Trinkwasserschutz wird immer wichtiger

11 Fakten zur Löschwasserentnahme aus dem Netz

Bremen – Bereits seit Juni 2016 liegt das neue Arbeitsblatt W 405-B1 “Bereitstellung von Löschwasser aus durch die öffentliche Trinkwasserversorgung” des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) vor. Es wurde eigens für die Feuerwehren unter Mitarbeit der Feuerwehrvertretungen/-organisationen erstellt und gilt sowohl bei Einsätzen als auch beim Übungsdienst. Es soll die Arbeit der Feuerwehren erleichtern, Verschmutzungen des Trinkwassers oder Beeinträchtigungen der Trinkwasserversorgung verhindern. Doch nach wie vor herrscht teilweise große Unsicherheit. Wir nennen die 11 Dinge, die Feuerwehrleute aktuell bei der Löschwasserentnahme aus öffentlichen Netzen beachten beziehungsweise wissen müssen. 

Som simpel lässt sich ein freier Einlauf in ein Güllefass herstellen. Foto: Thieme
So simpel lässt sich ein freier Einlauf in einen Tank herstellen. Foto: Thieme

Was gilt es bei der Löschwasserentnahme aus öffentlichen Netzen zu beachten? 

1. Ohne die gemäß der Flüssigkeitskategorie laut europäischer Norm DIN EN 1717 vorgegebenen Sicherungsmaßnahmen darf kein Löschwasser aus dem öffentlichen Leitungsnetz entnommen werden. Nur durch dieses Vorgehen sind die Feuerwehren bei möglichen Rechtsstreitigkeiten auf der sicheren Seite. Diese Forderung leitet sich aus der Trinkwasserverordnung (die seit 2003 gültig ist, in Verbindung mit dem Infektionsschutzgesetz und der EU/EG-Trinkwasserrichtlinie) ab und ist keine neue Forderung. Die Tatsache ist vielen Einsatzkräften nicht bewusst.

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2. Wenn verunreinigtes Fremdwasser (Flüssigkeitskategorie 5 nach DIN EN 1717, beispielsweise mit Krankheitserregern belastetes Wasser aus offenen Gewässern) zum Löschen genutzt wird, ist immer ein Zwischenbehälter mit Freiem-Auslauf zur Entkopplung vom Trinkwasser-Versorgungsnetz notwendig. Die gängigsten Zwischenbehälter sind mobile Faltbehälter. Offene Gewässer sind häufig mit Keimen und Bakterien belastet (unter anderem Colibakterien, MRSA-Keime oder Noroviren) ) und daher grundsätzlich als Kategorie 5 einzustufen, auch wenn das Wasser extrem sauber und klar aussieht. Die Belastung lässt sich mit dem bloßen Auge nicht erkennen.

3. Wasser im geschlossenen Löschsystem (in den Schläuchen oder den Pumpen, das heißt Hydrant – Pumpe – Strahlrohr — ohne jegliche Fremdeinspeisung/-zumischung) ist grundsätzlich als Kategorie 4 nach DIN EN 1717 einzustufen. Die ist jedoch nur dann gegeben, wenn alle Bestandteile des Systems ausschließlich mit Trinkwasser in Nutzung waren. Unter Kategorie 4 fallen Flüssigkeiten, die eine Gesundheitsgefährdung für Menschen beispielsweise durch die Anwesenheit einer oder mehrerer giftiger oder besonders giftiger Stoffe darstellen. Wenn das öffentliche Trinkwassernetz zur Löschwasserentnahme genutzt wird, ist deshalb für jeden Abgang eines Überflurhydranten beziehungsweise eines Standrohres ein Systemtrenner BA – heute B-FW (nur für Feuerwehren erlaubt!) – als Sicherungsarmatur einzusetzen.         
Die Schlauchstrecke muss auch bei Vorhandensein eines freien Auslaufs nach W 405 B-1 immer auch mit einem Systemtrenner mindestens jedoch mit einem Rückflussverhinderer am Hydranten- oder Standrohrabgang und einen zweiten Rückflussverhinderer am Sammelstück beziehungsweise Tankfüllstutzen (letzteres gültig bis 1. Juli 2016) eingesetzt werden.

4. Im Juli 2018 wurde die DIN 14346:2018-07 „Mobile Systemtrenner B-FW“ veröffentlicht. Den Feuerwehren steht nun eine zugelassene und sichere Armatur für den Trinkwasserschutz zur Verfügung, die zu beschaffen und bei der Löschwasserentnahme aus dem Trinkwassernetz einzusetzen ist. Der FNFW erlaubt aber auch – abweichend zu dieser Norm – ausdrücklich die Zulassung alternativer Geräte (also auch Systemtrenner, die nicht den in der Norm geforderten Volumenstrom von 1.600 l/min erbringen). Es muss nur die Berücksichtigung des Schutzziels, der Gebrauchstauglichkeit und der Sicherheit sichergestellt sein.

5. Nur nachweislich vor Erscheinen des Arbeitsblattes W 405-B1 im Juni 2016 beschaffte Rückflussverhinderer dürfen bis zu ihrer Aussonderung weiterhin eingesetzt (nach W405-B1 wird dies ausdrücklich als Übergangslösung zugelassen). Dabei müssen jedoch immer zwei dieser Armaturen für jeden genutzten Abgang in Reihe eingesetzt werden (beispielsweise einer am Hydrant und einer am Fahrzeug). Alternativ dürfen auch Sammelstücke nach DIN 14355 mit federbelasteten Einzelklappen oder Einzelabsicherungen verwendet werden, insofern ihre Beschaffung ebenfalls nachweislich vor Juni 2016 erfolgt ist und sie in Praxistests durch die Feuerwehr auf Rückflussdichtigkeit geprüft wurden.

6. Beim Überflurhydrant, ausgenommen Fallmantel-Hydrant, ist an jedem genutzten Abgang eine Entnahmearmatur (Regel- und Absperrarmatur) anzuschließen.

7. “Unter ungünstigen Umständen können durch Löschwasserentnahmen beim Fehlen geeigneter Sicherungseinrichtungen infolge von Rückfließen Verunreinigungen in das Rohrnetz gelangen und die Fließverhältnisse im Rohrnetz beeinflusst werden. Dadurch kann die Trinkwasserqualität gestört werden”, heißt es im Vorwort des W405-B1. Insbesondere bei hohen Betriebsdrücken und kleinen Durchmessern in Stichleitungen können dynamische Druckänderungen zustande kommen, wenn hohe Löschwasservolumenströme schnell unterbrochen werden (beispielsweise durch zu schnell betätigte Kugelhähne). Kugelhähne also unbedingt langsam schließen. Vakuumbrecher helfen, Druckschläge zu vermeiden. Druckbegrenzungsventile helfen, statische Drücke im Löschsystem zu begrenzen. Sie können aber genauso wenig wie die Systemtrenner Druckstöße beziehungsweise Druckspitzen reduzieren oder gar verhindern.

8. Zur Löschwasserentnahme aus dem öffentlichen Trinkwassernetz sind Informationen beziehungsweise Vorgaben des Netzbetreibers einzuholen und zu beachten. Dies sollte grundsätzlich und im Vorfeld möglicher Einsätze geschehen.

9. Wasserführende Fahrzeuge ohne „Freien Auslauf“ und ohne druckstoßarme Armaturen/Steuerungsautomatik haben durch das eingeschränkte Einsatzspektrum zukünftig einen geringeren Einsatzwert. Fahrzeuge, die nach dem 1. Juli 2016 ausgeschrieben wurden und nicht über die oben genannten Merkmale verfügen dürfen – streng genommen – ohne Umbau / Nachrüstung nicht mehr an das Trinkwassernetz.

Ein Feuerwehrmann bringt an einem Standrohr einen Systemtrenner BA an. Foto: Thieme
Ein Feuerwehrmann bringt an einem Standrohr einen Systemtrenner BA, der seit 2 Jahren am Markt ist und sich in der Praxis bewährt hat,  an. Foto: Thieme

10. Die öffentliche Wasserversorgung dient in erster Linie der Trink­wasserversorgung! Die Feuerwehr muss sich daher bei der Nutzung zwingend an die Vorgaben (Entnahmebedingungen) des Eigentümers der Wasserversorgungsanlagen und den gesetzlichen Vorgaben sowie der DIN EN 1717, der DIN EN 805 und den Stand der Technik des DVGW halten.

11. Die Feuerwehrnorm, DIN 14502 Feuerwehrfahrzeuge – Teil 2: Zusätzliche Festlegungen zu DIN EN 1846-2 und DIN EN 1846-3, wurde aufgrund dieser Thematik, insbesondere hinsichtlich der Problematik des freien Auslaufes beziehungsweise des freien Einlaufes im Löschwassertank als Norm-Entwurf im Februar dieses Jahres eingestellt. Der Freie Einlauf muss nun auch gemäß den Angaben des FNFW nach DIN EN 1717 gestaltet sein, also beispielsweise einen Sicherheitsabstand in der Höhe des doppelten Durchmessers der Zuleitung oder von mindestens 100 Millimeter zwischen Einlauf und Unterkante Überlauf aufweisen. Einige Löschfahrzeughersteller haben die technischen Lösungen bereits umgesetzt und bieten einen freien Einlauf in die Löschwassertanks sowie freien Ladeplatz für die neuen Armaturen – entsprechend den Vorgaben zur Nutzung beziehungsweise Leistung der Feuerlöschkreiselpumpe (größer 2.000 l/min beispielsweise mindestens zwei Systemtrenner) – im Aufbau an. Vorgegeben wird dann hoffentlich auch eine Druckregelung der Feuerlöschkreiselpumpe nicht nur ausgangsseitig, sondern auch am Pumpeneingang. Dieses Sicherheitskriterium gewährleistet nicht nur den Mindestdruck von 1,5bar im Trinkwassernetz, es entlastet vor allem auch die Maschinisten.

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