Braunschweig/Hannover/Bremen – Am 6. Dezember 2019 hatte in Braunschweig der Präsidialrat des Deutschen Feuerwehrverbandes getagt. Nichtöffentlich. Die Beschlüsse der Sitzung wurden anschließend in einer Pressekonferenz bekanntgegeben. Zu dieser Pressekonferenz waren verschiedene Medien eingeladen. Anwesend war allerdings nur das Feuerwehr-Magazin! Direkt im Anschluss hatten wir die Erklärung im Wortlaut auf feuerwehrmagazin.de gestellt. Schon wenige Minuten nach unserer Online-Meldung veröffentlichte der Verband der Feuerwehren (VdF) in Nordrhein-Westfalen eine in wesentlichen Punkten abweichende Erklärung. Kernpunkte: Bernd Schneider (als Vertreter für den Vorsitzenden des VdF NRW, Dr. Jan Heinisch) habe sich an der veröffentlichten Erklärung des Präsidialrates nicht beteiligt. Von einstimmig könne keine Rede sein. Die verkündete Lösung mit der Neuwahl des Präsidenten am 4. April 2020 sei in der beschriebenen Form nicht satzungskonform. Der Präsident sei bis 2021 gewählt und ohne Rücktritt dann noch im Amt. Diese Erklärung des VdF NRW wiederum möchten 14 Landesfeuerwehrverbände so nicht stehen lassen.
Olaf Rebmann, Pressewart des Bezirks Lüneburg im Landesfeuerwehrverband Niedersachsen unterrichtete die Presse über die neuesten Entwicklungen. Im Namen und im Auftrage der Vertreter der Landesfeuerwehrverbände im Präsidialrat (zweitoberstes Gremium des Verbandes. Ihm gehören alle Präsidumsmitglieder und die Vorsitzenden der 16 Landesfeuerwehrverbände sowie der Bundesgruppen an. Er trifft sich mindestens zweimal pro Jahr) des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) übermittelte er die folgende Erklärung zur aktuellen Thematik rund um den DFV sowie seines Präsidenten. “Sehen Sie diese bitte als Ergänzung zu der Erklärung vom 6. Dezember und zur Klarstellung zu den aktuellen Äußerungen einzelner Personen, bzw. eines Mitgliedsverbandes des DFV an”, heißt es im Anschreiben. Bis auf Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt werden die anderen 14 Landesfeuerwehrverbände (in Hamburg heißt es Landesbereich) genannt.
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Hier die Erklärung vom 10. Dezember im Wortlaut
“Erklärung der Vertreter im DFV-Präsidialrat der Landesfeuerwehrverbände Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen sowie des Landesbereich FF Hamburg.
Auf der Sitzung des Präsidialrates des Deutschen Feuerwehrverbandes am Freitag, den 06.12.2019 in Braunschweig mit den Vertretern aller Landesfeuerwehrverbände und dem Vertreter des Verbandes der Feuerwehren Nordrhein-Westfalen wurde einstimmig, auf Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Feuerwehrverbandes Hartmut Ziebs, beschlossen:
1. Am 04.04.2020 in Erfurt eine ordentliche Delegiertenversammlung des DFV durchzuführen 2. In dieser Delegiertenversammlung wird das Amt des Präsidenten neu gewählt. DFV-Präsident Hartmut Ziebs erklärte, dafür nicht mehr zu kandidieren. 3. In dieser Delegiertenversammlung stellen sich die Vizepräsidenten nach einem mehrheitlichen Vertrauensbeschluss im Präsidialrat gleichwohl einer Bestätigung für die jeweils restliche Amtszeit.
Präsident Hartmut Ziebs und die Mitglieder des Präsidialrates haben einstimmig vereinbart, Diskussionen in den zuständigen Gremien zu führen und keine mediale Debatte zum Schaden der Deutschen Feuerwehren zu führen.
In der Sitzung des Präsidialrates wurde eine gemeinsame Erklärung abgestimmt. Diese gemeinsame Erklärung des Präsidialrates wurde sofort veröffentlicht. Es hat ein Pressegespräch mit Jan-Erik Hegemann, Chefredakteur des Feuerwehr-Magazin, stattgefunden. Auf Nachfrage von Herrn Hegemann erklärte Präsident Ziebs die Neuwahl des Präsidenten am 04.04.20 als seinen eigenen Vorschlag.
Dies wäre ein wichtiger und kameradschaftlicher Weg für die Zukunft der Deutschen Feuerwehren.
Dass unmittelbar im Anschluss der Vorsitzende des VdF NRW Dr. jur. Jan Volker Heinisch diese einstimmigen Beschlüsse und Vereinbarungen öffentlich und in den sozialen Netzwerken in Frage stellt, enttäuscht uns maßlos! Dieses Verhalten ist von einem führenden Feuerwehrvertreter nicht zu akzeptieren.
Ausdrücklich möchten wir betonen, dass sein Vertreter Bernd Schneider, diese Beschlüsse vom 6.12.2019 mit dem Präsidialrat maßgeblich mit erarbeitet hat. Wir sind sehr verwundert über die erneuten Stellungnahmen von Dr. jur. Jan Volker Heinisch, zumal er seit seinem Amtsantritt beim VdF NRW im Jahr 2010 an keiner Sitzung des DFV-Präsidialrates teilgenommen hat.
Wir sehen in den öffentlichen Äußerungen ein bewusstes Handeln gegen den Präsidialrat und den Deutschen Feuerwehrverband. Davon distanzieren wir uns deutlich.
Unser Engagement gilt nun, in der ohnehin schon schwierigen Situation, dem gemeinsamen kameradschaftlichen Weg für die Zukunft der Deutschen Feuerwehren. Wir setzen auf das in den Feuerwehren gelebte Miteinander.”
Die Erklärung ist nicht unterschrieben.
Antwort aus Nordrhein-Westfalen
Auf der Facebookseite “Hartmut – mein Präsident” hat der VdF darauf reagiert. Auf der VdF-Seite “Aktuelle DFV-Lage” fand sich diese Stellungnahme zum Veröffentlichungszeitpunkt dieser Meldung noch nicht. Auf Facebook heißt es wörtlich:
“Offenbar haben sich 14 Landesfeuerwehrverbände mit einer gemeinsamen Erklärung an die Presse gewandt. Es herrscht anscheinend Unzufriedenheit damit, dass der unter hohem zeitlichen und psychischen Druck gefundene Vorschlag am 6.12.2019 satzungsrechtlich problematisch ist und Dr. Heinisch sowie ein anderer Landesfeuerwehrverband darauf aufmerksam gemacht haben.
Bemerkenswert ist, dass hier der Vorsitzende eines ordentlichen Mitgliedes des DFV direkt und öffentlich angegangen wird, nachdem man doch so viel Wert auf geschlossene Türen gelegt hat. Bezeichnend ist, dass nicht mal hier die Vorwürfe sachlich korrekt sind. Dr. Heinisch war bei mindestens 2 Tagungen des DFV anwesend. Die ständige Vertretung des VdF beim DFV übernimmt regelmäßig Bernd Schneider. Diese Arbeitsaufteilung wird den Verfassern auch sicher bekannt sein und so stellt sich insgesamt der Sinn der Anwürfe in Frage….”
Antwort aus Sachsen-Anhalt
Mit einem offenen Brief wendete sich am 11. Dezember auch Kai-Uwe Lohse, der Vorsitzende des LFV Sachsen-Anhalt, via Facebook an die Öffentlichkeit. Auch dieses Schreiben geben wir im Wortlaut wider, da es aktuell (zum Veröffentlichungszeitpunkt dieser Meldung) noch nicht auf der Website des LFV Sachsen-Anhalt veröffentlicht war :
“Liebe Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren Deutschlands,
mit Unglauben und Unverständnis nimmt der Vorstand des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen-Anhalt e. V. und die Landesjugendfeuerwehrleitung der Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt die derzeitige Krise des Deutschen Feuerwehrverbandes zur Kenntnis. Wir sind mit ca. 65.000 Angehörigen aller Altersklassen ein relativ kleiner Verband und sehen mit Entsetzen, wie der Deutsche Feuerwehrverband als unser gemeinsames Haus auseinanderfällt.
Alle bisherigen Maßnahmen des DFV, speziell des Präsidialrates, sind aus unserer Sicht in keiner Weise geeignet, die notwendige Aufklärung und Transparenz zu schaffen, die eine relativ schadensfreie Beendigung dieser Krise herbeiführen könnten. Im Gegenteil, mit seiner Erklärung und dem Beschluss zur Neubesetzung des Präsidentenamtes auf einer Delegiertenversammlung des DFV am 4. April 2020 in Erfurt hat der Präsidialrat nach unserer Auffassung die Krisenlage nicht entspannt, sondern im Gegenteil verschärft.
Das geplante Vorgehen steht nach unserer Meinung im Gegensatz zur Satzung des DFV und ist daher rechtswidrig. Eine Neuwahl des Präsidenten ist nur nach Ablauf seiner Amtszeit oder seinem Rücktritt oder einer Abwahl durch eine Delegiertenversammlung des DFV möglich. Der Präsidialrat kann daher nicht einfach so eine Neuwahl beschließen. Bisher liegen keine schriftlich fixierten Gründe vor, die so schwerwiegend sind, dass sie überprüfbar die Rücktrittsforderung der fünf Vizepräsidenten (Verlautbarung vom 12. November 2019) gegenüber dem Präsidenten erklären.
Der Präsidialrat lässt mehr als 1,3 Millionen Kameradinnen und Kameraden unserer Feuerwehren nach wie vor im Ungewissen. Mit dem Versuch, entgegen den Bestimmungen der DFV-Satzung rechtswidrig einen Personalwechsel im Präsidentenamt durchzuführen, wird das Ganze nun auf die Spitze getrieben. Verlorenes Vertrauen wird dadurch nicht zurückgewonnen!
Es sei an dieser Stelle unmissverständlich betont, dass hier und jetzt weder durch den Vorstand des Landesfeuerwehrverbandes noch durch die Landesjugendfeuerwehr in irgendeiner Weise über die Gründe, die zur Rücktrittsforderung durch die Vizepräsidenten und zum Beschluss des Präsidialrates geführt haben, spekuliert wird bzw. diese einer Bewertung und gegenseitigen Abwägung unterzogen werden.
Eine externe Moderation zur Konfliktlösung im Präsidialrat wurde durch den Präsidialrat selbst abgelehnt. Stattdessen werden in Hinterzimmern, geschlossenen WhatsApp- und E-Mail-Gruppen geheime Absprachen geführt und Pläne geschmiedet. Leider wird dabei zunehmend nach dem Motto verfahren, „Bist du nicht für uns, bist du gegen uns.“.
Das hat mit unseren Werten nichts mehr zu tun und kann nicht im Sinne unserer Kameradinnen und Kameraden sein! Alle Funktionsträger möchten bitte nicht vergessen, dass sie nicht für sich selbst das Amt bekleiden, sondern für unsere Kameradinnen und Kameraden in den Feuerwehren, also für euch. Sie sollten auch bedenken, welcher Vertrauensschaden hier bei unseren Kindern und Jugendlichen eintritt. Gelebtes Vorbild war bis jetzt Methode unserer Wertevermittlung. Angesichts der derzeitigen Vorgehensweise innerhalb des Präsidiums und des Präsidialrates müssen wir diese Methode hinsichtlich der höchsten Gremien unseres Verbandes nun auf den Prüfstand stellen.
Als Landesverbandsvorsitzender und damit Mitglied des Präsidialrates habe ich mich aus diesen Gruppen zurückgezogen.
Immer mehr Reaktionen aus euren Feuerwehren, aus euren Stadt- und Kreisfeuerwehrverbänden zeigen sehr deutlich, dass ihr dieses Spiel nicht mehr mitmachen wollt.
Ehe der Schaden vielleicht überhaupt nicht mehr zu reparieren geht und das System Feuerwehr in Deutschland auf die Dauer schwer geschädigt wird, verlangen wir, dass alle beteiligten Seiten im Sinne unserer bewährten Traditionen der Kameradschaft, des Miteinanders, des Gemeinsamen im offenen Gespräch für Transparenz und Aufklärung sorgen. Nicht unter sich, sondern vor euren Augen und Ohren.
Im Namen von über 65.000 Angehörigen der Feuerwehren in Sachsen-Anhalt fordert der Vorstand des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen-Anhalt e. V. und die Landesjugendfeuerwehrleitung der Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt die schonungslose Aufarbeitung und Offenlegung aller Vorgänge und Handlungen, die zur aktuellen Krise geführt haben. Ebenso fordern wir die unbedingte Einhaltung unserer Regularien als Ausdruck rechtsstaatlichen Handelns der Gremien des Deutschen Feuerwehrverbandes.
Wir wollen dabei nicht am Rande stehen, sondern stehen für eine Plattform des gegenseitigen Austausches mit dem Ziel einer Konfliktlösung gerne zur Verfügung.
Kommentar von Jan-Erik Hegemann,
Chefredakteur des Feuerwehr-Magazins:
Jungs, es reicht!
Eins ist klar: Der Streit an der Spitze des Deutschen Feuerwehrverbandes geht damit in die nächste Runde. Das war es dann aber auch schon an Klarheit. Für Außenstehende, und dazu zählen wir auch uns vom Feuerwehr-Magazin, sind die Vorgänge noch immer nicht zu durchschauen. Und es wird sogar von Tag zu Tag, von Pressemitteilung zu Pressemitteilung immer undurchsichtiger. Fragen über Fragen tun sich auf. Hier einige, die mir ganz spontan in den Kopf kommen (kein Anspruch auf Vollständigkeit):
Warum stimmt ein Vertreter aus NRW zu, der andere widerspricht umgehend?
Warum kommen zu so einer wichtigen Präsidialratssitzung nicht alle 16 Verbandsvorsitzenden und alle Vizepräsidenten persönlich?
Warum geht eigentlich der Vertreter eines Landes eher, wenn die Veranstaltung auf zwei Tage angesetzt war?
Warum wird eine Pressekonferenz am Abend des ersten Tages angesetzt?
Warum treffen sich einige Landesverbände vorab – warum nicht alle?
Wer bezweckt hier eigentlich was?
Welche wirklich schwerwiegenden Vorwürfe gibt es gegen den Präsidenten? Seine klare Haltung gegen rechtsnationale Tendenzen in den Feuerwehren und die Einstellung einer weiblichen Führungskraft mit Migrationshintergrund sind es ja definitiv nicht! Dies haben inzwischen alle Beteiligten öffentlich versichert.
Hat mal jemand daran gedacht, dass im Juni 2020 in Hannover die Interschutz und der Deutsche Feuerwehrtag stattfinden und welche Auswirkungen der Streit darauf haben kann?
Und ganz entscheidend: Wie kann es gelingen, wieder zu einer kameradschaftlichen Sacharbeit zurückzukehren. Oder sind wir zu naiv und das spielt womöglich gar keine Rolle mehr?
Gewinner gibt es in der ganzen Angelegenheit jedenfalls keine mehr!
Mehr zum Thema Hartmut Ziebs und Feuerwehrverband (Ergänzung):
DFV-Vizepräsident Christian Patzelt war bis einschließlich Dezember 2018 als Redakteur beim Feuerwehr-Magazin angestellt. Er hat auf eigenen Wunsch zum 31. Dezember 2018 die Ebner Media Group verlassen. Seitdem hat er noch einen Artikel als freier Journalist für uns geschrieben.
Der Deutsche Feuerwehrverband war in der Vergangenheit ideeller Partner bei mehreren Projekten des Feuerwehr-Magazins. Unter anderem in 2018/19 beim “Goldenen Florian“- dem Feuerwehr-Video-Award.
Die jeweils aktuellen DFV-Präsidenten schreiben einmal im Jahr eine Kolumne im Feuerwehr-Magazin.