Bergen (Norwegen) – Das Einsatzgebiet der Feuerwehr Bergen (Norwegen) erstreckt sich vom Fjordufer bis hoch ins alpine Bergland (Fjell). Bei der Wehr finden sich viele Lösungsansätze, die sich von unseren Abläufen und Methoden deutlich unterscheiden. Und auch die Organisationsstruktur sowie die Aufgaben überraschen an einigen Stellen. Wir haben die größten Besonderheiten zusammengetragen.
Die europaweit einheitliche Notrufnummer 112 gehört in dem skandinavischen Land der Polizei. Die Feuerwehr hat deshalb die Notrufnummer 110.
Bei der Notrufannahme kann der Disponent auf die Handykamera des Anrufers zugreifen und sich so ein eigenes Bild von der Lage verschaffen. Dafür wird dem Notrufenden ein Link zugesandt. Ein Klick darauf und es öffnet sich ein Fenster, das zur PIN-Eingabe auffordert. Dieser Code wird dem Anrufer am Telefon genannt. Sobald er eingetippt ist, hat der Disponent Zugriff auf die Kamera des Mobiltelefons.
Die Leiterin der Feuerwehr Bergen, Janicke Larsen, ist auch für drei weitere Feuerwehren verantwortlich. „Das ist eine der Besonderheiten des norwegischen Feuerwehrwesens“, erklärt Pressesprecherin Trine Sivertsen Sommerlade. „Mehrere Kommunen können vertraglich regeln, dass eine für die anderen den Leiter der Feuerwehr und den Vorbeugenden Brandschutz stellt. Dabei bleiben die Feuerwehren im Bereich des Abwehrenden Brandschutzes aber eigenständig.“ Brannsjef Larsen ist dadurch auch für die Feuerwehren Osterøy, Samnanger und Vaksdal zuständig.
Bei der Feuerwehr arbeiten nur Vollzeitbeschäftigte. Ehrenamtliche Einsatzkräfte gibt es nicht. Von den 303 Beschäftigen bei der Feuerwehr Bergen sind 15 % Frauen.
Die Feuerwehr ist mit der Abteilung Vorbeugender Brandschutz ist neben den klassischen Aufgaben, wie brandschutztechnische Stellungnahmen bei Bauanträgen, Risikoanalysen, Erstellung von Brandschutzauflagen und der Brandschutzerziehung mit Kindern, auch für die Feuerstättenschau zuständig. Sprich: Der Schornsteinfeger kommt in Bergen von der Feuerwehr.
Drei der vier Hubrettungsfahrzeuge der Feuerwehr Bergen sind drei Teleskopmaste, zwei vom Typ F32RLX von Bronto Skylift und einer vom Typ F42RLX. Der große Mast und die 42-Meter-Drehleiter von Rosenbauer sind auf Scania P450 aufgebaut.
In Bergen gibt es eine USAR-Einheit (Urban search and rescue). Im ganzen Land sind es insgesamt fünf. „Nachdem es 2007 zwei große Erdrutsche im Land gab, erkannten die Verantwortlichen den Bedarf an entsprechend ausgebildeten Einheiten“, erklärt Tore Vetaas. Er ist von Anfang an bei der Einheit dabei und leitet sie heute. Neben der Suche nach verschütteten Personen gehören auch die spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen, die Bergrettung und die Lawinensuche zum Einsatzspektrum der Einheit.
Die Feuerwehr Bergen ist zertifiziert, um ihr Personal selbst auszubilden. Sonst müssten alle zur Feuerwehrschule nach Fjelldal.
Mit dem Restwertrettungsfahrzeug rückt die Feuerwehr in der ganzen Region Vestland aus, um Gebäude nach Brandschäden zu sichern. Diesen Lkw auf Mercedes Atego 818-Fahrgestell hat der Verbund der norwegischen Gebäudeversicherungen der Feuerwehr bereitgestellt. „Laut einer Studie können die Schäden an einem Gebäude deutlich reduziert werden, wenn sofort entsprechende Maßnahmen getroffen werden“, erklärt Nils Dolvik. „Normalerweise dauert es einige Zeit, bis Unternehmen mit Trocknungsgeräten und anderem Equipment am Schadensobjekt eintreffen. Vor allem, wenn der Brand an einem Wochenende war.“ Das Fahrzeug aus Bergen wird bei jedem Brand in der gesamten Region hinzugezogen, um Sofortmaßnahmen einleiten zu können. Ob es die Reparatur einer undichten Wasserleitung ist oder die Aufnahme von Löschwasser: In dem Fahrzeug befindet sich alles, um die Schäden so gering wie möglich zu halten. Die Leistung der Feuerwehr kann dabei voll bei den Versicherungen abgerechnet werden, was zu Einnahmen von bis zu 180.000 Euro pro Jahr führt.
„Großen Wert legen wir auf die Aufklärung der Bevölkerung“, sagt die Pressesprecherin. Und dabei werden auch ungewöhnliche Wege beschritten. Immer wieder kam es vor, dass hungrige Nachschwärmer nach ihrer Rückkehr in ihre Wohnung beim Koche eingeschlafen sind. „Wir haben an den Wochenenden Teams in die Innenstadt geschickt und dort gratis Sandwiches verteilt“, erzählt Sommerlade weiter. „Damit haben wir große Aufmerksamkeit erregt und einen sehr positiven Imagegewinn für die Feuerwehr verzeichnet. Und wir haben sicher auch das eine oder andere angebrannte Essen verhindert.“
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