Hannover – Vor 55 Jahren schrieb der Feuerwehr-Flugdienst Niedersachsen Feuerwehrgeschichte: Damals übergab die Bundeswehr vier Hubschrauber vom Typ Bristol 171 Sycamore, um deren Eignung als Lösch- und Rettungsluftfahrzeuge sowie Beobachtungs- und Führungsmittel zu erproben. Rund zehn Jahre nutzten die Niedersachsen die Maschinen im Einsatzdienst. Wir erinnern uns.
Was fast in Vergessenheit geraten ist: Tatsächlich war die Feuerwehr in der Bundesrepublik Deutschland mit eigenen Helikoptern schon im Jahre 1969 in die Luft gegangen, also ein Jahr vor Indienststellung des ersten Rettungshubschraubers „Christoph 1“. Die Initiative hierzu ging vom Feuerwehr-Flugdienst Niedersachsen (FFD) mit Unterstützung der Bundeswehr aus.
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Der FFD war im Dezember 1962 in Fallersleben gegründet worden. Hauptaufgaben: Früherkennung und Luftbeobachtung von Wald- und Flächenbränden sowie Hilfe bei der Koordination von Einsatzkräften am Boden. Die ersten Ausbildungen zum Feuerwehr-Flugbeobachter und Einsätze folgten bereits 1963. Bis 1969 bedienten sich die Crews (Pilot, Beobachter, Forstbeamter) Flächenflugzeugen.
Der Oldenburger Regierungsbrandmeister Thomas Friedhoff, Vorstandsmitglied im Landesfeuerwehrverband Niedersachsen und dort auch FFD-Referent, nennt 1969 als ganz besonderes Jahr für die in Deutschland einzigartige Organisation der „fliegenden Feuerwehr“: In Abstimmung mit Bundesinnenministerium, Bundeswehr und Feuerwehrverband übergab das Militär gleich vier Hubschrauber des Typs Bristol Sycamore dem Flugdienst. Die Drehflügler (Baujahr 1957) waren bis dahin im internationalen SAR-Dienst (Search and Rescue) eingesetzt.
Stationen: Bei der BF Hannover und in Mellinghausen
Sinn und Zweck des Projekts in Niedersachsen: nicht nur speziell mit der Sycamore, sondern allgemein die Eignung von Hubschraubern für einen alltäglichen Feuerwehrdienst prüfen. Zwei Sycamores gingen mithilfe flugerfahrener Feuerwehrmänner umgehend in den Einsatzdienst, die zwei anderen bildeten eine Reserve. Ein Hubschrauber wurde zunächst eher provisorisch an der Feuerwache 4 in Hannover stationiert, ab 1970 dann auf dem ersten offiziellen Feuerwehr-Hubschrauberlandeplatz mit Feuerwache auf dem Tönniesberg in Hannover.
Für die andere Einsatzmaschine wurde ein sogenannter Sonderlandeplatz im Dorf Mellinghausen (Kreis Diepholz) bei Landwirt, Pilot und Feuerwehrmann Karl Müller eingerichtet. Von dieser ländlichen Hubschrauberstation gibt es historische Filmdokumente. Sie zeigen die Alarmierung von Müller per Telefonanruf, der zusammen mit seinen Helfern auf ein Feld neben seinem Bauernhof eilt, um das über 500 PS starke Ungetüm mit seinem Neun-Zylinder-Sternmotor zu starten.
Bei der großen Waldbrandkatastrophe in der Lüneburger Heide im Sommer 1975 flogen die Feuerwehr-Hubschrauber Seite an Seite mit Maschinen der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes sowie Flugzeugen des französischen Zivilschutzes erste Löscheinsätze. Dabei kamen auch Löschwasserbehälter zum Einsatz.
Ende der 1970er Jahre endete die Ära der Feuerwehr-Hubschrauber in Niedersachsen. Im Vergleich zu Flächenflugzeugen waren die Kosten einfach zu hoch. Alle vier Hubschrauber wurden 1979/1980 ausgemustert. Drei Exemplare finden sich noch in Museen in Deutschland: im Schwäbischen Bauern- und Technikmuseum Seifertshofen, im Fahrzeugmuseum Marxzell und im Aeronauticum Deutsches Luftschiff- und Marinefliegermuseum in Nordholz bei Cuxhaven.
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