Berlin/Donzdorf (BW) – Welches ist eigentlich die älteste Feuerwache beziehungsweise das älteste Feuerwehrhaus in Deutschland? Nach Wikipedia handelt es sich dabei um die Feuerwache an der Oderberger Straße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Im November 1883 bezog die Berufsfeuerwehr Berlin den für sie errichteten Neubau. Von 1956 bis 1984 war in dem Gebäude auch die FF Prenzlauer Berg untergebracht. Bei der Recherche für unsere Reportage über die FF Donzdorf (Kreis Göppingen) stießen wir jetzt allerdings auf ein deutlich älteres Gebäude, das als Feuerwehrhaus dient.
“Schwäbische Schlossherren” lautet der Titel der Reportage über die FF Donzdorf in der Juni-Ausgabe 2019 des Feuerwehr-Magazins. Das Feuerwehrgerätehaus ist Teil einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Burg- und Schlossanlage. Bereits 1568 erteilte der Adelige Hans von Rechbergs zu Hohenrechberg zu Illeraichen-Scharfenberg den Auftrag für den dreigeschossige Renaissance-Bau mit den achteckigen Türmen. 1987 kaufte die Stadt Donzdorf den Nachfahren der inzwischen in den Grafenstand erhobenen Familie das Schloss ab.
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Der historische Gebäudekomplex wurde fortan als kommunales und kulturelles Zentrum genutzt. Die Feuerwehr bekam innerhalb der Burg- und Schlossanlage den sogenannten Marstall als Unterkunft zugeordnet. Nach umfangreichen Umbauarbeiten bezog die Feuerwehr ihr neues Domizil im Juli 1996.
Als Marstall wurde im früheren Jahrhundert jener Teil eines Herrschaftssitzes bezeichnet, in welchem sich Pferdestallungen, Reithalle und auch die Kutschenwerkstatt befanden. “Aufgrund der Baustruktur zwischen den tragenden Teilen haben wir sehr praktische, übergroße Tore, von denen andere Feuerwehren nur träumen können“, ist vor allem von den Maschinisten zu hören.
„Königliche Feuerwache“ nicht mehr zeitgemäß
Ein weiterer Riesenvorteil der derzeitigen Lösung: Der Übungsbetrieb der Feuerwehr Donzdorf findet sozusagen direkt vor der Haustür Plätze und Objekte mit idealen Bedingungen, von denen andere städtische Feuerwehren nur träumen können. Andererseits zeigen die baulichen Gegebenheiten dieser „königlichen Feuerwache“ auch auf die ganz große Zukunftsfrage, vor der Feuerwehr, Gemeinderat und Stadtverwaltung stehen. Seit die Feuerwehr vor gut zwei Jahrzehnten das Domizil bezogen hat, schritten die Entwicklungen voran und die Aufgaben haben sich geändert. Verstärkt muss Ausrüstung für umfangreichere Gefahrgut-, Atemschutz- und Unwettereinsätze vorgehalten werden. Auch das Engagement in der Nachwuchsarbeit wächst.
Die Fahrzeughalle im historischen Marstall erscheint dem Besucher riesengroß. Doch die Nebenräume sowie der Lehr- und Versammlungssaal sind eher bescheiden. Feuerwehrchef Schmid verdeutlicht die Notlösung: „Für Fortbildungsmaßnahmen und feuerwehrinterne Versammlungen, an denen alle Kameradinnen und Kameraden teilnehmen, stellen wir zunächst die Fahrzeuge vors Haus und bestuhlen mit Biertischgarnituren die Fahrzeughalle.“
Der Standort mitten in der Stadt sei ideal, heißt es. Auch habe das große Marstall-Gebäude noch enorme, bislang nicht ausgenutzte Raumkapazitäten und Ausbaumöglichkeiten. Ein Anbau am Rande des Schlossparks auf der Stirnseite des Hofs wäre denkbar.
Faktoren und Hindernisse, die es andererseits zu berücksichtigen gelte, seien die Umbaukosten und die extrem strengen Auflagen des Denkmalschutzes. Die stünden nicht immer in Einklang mit den Wünschen und Erfordernissen einer modernen Feuerwehr. Also wird als Alternative der komplette Neubau eines Feuerwehrhauses an einem neuen Standort durchgespielt.
Zurück zur Ausgangsfrage nach der ältesten Feuerwache oder dem ältesten Feuerwehrhaus: Die Wache Prenzlauer Berg ist definitiv das älteste für eine Feuerwehr errichtete und bis heute genutzte Gebäude in Deutschland. Aber vom Baujahr her ist der Marstall des Donzdorfer Schlosses noch älter.