Berlin – Am 24. Oktober um 12 Uhr wählt die Delegiertenversammlung des Deutschen Feuerwehrverbandes in Fulda einen neuen Präsidenten. Lange Zeit sah es so aus, als würden sich lediglich zwei Kandidaten um das Amt bewerben: der niedersächsische Landesfeuerwehrverbandsvorsitzende Karl-Heinz Banse und der stellvertretende Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbandes Brandenburg Frank Kliem. Doch mit dem Chef der Feuerwehr Berlin, Dr. Karsten Homrighausen, gibt es jetzt noch einen dritten Kandidaten. Der Landesfeuerwehrverband Sachsen-Anhalt hatte Dr. Homrighausen fristgerecht vorgeschlagen.
Das ganze Prozedere ist etwas kompliziert. Im Gegensatz zu vielen anderen Wahlen können sich Bewerber bei der Wahl des DFV-Präsidenten nicht selbst ins Spiel bringen und ihre Kandidatur erklären. Sie müssen innerhalb gewisser Fristen von einem der Ordentlichen Mitglieder (die Landesfeuerwehrverbände, der Landesbereich Freiwillige Feuerwehr Hamburg, der Verband der Feuerwehren in NRW, der Thüringer Feuerwehr-Verband sowie die beiden Bundesgruppen Berufsfeuerwehr und Werkfeuerwehr), dem Präsidenten oder dem Präsidium schriftlich vorgeschlagen werden. Das Präsidium holt dann die Einverständniserklärungen der Vorgeschlagen ein.
Anzeige
Bei den aktuellen Nachrichten, die es um den Deutschen Feuerwehrverband gibt, überrascht die Kandidatur von Dr. Homrighausen schon etwas. Seit Monaten kommt der Verband nicht zur Ruhe. Ende 2019 begann es mit der Rücktrittsforderung von fünf der sieben Vizepräsidenten an den damaligen DFV-Präsidenten Hartmut Ziebs. Nach einem wochenlangen Hin und Her trat Ziebs schließlich zum 31. Dezember 2019 von seinem Amt zurück. Seitdem fungiert Vizepräsident Hermann Schreck als Vertreter des Präsidenten. Unlängst wurde nun bekannt, das die Bundesgeschäftsführerin des DFV, Dr. Müjgan Percin, vor Gericht wegen Diskriminierung und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gegen ihren Arbeitgeber klagt. Das Verfahren läuft derzeit vor dem Landesarbeitsgericht Berlin.
Und nach einem Bericht der Bild-Zeitung soll Professor Albert Jugel, der 15 Jahre den Förderkreis des DFV geleitet hatte, von 1967 bis 1989 Inoffizieller Mitarbeiter des Ministerium für Staatssicherheit gewesen sein. Wegen seines herausragenden Engagements wurde Professor Jugel 2019 zum Ehrenmitglied des DFV ernannt.
Das Feuerwehr-Magazin hat Dr. Homrighausen gefragt, ob er sich seine Kandidatur angesichts dieser Situation wirklich gut überlegt hat? Die Antworten überraschen ein wenig. “Ich habe mich nicht um das Amt beworben”, sagt Dr. Homrighausen. “Ich bin aus verschiedenen Landesverbänden gebeten worden, als Kandidat zur Verfügung zu stehen. Diesem Wunsch komme ich nach reiflicher Überlegung nach. Sowohl meine Familie, als auch mein Dienstherr in Berlin und mein Stellvertreter bei der Berliner Feuerwehr unterstützen den Schritt.”
Zu seinen Beweggründen: “Ich finde, der Verband gibt aktuell ein bedenkliches Bild in der Öffentlichkeit ab. Und auch der Bezug zur Basis scheint ein wenig verloren gegangen. Als normaler Feuerwehrmann – und als solcher sehe ich mich nach wie vor – der von der Jugendfeuerwehr über die FF bis zur Übernahme der Leitung der größten öffentlichen Feuerwehr in Deutschland nahezu alle Stationen durchlaufen hat, fühle ich mich einfach nicht mehr vertreten. Und so geht es ganz vielen Feuerwehrleuten in Deutschland. Zumindest habe ich diese Auskunft in vielen Gesprächen erhalten. Das schmerzt mich!”
Echter Neuanfang und ein gewisses Standing: “Meiner Meinung nach bedarf es eines kompletten Neuanfangs, wenn wir als Verband noch eine Chance haben wollen. Und meiner Meinung nach bedarf es gerade in der aktuellen Lage eines starken Feuerwehrverbandes. Wir dürfen uns nicht mit uns selbst beschäftigen, sondern müssen uns in den politischen Prozess einbringen. Gerade jetzt. Wir benötigen eine starke Interessenvertretung der Feuerwehren in Berlin. Das traue ich mir zu.”
Seine Bedingungen: “Ich würde das Präsidentenamt nur ehrenamtlich bekleiden. Oder mit anderen Worten: Ich bleibe Landesbranddirektor in Berlin, Chef der Feuerwehr und Behördenleiter. Dadurch, dass ich in Berlin vor Ort bin, halte ich die Übernahme des Präsidentenamtes aber für machbar.”
Seine Chancen: “Mir war es wichtig, dass die Delegierten eine zusätzliche Alternative haben. Eine Alternative für einen unbelasteten Neuanfang mit Blick nach vorne. Einen Neuanfang, bei dem die Hauptaufgabe des Verbandes – nämlich eine einheitliche und starke Interessenvertretung der Feuerwehren auf Bundesebene – zeitnah wieder in den Fokus rücken könnte. Denn als Berliner Feuerwehrchef wirke ich ohnehin schon heute im politischen Berlin und auf der bundespolitischen Ebene an vielen Stellen mit, so dass mir bereits viele Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung persönlich bekannt sind. Darüber hinaus konnte ich mir mit meinen unterschiedlichen Feuerwehrtätigkeiten sowohl im Haupt- als auch im Ehrenamt ein breites Spektrum von den Interessen der Feuerwehrbasis erarbeiten.”