Bürgermeister Arne Raue im Interview

Umstrittener Rückzug beim Waldbrand in Jüterbog

Jüterbog (BB) – Arne Raue ist Bürgermeister von Jüterbog. Er zog die Jüterboger Feuerwehrleute während des Einsatzes Anfang Juni 2019 zurück. Diese Entscheidung sorgte für heftige Kontroversen. Im exklusiven Gespräch mit Feuerwehr-Magazin-Autor Timo Jann begründet er sein Vorgehen. Den gesamten Einsatzbericht könnt Ihr im Feuerwehr-Magazin 9/2019 lesen.

Waldbrand
Die Flammen finden in dem ausgetrockneten Wald reichlich Nahrung. Foto: Feuerwehr Jüterbog

FM: Herr Raue, mit Ihrer Entscheidung, die Jüterboger Feuerwehrleute von den Löscharbeiten abzuziehen, haben Sie sich keine Freunde gemacht. Zumindest nicht beim Landkreis.

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Raue: Das mag sein, aber es geht mir auch nicht um Freundschaften. Mir geht es um den Schutz meiner Feuerwehrleute, für die ich als Bürgermeister die Verantwortung trage.

FM: Das müssen Sie unseren Lesern bitte genauer erklären.

Raue: Gerne. Ich möchte betonen, dass ich weder Spezialist für Chemie noch für Brandschutz bin. Aber wenn ich höre, dass es da im Brandgebiet chemisch riecht und es Detonationen gibt, dann bin ich vorsichtig. Alle Kameraden sollen wieder gesund zu ihren Familien heimkehren können. Deshalb habe ich vor der Einsatzleitung das Thema angesprochen. Montag war es ja noch ein reiner Waldbrand, aber am Mittwoch war dann der heikle Bereich einer Roten Zone betroffen. Die Feuerwehr-Führung hat die Kameraden meiner Meinung nach im Stich gelassen. Das wollte ich nicht akzeptieren. Deshalb habe ich die Kräfte zurückgeholt.

FM: Dafür haben Sie ordentlich Schelte bekommen.

Raue: Die Einsatzleitung kennt die Gefahren. In Leuchtspurmunition beispielsweise sollen hoch giftige Stoffe enthalten sein. Da kann es doch nicht gut sein, in einem damit belasteten Bereich vorzugehen. Außerdem wird schon seit Jahren – es war ja nicht der erste Waldbrand auf dem Gebiet – meiner Meinung nach gegen Vorschriften verstoßen. Für die Feuerwehrleute gilt die klare Ansage, die Roten Zonen abseits der als sicher eingestuften Wege nicht zu betreten. Aber Hubschrauber von Bundespolizei und Bundeswehr fliegen dicht über dem Baumbestand und werfen Löschwasser ab. Wenn da etwas von der alten Munition detoniert, ist das extrem riskant. Das ist doch ein Himmelfahrtskommando.

Dass man eine gewisse Gefahr nicht ausschließen kann, sehe ich als ausreichenden Ansatz, dass hier etwas nicht stimmt und Handlungsbedarf besteht. Es war klar, dass da Fachleute ranmüssen, um zu beurteilen, was an gefährlichen Stoffen in der Luft ist. Geeignete Firmen gibt es sogar in Jüterbog. Da hätte man ganz schnell Erkenntnisse gewinnen können. Das Gebiet rund um den Keilberg ist bekannterweise stark kontaminiert. Es ist absolut fahrlässig gegenüber den Einsatzkräften, sie hier einzusetzen, ohne Klarheit zu haben. Das Problem sollen wohl die Stäube sein, die aus der Munition freigesetzt werden.

Waldbrand
Dichter Rauch hüllt die Feuerwehrleute und Fahrzeuge ein. Foto: Feuerwehr Jüterbog.

FM: Die Analytische Task-Force war dann vor Ort und hat nichts festgestellt.

Raue: Das war ja nur eine Momentaufnahme. Ich würde mir so eine Überwachung während des Einsatzes dauerhaft wünschen.

FM: Wie gehen Sie nun weiter mit dem Thema um?

Raue: Nachdem die Messungen auf meinen Hinweis hin erfolgt sind und negativ ausfielen, waren die Jüterboger Feuerwehrkräfte wieder im Einsatz. Ich wünsche mir aber für die Zukunft, dass dieses Thema in den Planungen möglicher Einsätze mehr Gewicht bekommt. Wir brauchen da absoluter Sicherheit und Verlässlichkeit.

FM: Und was ist mit den Einsatzkräften? Es wurde von „Entsolidarisierung“ gesprochen?

Raue: Auf unsere Kameraden muss niemand sauer sein. Ich denke, jeder verantwortungsvolle Bürgermeister oder wer auch immer einen vergleichbaren Einsatz zu verantworten hat, würde so handeln. Mir ging es um den Schutz der Jüterboger Feuerwehrleute, deshalb stehe ich zu meiner Entscheidung.

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