete dies eine sehr große personelle und organisatorische Herausforderung. Alle 18 Wachabteilungen der Berufsfeuerwehr, 19 von 20 freiwilligen Feuerwehren und der Fernmeldedienst waren in diesen Einsatz eingebunden“, berichtet Karl-Heinz Knorr, Bremens Leitender Branddirektor. Bis zum Montagmorgen (13. Oktober) deutet nichts darauf hin, dass sich die Lage im weiteren Einsatzverlauf verschärfen könnte.
Mehrere Explosionen verschärfen die Lage
Am Montagmorgen kommt es um 7.15 Uhr plötzlich zu einer Explosion. Die Einsatzkräfte gehen in Deckung. „Wir hörten ein lautes dumpfes Grollen. Danach war die komplette Silodecke weg“, berichtet Jens Spriewald von der FF Bremen-Blumenthal. Die Freiwilligen sind kurz vorher gegen 7 Uhr im Kraftwerk eingetroffen. Ihre Aufgabe lautet, als Ablösung für einrückende Einsatzkräfte gemeinsam mit dem Löschzug der Feuerwache 2 den Kohleaustrag zu überwachen.
Sämtliche Kohleverteilbänder und die Schaumlöschanlage oberhalb des Silos werden durch die Explosionsdruckwelle zerstört. Trümmerteile beschädigen auch die nebenstehende Kohleförderanlage. Grund der Explosion: Durch den fortgeschrittenen Schwelbrand haben sich Schwelgase im Freiraum oberhalb der Kohleschicht angesammelt, angereichert und vollkommen unbemerkt eine Ex-Atmosphäre geschaffen. Das Problem: Die Feuerwehr hat bis dahin nicht einschätzen können, welche Brandintensität im Inneren des Silos vorgeherrscht hat.
Die Explosion zieht keinen Folgebrand nach sich. Dennoch werden Einsatzkräfte nachgefordert, um vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen zu treffen:
Kühlmaßnahmen der Außenwände durch drei Wasserwerfer,
erweiterte messtechnische Überwachung unter Einsatz mehrerer CO- und Ex/Ox-Messgeräte und
Aufbau einer umfassenden Löschwasserversorgung.
Kurz nach der Explosion alarmiert die Leitstelle auch den Fernmeldedienst der Feuerwehr Bremen, bestehend aus Aktiven der Freiwilligen Feuerwehren. Die Kameraden stellen vor Ort die technische Einsatzbereitschaft des Einsatzleitwagens 2 für die Einrichtung der Technischen Einsatzleitung her.
Die Verantwortlichen der Feuerwehr Bremen bilden mit den Anlagenzuständigen der swb einen Krisenstab. „Die Explosion war für uns ein Knackpunkt im Einsatzverlauf“, berichtet Marlene Odenbach, swb-Pressesprecherin. Die Verantwortlichen entscheiden sich unter Einsatz eines Abrissbaggers, eine Entleerungs- und Expansionsöffnung zu schaffen. So kann zum einen die Kohle abgetragen und in kleineren Mengen abgelöscht werden. Des Weiteren dient die Öffnung auch als Gegenmaßnahme zur Wärmeausdehnung. Vor dem Einsatz des Baggers fahren swb-Kräfte zur Überwindung der Höhenunterschiede mit Radladern eine zirka sechs Meter hohe Rampe auf. Die Feuerwehr entleert zunächst über den Extromat weiterhin das Silo.
Einsatzleiter Iden erklärt, warum die Feuerwehr den Schwelbrand nicht mit Löschwasser bekämpft: „Uns erschien das Risiko zu groß. Wir wollten nicht mit Löschmitteln experimentieren. Gerade der Einsatz von Löschwasser erzeugt in Silos mit brennender Kohle gefährliche Reaktionen.“
In der Nacht zum Dienstag wird das Förderband durch den dauerhaften Betrieb und die thermische Belastung zerstört. Einsatzkräfte löschen den hier entstandenen Brand. Gegen 4.30 Uhr trifft der Spezialbagger ein und wird in Stellung gebracht. Dann der nächste Rückschlag. Um 12 Uhr kommt es wieder zu einer starken Explosion. Diesmal ist unterhalb des Silos eine Ex-Atmosphäre entstanden. Unter dem Schaumteppich hat sich die Pyrolysegasentwicklung fortgesetzt. „Aufgrund der Druckverhältnisse konnten die Pyrolysegase nicht mehr nach oben entweichen, sondern strömten entgegen der natürlichen Abströmrichtung durch die Kohleschicht nach unten und traten unbemerkt durch die Extromatenöffnung aus“, erklärt Oliver Iden. „Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Wasseranteil aus dem Schaum zusätzlich zu einer Wassergasentstehung geführt hat.“ Trümmerteile stürzen herab und zerstören unter anderem einen Überflurhydranten. Dadurch wird die Löschwasserversorgung lahm gelegt, weil der Hydrant nicht separat abgeschiebert werden kann. Die Einsatzkräfte verlegen die Schlauchleitungen zum bereits nachgeforderten Feuerlöschboot. Ab jetzt kommt das Löschwasser aus der Weser. Die Feuerwehrleute haben großes Glück – niemand wird verletzt.
Dienstag, 14 Uhr. Die swb entschließt sich nach Beratung mit der Feuerwehr, den Kraftwerkblock 15 komplett abzuschalten. Erhöhte CO-Werte führen dazu, dass der betroffene Kraftwerkblock geräumt und abgeschaltet werden muss. „Hierdurch entstanden keine Auswirkungen für die Energieversorgung der Stadt“, versichert Odenbach. „Wir haben in der Zwischenzeit die ausbleibende Energie von anderen Anbietern dazugekauft.“
Ex-Gefahr in Silo 1
Die Lage spitzt sich zu. In Silo 1 lagern weitere 3.400 Tonnen der gleichen Lieferung wie in Nummer 4. Messtechnische Prüfungen bestätigen den Verdacht, dass auch in Silo 1 eine erhöhte Schwelbrandgefahr besteht. Zudem befinden sich in Silo 2 noch einmal 3.400 Tonnen und in Silo 3 weitere 1.200 Tonnen Steinkohle mit einer Zündtemperatur von zirka 250 Grad Celsius. Für die Feuerwehr ist jetzt klar: Wir müssen alle Silos zunächst gegen die Wärmestrahlung schützen und dann leeren. In den Übergangsbereichen bauen die Einsatzkräfte Sandsackbarrieren als Dämmschutz gegen Durchzündungen auf. Zur Entleerung werden provisorische Bandförderstrecken unterhalb der Silos eingerichtet.
Wegen der sich anbahnenden Ex-Gefahr wird durch Förderschläuche von oben Argon-Gas in Silo 1 geleitet. Durch die sogenannte Inertisierung verhindert die Feuerwehr den befürchteten Schwelbrandverlauf. „Argon ist schwerer als Luft, durchdringt das Silo nach unten hin und verhindert somit, dass sich oberhalb des Silos eine zündfähige Schwelgas-Luftgemisch bildet“, erläutert Iden.
In den folgenden fünf Tagen stellt sich die Einsatzlage sehr komplex da:
Der Abrissbagger schafft die Entleerungsöffnung in Silo 4. Dies ist sehr zeitintensiv.
Unter kontinuierlicher Beigabe von Argon genießt die Entleerung von Silo 1 oberste Priorität.
Nach dem gleichen Prinzip wird auch die Kohle aus den Silos 2 und 3 ausgefahren, um eine Schwelbrandenstehung durch die Wärmestrahlung aus Silo 4 zu vermeiden.
Ein Longarm-Bagger setzt den Kohleaustrag aus Silo 4 fort. Zwei Monitore kühlen zusätzlich von unten die Außenwände. Die ausgetragene Kohle wird an dem Zwischenlagerplatz mit Straßenwalzen gewalzt und mit Wasser abgelöscht. Mittlerweile dauert der Einsatz schon eine ganze Woche. „Für die Freiwilligen wurde der Einsatz mit zunehmender Dauer logistisch problematisch“, sagt Marcus Schleef, Bereichsführer für die FF in Bremen. „Nur acht Wehren sind in der Tagesalarmierung, sprich von 7 bis 17 Uhr verfügbar. So wurde die Rotation am Tage zu einer ständigen Absprache innerhalb der Feuerwehr, aber auch mit den Arbeitgebern. Zudem sicherten die Fernmelder den Betrieb der TEL – trotz Personalmangels rund um die Uhr mindestens zu zweit.“
Jetzt hilft nur der massive Löschwassereinsatz
Am zweiten Montag, acht Tage nach Einsatzbeginn, werden durch den Bagger gegen 18 Uhr große Schwelbrandnester freigelegt. Aufgrund der Sauerstoffzufuhr nimmt die Brandintensität zu. Das ist der „point-of-no-return“, die direkte Konfrontation mit dem Schwelbrand. Zu dem Zeitpunkt befinden sich noch rund 700 Tonnen Steinkohle im Silo 4. Sofort werden die Baggerarbeiten gestoppt. Der Einsatzleiter entscheidet sich für einen massiven Löschwassereinsatz und fordert Verstärkung an. Unter anderem den Abrollbehälter-Wasserförderung. Dieses Wasserfördersystem besteht aus einem Duocontainersystem. Der eine Container beinhaltet die Pumpe, während in dem anderen die not-wendigen Gerätschaften und Schläuche zur Wasserförderung gelagert sind. Durch F-Druckschläuche werden 5.000 Liter Wasser in der Minute bei 4,5 bar bis hin zur Einsatzstelle gefördert. Zur Wasserentnahme aus der Weser dient eine hydraulische Tauchpumpe mit Schwimmkörper. In der Nacht bedient nun die FF Neustadt diese Einheit. Am frühen Morgen löst die FF Schönebeck die Neustädter ab.
Jetzt gilt es: Brandbekämpfung mit Wasser im maximalen Umfang. Über fünfzig Feuerwehrleute sind im Einsatz. Dafür setzen die Kräfte zwei Wasserwerfer auf Tanklöschfahrzeug (TLF) 24/50, einen Wasserwerfer auf TLF 20/40, drei Wasserwerferanhänger und zwei Monitore ein. Der Teleskopmast der Werkfeuerwehr Mercedes-Benz rückt an und löscht von oben mit einem weiteren Monitor. Zeitweise fließen 20.800 Liter Löschwasser in der Minute – gefördert durch Feuerlöschboot und Wasserfördersystem.
Es kommt bis kurz vor Mitternacht immer wieder zu Wassergas- und Schwelgasverpuffungen. Doch die Löschmaßnahmen greifen und die Brandintensität geht gegen 23 Uhr zurück. Große Mengen Löschwasser dringen durch die Kohleschicht und bilden unterhalb ein Wasserpolster. Das Wasser kühlt die schwelende, erhitzte Kohle von unten. Das von oben durchsickernde Löschwasser entzieht dem Brand durch Verdampfen die Wärmeenergie. Um 1.10 Uhr ist das „Feuer in der Gewalt“, es sind keine offenen Flammen mehr erkennbar, die Dampfentwicklung geht zurück.
Am Dienstagmorgen werden die Baggerarbeiten fortgesetzt. Zwischenzeitlich unterbrechen die Feuerwehrleute den Kohleaustrag mit Löschwassereinsätzen. Das ganze in einem Zwei-Stunden-Modus. Keine Zwischenfälle mehr, Aufatmen bei Oliver Iden und den Verantwortlichen der swb. Am Mittwoch, dem 22. Oktober, nach rund 243,5 Einsatzstunden heißt es endlich: „Feuer aus!“
11 Tage im Einsatz. Das schweißt zusammen. Marlene Odenbach spricht von einer „partnerschaftlichen Zusammenarbeit“ von swb und Feuerwehr. Ein Beispiel dafür: Die Verpflegung der Einsatzkräfte. In den ersten beiden Tagen kommt der Versorgungszug der FF Neustadt zum Einsatz. Danach sorgt die swb für Getränke und Essen.
„Wir haben in der Tat viel Erfahrung gewonnen und dabei bei den Explosionen auch das nötige Quentchen Glück gehabt: Trotz erheblicher Sachschäden gab es keine verletzten Einsatzkräfte bei Feuerwehr und swb. Gemessen daran sind Materialverluste nachrangig und verkraftbar, auch wenn sie sich auf rund 50.000 Euro summieren“, lautet die Bilanz von Bremens Feuerwehrchef Karl-Heinz Knorr. Der Schaden für die swb beträgt schätzungsweise sechs bis acht Millionen Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Zukauf von Ressourcen nach Abschalten des Kraftwerkblockes.
1979 – Explosion der Rolandmühle
Am Abend des 6. Februar bahnt sich im Bremer Holz- und Fabrikenhafen eine Katastrophe an: Ein Kabel brennt in einer Probenkammer einer großen Verladeanlage am Kai. Aufgewirbelter Mehlstaub explodiert. Über eine Beton-Förderbrücke breitet sich das Feuer mit kleineren Mehlstaubexplosionen bis in den Mehlspeicher aus. Es folgt die große Detonation mit der Wucht von 20 Tonnen Sprengstoff. Wände und ganze Gebäude stürzen ein, Fenster in weit vom Schadenort entfernten Gebäuden gehen zu Bruch. Auch in der nahen alten Feuerwache 5 der Bremer Berufsfeuerwehr platzen Fenster, werden Rahmen aus den Angeln gedrückt. 40 Meter hoch schlagen Flammen in den nächtlichen Himmel.
In den folgenden Tagen erschweren Temperaturen von unter -20 Grad Celsius die Brandbekämpfung und die Suche nach Verletzten und Toten. 14 Verstorbene werden am Ende gefunden, ein weiterer Vermisster wird nie gefunden. Der entstandene Sachschaden beträgt rund 100 Millionen Mark, was heute in etwa 117 Millionen Euro entspricht. Bis zum 12. März dauern die Löscharbeiten, bei denen neben der Feuerwehr auch Kräfte und Fahrzeuge des Technischen Hilfswerkes sowie der Bundeswehr zum Einsatz kommen.