Bremen/Trier – Neben tausenden Normfahrzeugen stellen die Feuerwehren auch immer wieder exotische Lösungen in Dienst. Das erste Amphibien-Löschfahrzeug für Hilfeleistungen auf dem Rhein, der Mosel und der Lahn gehört ganz sicher dazu. ALF 1, so lautete die taktische Abkürzung, wurde im Februar 1968 in Dienst gestellt. Das Fahrzeug war bei der Berufsfeuerwehr in Mainz stationiert. Zur Ausstattung gehörten eine 750-kg-Pulverlöschanlage von Total mit Pulverwerfer, eine 50-kN-Seilwinde, Sprühdüsen zum Selbstschutz, Leichtschaumgenerator und Buganker. ALF 1 konnte die Einsatzstellen auf dem Landweg schneller erreichen als die Feuerlöschboote aus Mannheim, Frankfurt und Koblenz.
Binnenschiffer sind angehalten, bei einem Störfall sofort das Ufer oder einen Grund anzusteuern, um nicht manövrierunfähig im Rhein zu treiben. Mit ALF ließen sich alle Einsatzstellen erreichen. Der Rumpf – gleichzeitig der Hauptschwimmkörper – war als wasserdicht geschweißte, tragende Leichtmetallkonstruktion ausgebildet. Im Vorderteil war das für vier Mann Besatzung ausreichende Fahrerhaus aufgesetzt. Im Mittelteil befand sich die Triebwerksanlage. Und auch der größte Teil der Versorgungsanlage für die feuerwehrtechnische Ausrüstung war hier installiert. Das Heck wurde größtenteils vom Schraubentunnel ausgefüllt, in dem sich die vierflügelige Schraube des Ruderpropellers drehte. Außerdem nahm das Heck die Luftbehälter der Druckluftanlage auf.
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Die Energiequelle des Fahrzeugs war ein luftgekühlter 12-Zylinder-Dieselmotor von Deutz. Über ein 6-Gang-Schaltgetriebe und ein angeflanschtes Gruppengetriebe erfolgte der Antrieb der beiden Achsen, wobei der Vorderradantrieb abschaltbar war. Die Verbindung zwischen Motor und Getriebe übernahm eine Kupplungskombination aus einer Einscheiben-Reibungskupplung und einer hydraulischen Strömungskupplung, die aber nur zur Schonung des Motors diente. In den Achsmitteltrieben waren Sperrdifferentiale eingebaut.
Den Wasserantrieb übernahm ein im Heck eigebauter Ruderpropeller, der von der Motorstirnseite her über eine elastische Gelenkwelle und eine schaltbare Elektromagnetkupplung angetrieben wurde. Bei etwaigem Ausfall des Ruderpropellers konnte eine Fortbewegung auf dem Wasser auch durch die im fünften Gang drehenden Räder erfolgen – allerdings mit geringer Geschwindigkeit. Die maximale Höchstgeschwindigkeit mit Propeller betrug 7 bis 8 Kilometer pro Stunde zu Berg und 13 km/h zu Tal. Über Land konnte ALF 1 bis zu 90 km/h fahren und an einer entsprechenden Nato-Rampe oder ähnliche Rampen zu Wasser gehen.
Die Reifen waren dauerhaft an der Druckluftanlage angeschlossen, sodass während der Fahrt der Luftdruck in den schlauchlosen Niederdruck-Gürtelreifen so vermindert werden konnte, dass eine größtmögliche Bodenhaftung für die verschiedensten Geländearten gegeben war.
Zur feuerwehrtechnischen Ausrüstung gehörten auf dem Deck eine Schnellangriffseinrichtung mit Hochdruckschlauch, ein Löschwasserverteiler mit zwei A- und fünf B-Anschlüssen sowie ein Schaum-Wasser-Werfer mit Bedienstand. Außerdem gab es am Heck einen Anschluss für Wasser- oder Schaummittel-Wasser-Gemisch für zwei B- beziehungsweise Schwerschaumrohre und in Fahrzeugmitte zwei A-Anschlüsse für Lenzschläuche. Zusätzlich konnten mehrere Leichtschaum-Handrohre an den Löschwasserverteiler angeschlossen werden. Das Schaummittel musste dann über Zumischer beigemengt werden. Durch die mitgeführten Mengen von 1.500 Liter Schaummittel und 750 Kilogramm Pulver konnte ein großes Spektrum abgedeckt werden.
Mögliche Einsatzbereiche des Amphibienfahrzeugs waren: Schiffsbrandbekämpfung, Wasserversorgung für Landeinheiten, Überschwemmungsgebiete oder schwer zugängliches Gelände mit Waldbränden.
Mit 9,6 Meter Länge, 2,6 Meter Breite und 3,45 Meter Höhe war das 14 Quadratmeter große Oberdeck für die Wasserentnahme- und Wasserabgabeeinheiten ausreichend und kompakt zusammengestellt. Das Schaltpult an Oberdeck war für den Wasser-, Lösch- und Saugbetrieb mit einfacher Mechanik aufgebaut und sicher zu bedienen.
Nach 16 Jahren Dienst bei der Berufsfeuerwehr Mainz wurde ALF 1984 an die Berufsfeuerwehr Trier übergeben. Auf der Schiffswerft Hans Boost erfolgte der Umbau zu einem echten Löschboot. Dafür wurden an dem Amphibienfahrzeug die Räder entfernt, die entstandenen Öffnungen verschlossen und mit Betongewichten versehen. Als Löschboot RPL 3 war der Exot fortan auf der Mosel bei Trier im Einsatz. Letztlich wurde das Fahrzeug 1992 ausgesondert. Heute kann es im Technikmuseum Speyer bewundert werden.
In der DDR gab es übrigens ähnliche Lösungen – und das sogar schon einige Jahre früher als in Westdeutschland. Bei der Feuerwehr Potsdam wurde bereits 1963 ein “bereifter Amphibienwagen” (BAW) als Tauchergerätewagen in Dienst gestellt. Seine Typenbezeichnung lautet ZIL 485 beziehungsweise SIL 485.