Vorgehen an der Unfallstelle

Richtiges Vorgehen für Ersthelfer bei Verkehrsunfällen

Stell Dir vor, Du fährst mit Deinem Pkw an einem warmen Sommerabend auf einer Landstraße entlang. Hinter einer Kurve entdeckst Du plötzlich ein Fahrzeug, welches gegen einen Baum gefahren ist und die Straße versperrt. Eine Person liegt am Boden und bewegt sich nicht. Eine zweite Person schreit um Hilfe, sie scheint im Fahrzeug eingeklemmt zu sein. Was tust Du? Erst den Notruf absetzen und dann aussteigen? Oder doch lieber erst das Warndreieck aufstellen? Vielleicht sogar einfach weiterfahren? Wir haben zusammengefasst, wie jeder an einer Unfallstelle vorgehen muss.

Verkehrsabsicherung
Symbolfoto: Feuerwehr-Magazin | Buchenau

1. Anhalten! Hauptsache Anhalten.

Das Allerwichtigste, wenn Du an einer Unfallstelle vorbeikommst, ist anzuhalten. Nichts ist schlimmer, als an einem Unfallort vorbeizufahren. Das sieht auch der Gesetzgeber so. Unterlassene Hilfeleistung wird bestraft. Auch wenn bereits ein anderes Fahrzeug zum Stehen gekommen ist, halte auch Du an. Gemeinsam könnt Ihr besser helfen. Nicht vergessen: Das Vorbeifahren an der Unfallstelle führt immer zu Gewissenskonflikten mit Dir selbst.

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2. Absichern. Blinker, Weste, Dreieck.

An erster Stelle muss immer die Eigensicherung stehen. Daher solltest Du  immer die Unfallstelle richtig absichern. Dadurch verhinderst Du weitere Unfälle aufgrund des unerwarteten Hindernisses auf der Straße. Zudem schützt Du Dich selbst. Direkt nach dem Anhalten Warnblinker anschalten, danach am besten noch im Auto die Warnweste anlegen. Zu guter Letzt sollte im Abstand von mindestens 100 Metern auf einer Landstraße das Warndreieck aufgestellt werden.

3. Verschaffe Dir ein Bild der Lage.

Bevor Du direkt zum Handy greifst, um den Notruf abzusetzen, solltest Du einen Moment innehalten und die Lage betrachten. Sind die verletzten Personen bei Bewusstsein? Wie viele Personen sind überhaupt verletzt? Welche Verletzungen liegen vor? Das kannst Du nicht beurteilen, denkst Du? Keine Angst, du sollst keine umfangreiche medizinische Diagnose stellen. Oft reicht schon ein kurzer Blick über die Unfallstelle. Besteht unmittelbare Gefahr für die Verunfallten zum Beispiel durch ein Feuer am Auto und/oder durch auslaufende Betriebsstoffe, müssen die Personen zuerst aus dem Fahrzeug befreit werden. Erst jetzt greifst Du zum Telefon.

4. Notruf absetzen.

Egal ob Festnetz- oder Mobiltelefon: Unter der europaweiten Notrufnummer 112 erreichst Du immer fachkundige Hilfe. In Deutschland können unter dieser Nummer die Feuerwehr und der Rettungsdienst kontaktiert werden. Über die Nummer 110 erreichst Du die Polizei.

Lange Zeit wurden in der Erste Hilfe-Ausbildung die fünf W-Fragen gelehrt. Sie haben ihre Gültigkeit nicht verloren, aber: Heute führt Dich der Leistellendisponent durch das Gespräch. Er meldet sich oft direkt mit der ersten Frage: “Feuerwehr-Notruf, wo befindet sich der Unfallort?” Das Wichtigste ist in jedem Fall, nicht vorschnell aufzulegen. Der Disponent fragt Dich nach den nötigen Informationen, die er für die Alarmierung der Feuerwehr benötigt. Er beendet in jedem Fall das Gespräch.

Notruf
Symbolfoto: Feuerwehr-Magazin | Buchenau

5. Erste Hilfe leisten.

Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte kann oft wertvolle Zeit vergehen – Zeit, die Du nutzen solltest. Denn mit nur wenigen Handgriffen kannst Du oft schon Leben retten. Spreche den Patienten an. Ist er bewusstlos, muss er in die stabile Seitenlage gebracht werden. Prüfe, ob die Person atmet. Kannst Du keine Atmung feststellen, muss die Herz-Lungen-Wiederbelebung durchgeführt werden. Als Faustregel gilt: 30-mal kräftig auf den Brustkorb drücken, zweimal beatmen.

Dies machst Du so lange, bis der Rettungsdienst oder die Feuerwehr vor Ort eintrifft. Wichtig: Bloß nicht aufhören. Wenn Du einmal mit der Wiederbelebung angefangen hast, musst Du weitermachen, bis die Einsatzkräfte Dich ablösen. Deshalb ist es bei einem Herzstillstand wichtig, erst den Notruf abzusetzen und dann mit der Wiederbelebung zu beginnen. Grundlegende Erste Hilfe-Kenntnisse wie die stabile Seitenlage, die Wiederbelebung, aber auch das Versorgen von stark blutenden Wunden sollte jeder können. 

Bleibe bei dem Verunfallten. Zeige ihm, dass er nicht allein ist und dass etwas passiert. Schütze den Betroffenen vor Wärmeverlust. Das Einhüllen in eine Rettungsdecke hat neben der Wärmeerhaltung auch eine beschützende Wirkung – auch bei einem Bewusstlosen.

6. Auch bei mehreren Verletzten einen kühlen Kopf bewahren!

Grundsätzlich gilt: Mit mehreren Personen könnt Ihr mehreren Personen helfen. Wenn andere Verkehrsteilnehmer an der Unfallstelle vorbeifahren, mache auf Dich aufmerksam und dränge diese gegebenenfalls zum Anhalten. Aber auch wenn Du auf Dich alleine gestellt sein solltest, helfe der Person, die Deiner Meinung nach am dringendsten Hilfe benötigt.

Als Faustregel gilt: Helfe zuerst bewusstlosen Personen, bevor Du Dich um Personen kümmerst, die bei Bewusstsein sind. Mitunter ist es möglich, dass leicht Verletzte Dich bei Deinen Maßnahmen unterstützen können. Bemerkst Du die anrückenden Rettungskräfte, versuche diese einzuweisen, oder bitte andere Personen, dies für Dich zu tun.

7. Sei vorbereitet.

Es gibt nichts Schlimmeres, als unvorbereitet an eine Unfallstelle zu kommen. Ein Erste Hilfe-Kurs kann die Horrorvorstellung von einem Verkehrsunfall zumindest im Ansatz nehmen. Deshalb solltest Du regelmäßig einen Kurs absolvieren. Auch wenn die meisten Menschen nur einmal in ihrem Leben einen Erst Hilfe-Kurs machen, meist für den Führerschein, empfehlen alle Hilfsorganisationen einen Auffrischungskurs nach allerspätestens 5 Jahren. Bei einem Kurs kannst Du Handlungsabläufe vertiefen und eingerostetes Wissen auffrischen, sodass Du bei einem Unfall richtig helfen kannst. 

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Erweckbar dieses Wort gibt es tatsächlich.
    Kannte ich vorher aber auch nicht 😉

    Quelle Wikipedia:
    Somnolenz steht für eine Benommenheit mit abnormer Schläfrigkeit als leichtere Form der (quantitativen) Bewusstseinsstörung (leichte Bewusstseinstrübung) bei erhaltener Ansprechbarkeit und Erweckbarkeit.

    Der Begriff kommt wohl meiner Meinung nach, u.a. direkt aus der Medizin. Wäre doch mal ein Artikel im Feuerwehrmagazin wert *zwinker*

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  2. Damit hat Christoph aber gar nicht so unrecht, es stimmt schon, jede Person ist ansprechbar. Aber man weiß ja was damit gemeint ist:
    Ist die Person ansprechbar (also bei bewusstsein) oder nicht ansprechbar (also bewusstlos).
    Und das ist eben das wichtige was man wissen muss.

    Trotzdem, hat er wie gesagt nicht unrecht damit, ansprechbar sind alle

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  3. Also wirklich, ein wertvoller Kommentar, vor allem, wenn man die Zielgruppe des Artikels betrachtet! Und „erweckbar“? Ich weiß nicht, wo dieser Ausdruck herkommt. Mag ja richtig sein, ist dann aber unverständliches Fachchinesisch!

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  4. Jede Person ist ansprechbar. Man darf nur nicht immer mit einer Antwort rechnen…
    Besser: Bei Bewusstsein/ bewusstlos (nicht erweckbar).

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