Kampf gegen den Feuerkrebs

Was Feuerwehren von der BF Mannheim lernen können

Hamburg/Mannheim – Die Initiative „FeuerKrebs“ hatte 2018 einen Preis für ein nachhaltiges Hygienekonzept zur Prävention und zum Gesundheitsschutz im Einsatz ausgelobt. Ziel ist es, die Kontamination der Feuerwehrleute mit Schadstoffen zu reduzieren. So sollen Krebserkrankungen verhindert werden. Das umfangreichste Konzept reichte die BF Mannheim ein. Wir stellen es vor. 

Aspekte des Gesundheitsschutzes flossen massiv in Planung der neuen Hauptfeuerwache in Mannheim ein. Die Feuerwehr hat beim Kampf gegen den Feuerkrebs eine Vorreiterrolle in Deutschland eingenommen und setzt Maßstäbe. Foto: Feuerwehr

Feuerwehrleute sind (bei entsprechender Einsatztätigkeit) nach 15 Dienstjahren einem bis zu 30 Prozent höheren Krebsrisiko ausgesetzt als die Normalbevölkerung. Leber, Lunge, Niere, Prostata – die Liste der Krebssorten, den Arsen, Asbest, Dieselemissionen oder Benzol auslösen können, ist lang. Das belegen internationale Studien.

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Motto der Initiative Feuerkrebs: Bleib sauber und gesund

„Früher hat man etwa die Atemschutzgeräte und Schläuche nach Brandeinsätzen bei der Rückfahrt zur Wache in der Mannschaftskabine abgelegt, ist in den verdreckten Klamotten eingestiegen und eingerückt. An der Wache wurde dann die Technik neu aufgerüstet, manchmal verschwand die Schutzkleidung einfach wieder im Spind“, berichtet Marcus Bätge. Er hat 2016 mit Mitstreitern in Hamburg die Initiative „FeuerKrebs“ gegründet. Motto: Bleibt sauber und gesund. 

Marcus Bätge überreicht Mannheims Feuerwehrchef Karlheinz Gremm (rechts) die Siegerurkunde des Nachhaltigkeits-Awards. Foto: Feuerwehr

Mit dem 2018 erstmals ausgeschriebenen „FeuerKrebs Nachhaltigkeits-Award“ wurden Konzepte prämiert, die in der Praxis helfen sollen, eine Kontamination und vor allem deren Verschleppung zu verhindern. Den ersten Platz belegte die Feuerwehr Mannheim (BW). In Mannheim rückt bei jedem Einsatz, der eine Kontamination auslöst, der Gerätewagen Logistik (GW-Log) aus. „Auch nachts um 2.30 Uhr beim Mülleimerbrand“, berichtet Mannheims Feuerwehrchef Karlheinz Gremm. Ziel laut Konzept: Die maximale Reduzierung der Schadstoffeinwirkung auf Mensch und Gerät. Aufgabe der Besatzung des GW-Log ist es, zusammen mit der Mannschaft des betroffenen Löschfahrzeugs die Einsatzkleidung zu tauschen, die Fahrzeuge neu mit Schlauch- und Atemschutztechnik zu bestücken und so die Fahrzeuge des Löschzugs schon an der Einsatzstelle wieder einsatzbereit zu machen.

Rein äußerlich macht der GW-Log nicht viel her. Und man nmag auch kaum glauben, dass das 2000 von Binz auf einem Mercedes Atego aufgebaut Fahrzeuge bundesweite eine echte Besonderheit ist. Foto: Feuerwehr

„Hierbei überzeugt vor allem, dass das Projekt schon seit Jahren gelebte Praxis ist“, sagt Bätge. Die Atemschutzträger oder andere kontaminierte Kräfte können ihre Ausrüstung an der heckseitigen Ladebordwand des GW-Log abgeben. Dann betreten sie den Schwarzraum des Kofferaufbaus. Hier wird die Persönliche Schutzaus­rüstung (PSA) in Säcke verpackt. So kann nichts ausgasen. Weiter geht es in den integrierten Duschraum, auf dessen anderer Seite sich der Weißraum mit frischer PSA befindet. Unter anderem sind 50 Hosen und 50 Jacken in verschiedenen Größen an Bord.

Keine Kontaminationsverschleppung in die Feuerwache

Bätge: „Das Konzept ermöglicht, dass die Einsatzkräfte weiterhin einsatzfähig bleiben.“ Bei der oft verbreiteten Lösung mit Trainingsanzügen als Wechselkleidung schränkt das die Einsatzfähigkeit ja zunächst deutlich ein.“ Clou: Die Säcke mit der kontaminierten PSA werden mitgewaschen, sie lösen sich dabei auf. So findet keine Kontaminationsverschleppung in die Wäscherei statt, weil die Kleidungsstücke in den Säcken verpackt bleiben, solange sie kontaminiert sind.

Über die linke Tür wird der Aufbau des GW-Log betreten. Dort legen die Feuerwehrleute ihre verschmutzte Einsatzkleidung ab und gehen nach rechts in die Dusche. Nach dem Duschen rüsten sie sich mit neuer Einsatzkleidung aus und verlassen den Aufbau durch die rechte Tür wieder. Die zweite Treppe fehlt auf dem Bild. Foto: Feuerwehr

Bereits 1995 war ein ausgemusterter Rettungswagen als mobile Kleiderkammer hergerichtet worden. Der aktuelle GW-Log mit seinem umfangreichen Konzept ist der Nachfolger davon. Den Mercedes Atego 817 mit Kofferaufbau hatte Binz 2000 für die Feuerwehr Mannheim ausgebaut. Kräfte der Technik-Mannschaft der Hauptfeuerwache, die sonst bei Bedarf auch mit einem Wechselladerfahrzeug ausrücken, besetzen den GW-Log. „Sind sie unterwegs, könnten auch die Mannschaft des Löschbootes oder Kräfte einer Freiwilligen Feuerwehr mit dem Gerätewagen ausrücken“, sagt Gremm. Angefordert wird das Spezialfahrzeug vom jeweiligen Einsatzleiter. „Es ist bei uns eines der am meisten gebuchten Sonderfahrzeuge“, erklärt der Feuerwehrchef.

Hochrangig besetzte Jury

Doch das ist noch nicht alles. In Mannheim bestand außerdem die Chance, beim Bau der 2017 bezogenen Hauptfeuerwache an der Neckarstraße Aspekte des Gesundheitsschutzes durch eine Optimierung des Umgangs mit kontaminierter PSA und Ausrüstung zu berücksichtigen. „Daran wird deutlich, wie hoch der Stellenwert zu dem Thema in unserer Mannschaft bereits ist“, sagt Gremm. „Vergleichbare, umfassende Konzepte gibt es bisher in Deutschland meines Wissens nach nicht“, sagt ein Jury-Mitglied. In der Jury saßen unter anderem Hamburgs ehemaliger Feuerwehrchef Klaus Maurer, Feuerwehr-Magazin-Chefredakteur Jan-Erik Hegemann und vfdb-Präsident Dirk Aschenbrenner.

In Mannheim können bis zu drei Großfahrzeuge den zentralen Service-Point ansteuern. DOrt wird benutztes Equipment direkt in die Werkstätten gebracht und die Fahrzeuge neu bestückt. Foto: Feuerwehr

So können in der Mannheimer Hauptfeuerwache von einem zentralen Service-Point aus Geräte in schwarze Bereiche der angrenzenden Werkstätten übergeben werden. Von dort werden sie der Reinigung zugeführt und dann wieder im Weißbereich einsatzbereit gelagert, um erneut auf den Fahrzeugen verlastet werden zu können. „Die Feuerwehr Mannheim beschäftigte sich schon früh mit der Schwarz-Weiß-Trennung. Inzwischen gibt es ein rundes Gesamtkonzept zur Einsatzstellenhygiene, welches von der Mannschaft uneingeschränkt akzeptiert und gelebt wird“, erklärt Gremm. „Und das Konzept wird regelmäßig aktualisiert.“

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