München – Am vergangenen Samstag, 7. Februar, starb der ehemalige Leiter der Feuerwehr München Oberbranddirektor a.D. Dipl-Ing. Karl Seegerer. Der gebürtige Amberger wurde 86 Jahre alt. “Karl Seegerer bestimmte Jahrzehnte nicht nur die Geschicke der Berufsfeuerwehr München, sondern prägte auch das deutsche Feuerwehrwesen maßgeblich”, betonte Münchens Feuerwehrchef Oberbranddirektor Wolfgang Schäuble. “Die Berufsfeuerwehr München und das deutsche Feuerwehrwesen verlieren mit seinem Tod eine herausragende Persönlichkeit.”
Der Nachruf der Branddirektion München:
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“Herr Seegerer, am 31. März 1928 in Amberg geboren, trat einer Familientradition folgend 1942 in die HJ-Feuerwehr seiner Heimatstadt ein. Er wurde 1944 noch als Schüler der 7. Klasse der Oberschule zum Notdienst verpflichtet und nahm an den überregionalen Einsätzen in mehreren Städten nach Luftangriffen teil. Bei einem Luftangriff auf Amberg im April 1945 wurden er und mehrere seiner Kameraden verschüttet, konnte aber gerettet werden. Ein für ihn prägendes Ereignis. Auch nach Kriegsende blieb er aktives Mitglied der Freiw. Feuerwehr Amberg und übernahm bereits vor seinem 18. Lebensjahr Führungsfunktionen.
Mitte 1947 beendete er seine unterbrochene Schulausbildung mit der Reifeprüfung. 1950 nahm er das Studium an der TH München zum Elektroingenieur auf, das er im Frühjahr 1955 erfolgreich abschloss. Das Metier Feuerwehr hat ihn jedoch so gefangengenommen, dass er auch während des Studiums verschiedene berufsspezifische Tätigkeiten u.a. auch am Bayer. Landesamt für Feuerschutz wahrnahm.
Im Dezember 1955 begann er bei der Stadt Köln als erster Brandreferendar der Nachkriegszeit den Vorbereitungsdienst für den höheren feuerwehrtechnischen Dienst, während dem er auch mehrere Praktika bei damaligen Fachfirmen absolvierte. Das von ihm erarbeitete Ausbildungskonzept wird noch heute in seinen Grundzügen angewendet.
Am 17.Dez. 1957 bestand er die Prüfung zum Brandassessor mit der Note „Sehr gut“ und wurde noch am gleichen Tag von der Berufsfeuerwehr Köln als Brandassessor übernommen.
Am 1. Mai 1960 wechselte Herr Seegerer zur Berufsfeuerwehr München. Von nun an war er für die Abteilung Technik, Nachrichtentechnik sowie Schutzkleidung für Atemschutz und Tauchen zuständig, außerdem leitete er vorübergehend im Vorbeugenden Brandschutz den Abschnitt „München-Ost“.
Am 1. Juni 1965 übernahm er die Leitung der Berufsfeuerwehr München. Für diese begann nun eine Zeit des Aufbaus. Ein neues Fahrzeugkonzept, verbunden mit der Überarbeitung der Abdeckung des ständig wachsenden Stadtgebiets mit zusätzlichen Feuerwachen, sowie die Anpassung des Personalstandes war seine große Herausforderung. Die Typenreinheit im Fahrzeugbereich brachte sowohl für die Ausbildung, als auch für den Austausch von Fahrzeugen immense Vorteile.
In diesen Planungen war auch die Freiw. Feuerwehr berücksichtigt und brachte dieser eine deutliche Steigerung des Einsatzwertes. Eine Herzensangelegenheit war ihm, eine schnelle und optimale Versorgung von Unfallopfern noch vor Ort zu organisieren. Er kämpfte um die Einrichtung eines allgemeinen Notarztdienstes. 1965 gelang es, in Zusammenarbeit mit dem Klinikum „Rechts der Isar“ den „Toxikologischen Notarztdienst“ in Dienst zu nehmen. Es bedurfte aber noch viel Verhandlungsgeschick, um etablierte Fachmeinungen zu widerlegen, bis am 30. März 1966 der erste Notarzteinsatz eine neue Epoche in der Unfallmedizin einläutete und sich daraus der „Gemeinsame Notarztdienst der Landeshauptstadt und des Landkreises München“ mit 9 Notarztstandorten entwickelte. Später kamen noch der „Neugeborenen Notarzt“ und die ersten Versuche, einen „Kindernotarzt“ einzurichten, hinzu.
Mitte 1984 wurde Herrn Seegerer die Leitung der neuen Hauptabteilung V im Kreisverwaltungsreferat, zu der neben der ursprünglichen Aufgabe des Brandschutzes nun auch die Aufgaben des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und des Rettungsdienstes gehören, übertragen.
Neben den arbeitsintensiven Aufgaben und Zielsetzungen bewährte er sich auch als Einsatzleiter bei vielen über die Landeshauptstadt hinaus Aufmerksamkeit erregenden Einsätzen.
War die eigene Feuerwehr nicht schon genug Arbeit, engagierte es sich noch in einer Vielzahl von Gremien und Organisationen. Da nicht alle Leistungen im Einzelnen darstellbar sind, sei nur beispielhaft aufgezählt, wo er sich mit seinem unvergleichlichem Engagement langjährig eingebracht hat:
Mitglied in verschiedenen Prüfungsausschüssen und -kommissionen
Mitglied im AK Grundsatzfragen der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren auf Bundesebene und Obmann der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Bayern
Vorstandsmitglied bei der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. und Mitarbeit im Referat 11
Vorsitzender des Sachverständigenkreises „Sicherheit und Brandbekämpfung“ beim BMFT
im Normenausschuss Feuerwehrwesen (FNFW) in den Arbeitsausschüssen AA 1 „Ausrüstungs- und Rettungsgeräte“ ab 1963 als Obmann, im AA 3 „Fahrzeuge“ und AA 5 „Leitern“ als Mitarbeiter. Außerdem war er Vorstandsmitglied und ab 1968 der Vorsitzende des Normenausschusses Feuerwehrwesen bis 1988.
Hauptschriftleitung bei der Fachzeitschrift „Brandschutz“
Im FNFW setzte er seine ganze Fachkompetenz ein, um eine einheitliche und praktikable Ausrüstung in Abstimmung mit der Industrie für die Feuerwehren zu erreichen. Seine Vorstellungen setzte er in der eigenen Feuerwehr konsequent um.
Auf regionaler Ebene, dem Gremium der Sprecher der Bayerischen Feuerwehren und der Kreisbrandrätetagung Oberbayerns, denen er ebenfalls angehörte, stand er stets mit Rat und Tat zur Seite. Die Fachwelt profitierte von seinen vielen fundierten und ins Detail ausgearbeiteten Veröffentlichungen und Vorträge.
Seine Arbeit fand ihre Anerkennung in einer Vielzahl von Ehrungen und Auszeichnungen. Die Bedeutendsten seien hier angeführt:
Bundesverdienstkreuz am Bande (1979)
Goldene DIN-Ehrennadel (1979)
Deutsche Feuerwehr-Ehrenkreuz in Gold (1989)
Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1987)
Aufnahme in den Waldemar-Hellmich-Kreis des Deutschen Instituts für Normung (1988)
Heinrich-Henne-Medaille der Vereinigung der Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (1988)
Bayerischer Verdienstorden (1989)
Um den Aufgaben und Anforderungen nachzukommen zu können, opferte er seine ganze Freizeit. Er war unermüdlich in seiner Arbeit und ausgesprochen diszipliniert, was er auch von seinen Mitarbeitern einforderte.
Sein Hobby war die Geschichte der Feuerwehrtechnik. Anlässlich der 100-Jahr-Feier der Berufsfeuerwehr konnte er das „Münchner Feuerwehrmuseum“ eröffnen. Während seiner Dienstzeit „sammelte“ er historische Feuerwehrfahrzeuge in der Hoffnung, baldmöglichst auch ein technisches Feuerwehrmuseum einrichten zu können. Aber dieser Wunsch sollte sich nicht mehr ganz erfüllen.
Für Herrn Oberbranddirektor a.D. Dipl.-Ing. Karl Seegerer war „Feuerwehrmann“ kein Beruf, sondern eine Berufung. Er hat den Feuerwehren der Nachkriegszeit die Zukunft aufbereitet. Mit ihm haben nicht nur die Landeshauptstadt München, sondern die deutschen Feuerwehren einen ihrer großen Pioniere verloren.”