Worauf müsst Ihr bei der Wahl eines Feuerwehrhelms für die Brandbekämpfung in Gebäuden achten? Was verbirgt sich hinter den Fachbegriffen? Welche Prüfungen für Feuerwehrhelme gibt es und was sagen diese aus? Wie sollen Feuerwehrhelme gelagert und gepflegt werden? Wir erklären die wichtigsten Fakten und geben Praxistipps.
Die harmonisierte Europäische Norm DIN EN 443 „Feuerwehrhelme für die Brandbekämpfung in Gebäuden und anderen baulichen Anlagen“ ersetzte 1997 die bis dahin gültige deutsche Norm DIN 14940 „Feuerwehrhelm – Anforderung und Prüfung“. Damit ging eine Ära zu Ende. Leistungsanforderungen an den Kopfschutz lösten die festen Größen der alten Norm ab.
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Detaillierte Normausführungen des persönlichen Kopfschutzes, welche restriktive Material- und Baubeschreibungen festlegten, ließen den Herstellern bis dahin wenig Entwicklungsspielraum für Neuerungen. Der Endanwender hatte eigentlich nur ein Produkt zur Auswahl. Durch die DIN EN 443 entstand für Hersteller und Anwender erstmals die Möglichkeit einer freieren Gestaltung eines Feuerwehrhelmes.
Der Brandeinsatz wird im Aufgabenspektrum der Feuerwehr als Tätigkeit mit den größten Gefährdungen für die Einsatzkraft bewertet. Das gilt auch für den Kopfbereich. Zudem wächst der Anspruch an die Leistungsfähigkeit der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) bei den Feuerwehrleuten. Dabei gilt es stets zu bedenken, dass höchste Leistungsfähigkeiten, die Sicherheit suggerieren, nicht immer den sichersten Schutz darstellen. Temperaturbereiche, die die Helme der Feuerwehr aushalten, können für die Träger womöglich große Gefahren mit sich bringen.
Mit erster Revision der DIN EN 443 und Neuerscheinung der deutschen Ausgabe „Feuerwehrhelme für die Brandbekämpfung in Gebäuden und anderen baulichen Anlagen“ im Juni 2008 sind Änderungen erfolgt, die sich zwischenzeitlich am Markt etabliert haben. Die Revision wurde aus folgenden Gründen notwendig:
Aufnahme der Verpflichtung zur Gefährdungsbeurteilung bei Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), zum Beispiel nach BGI/GUVI 8675 (Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung auf der Basis einer Gefährdungsbeurteilung für Einsätze bei deutschen Feuerwehren), Juli 2008 (aktuell: DGUV Information 205-014 “Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr. Basierend auf einer Gefährdungsbeurteilung”, September 2016).
Anpassung an andere Normen zum Kopfschutz nach Vorgaben des CEN/ TC 158 (Kopfschutz), zum Beispiel Angleichung aufgrund der generellen Einführung von Schutzzonen in anderen Kopfschutznormen.
Anpassung anwendungsgerechter Prüfungen auf die unterschiedlichen Schutzzonen und deren Schutzbereiche.
Anpassung an den Stand der Technik – im Wesentlichen durch Änderungen der Anforderungen an Prüfungen, um den neuesten Erkenntnissen von Materialeigenschaften insbesondere bei Hitze- und Flammenkontakt Rechnung zu tragen.
Die DIN EN 443:2008-06 „Feuerwehrhelme für die Brandbekämpfung in Gebäuden und anderen baulichen Anlagen“ (Deutsche Fassung EN 443:2008) ersetzt ohne Übergangsfrist die Vorgängernormen. Eine erneute Revision dieser 2008er-Fassung will der DIN-Normenausschuss Feuerwehrwesen (FNFW) als nationales Normengremium erwirken.
Deutschland beantragt Revision
Wie der FNFW auf Anfrage des Feuerwehr-Magazins mitteilte, hat bisher nur Deutschland einen Antrag zur Revision von EN 443 im europäischen Normungsgremium CEN/TC 158 “Head protection” vorgelegt. Eine Entscheidung im europäischen Normungsgremium liegt allerdings noch nicht vor.
Der FNFW erwarte dazu eine schriftliche Umfrage im CEN/TC 158 etwa bis zum Herbst 2021. Sollte der Antrag angenommen werden, dann sei optimistisch mit etwa 1,5 Jahren Bearbeitungszeit zu rechnen, bis eine neue Norm vorliege – somit etwa Frühjahr/Sommer 2023.
Es könne aber auch passieren, dass der deutsche Überarbeitungsantrag von den anderen 33 CEN-Mitgliedsländern mehrheitlich abgelehnt würde. Dann bliebe die EN 443 unverändert bestehen.
Darauf ist bei der Beschaffung des Feuerwehrhelms zu achten
Es wird empfohlen, zukünftig mit einer Beurteilung der Gefährdungen gegen den Kopf im Innenangriff zu beginnen und daraus abgeleitete Anforderungen an den Feuerwehrhelm zu ermitteln. Eine Bedarfsanalyse, zum Beispiel nach Funktionsaufgaben von Einsatzkräften in einer Einheit, schließt sich an.
Ein mögliches Ergebnis kann sein: Nicht mehr alle Einsatzkräfte tragen den gleichen Helm. Oder Feuerwehrleute mit Mehrfachfunktionen erhalten sogar verschiedene Helme. Eine geeignete Dokumentation gibt zudem Sicherheit und Transparenz gegenüber Aufsichtsbehörden, zum Beispiel bei einem Unfall.
„Modelle nach EN 443 sind am universellsten“
Für die Ersatzbeschaffung der Helme, die gleichermaßen von BF und FF getragen werden, hat die Feuerwehr Ratingen (NW) einen eigenen Arbeitskreis gegründet. Dieser erstellte zunächst einen Anforderungskatalog. Eine grundlegende Bedingung: Der künftige Einsatzhelm sollte die neueste Norm DIN EN 443:2008-06 „Feuerwehrhelme für die Brandbekämpfung in Gebäuden und anderen baulichen Anlagen“ erfüllen.
„Mittlerweile gibt es ja auch die Feuerwehrhelm-Normen EN 16471 für die Wald- und Flächenbrandbekämpfung sowie EN 16473 für die technische Rettung“, sagt Branddirektor René Schubert, Leiter der Berufsfeuerwehr. „Die danach zertifizierten Spezialhelme sind leichter, kompakter und preisgünstiger. Aber Modelle nach EN 443 sind immer noch am universellsten. Sie weisen das höchste Schutzniveau auf und lassen sich ebenso für die Technische Hilfeleistung wie für die Vegetationsbrandbekämpfung einsetzen.“
Das sei manchen Feuerwehren nach Einführung der EN 16471 und der EN 16473 nicht klar gewesen. Sie hätten die nach diesen Normen geprüften Modelle in dem Irrglauben beschafft, nur diese und keine EN 443-Helme seien für diese speziellen Tätigkeiten zugelassen.
Die DIN EN 443 beinhaltet viele umfassende Informationen, die sowohl an Hersteller und Prüfinstitute als auch den Anwender gerichtet sind. Der geringste Teil gibt dem Anwender Wahlmöglichkeiten, dennoch ist das systematische Verständnis der Norminhalte von Interesse. Folgende wesentliche Norminhalte sollten Beschaffer kennen:
Die Norm sieht grundsätzlich nur zwei Typen an Feuerwehrhelmen vor. Sie legt Mindestanforderungen an Feuerwehrhelme fest, die die obere Kopfhälfte des Trägers schützen sollen. Das heißt, es sind durchaus auch höhere Anforderungen bei der Beschaffung denkbar.
Im Wesentlichen bietet der Helm Schutz gegen Auswirkungen von Stößen, Durchdringung sowie Einfluss von Feuer bei der Brandbekämpfung (Wärme, Temperatur sowie Flammeneinwirkung) für die Einsatzkraft der Feuerwehr.
Die Norm bezieht sich grundsätzlich auf den Fall oder die Aufgaben der Brandbekämpfung in Gebäuden und anderen baulichen Anlagen (wie Industrieanlagen, Tunnel, Schiffe). Für Aufgaben der Waldbrandbekämpfung gibt es eine eigene Helm-Norm.
Die Norm legt Anforderungen an Nacken- und Teile des Gesichts- beziehungsweise Augenschutzes fest.
Der Feuerwehrhelm kann bis zu fünf Schutzzonen in seinem Schutzbereich abdecken.
Die Schutzzone 3a umfasst den Schutz der Nackenpartie und deckt den zu schützenden Bereich zwischen Helmschale und Schutzbekleidung ab. Bedeutende Werkstoffe des Nackenschutzes sind textile flexible Gewebestoffe. Der Nackenschutz ist verpflichtender Bestandteil der Ausstattung eines Feuerwehrhelms.
Bei den Helmtypen wird in Typ A (mindestens Schutzzone 1a) und Typ B (Schutzzone 1a und 1b) unterschieden. Häufig wird auch vom sogenannten Halbschalenhelm oder Vollschalenhelm gesprochen.
Die Schutzzone 3a umfasst den Schutz der Nackenpartie und deckt den zu schützenden Bereich zwischen Helmschale und Schutzbekleidung ab. Bedeutende Werkstoffe des Nackenschutzes sind textile flexible Gewebestoffe, die den Anforderungen an textiler Schutzkleidung sehr nahe kommt. Der Nackenschutz ist übrigens fester verpflichtender Bestandteil der Ausstattung eines Feuerwehrhelms.
Die Zuordnung zum Typ A- oder Typ B-Helm obliegt dem Hersteller in Verbindung mit den zertifizierten Prüfinstituten. Zu erkennen ist der Helmtyp an seiner Kennzeichnung. Eine rein visuelle Einstufung ist in der Regel nicht möglich.
Prüfgrundsätze und Prüfungen der Norm für Feuerwehrhelme
Die Leistungskriterien der in der Norm vorgeschriebenen Prüfungen variieren in Abhängigkeit der Schutzzonen. Eine Prüfung ist nicht bestanden, wenn ein in der Norm festgelegter Leistungswert nicht eingehalten wird (zum Beispiel Überschreitung eines maximalen Leistungswertes bei der Prüfung der Stoßdämpfung größer als 15 kN). Es wird unterschieden in Pflichtprüfungen und optionale Prüfungen.
Die Mindestschutzzone, die Zone 1a, eines Feuerwehrhelmes muss alle Pflichtprüfungen voll erfüllen. Die Prüfungen werden ansonsten nur an den vollständig vorhandenen Schutzzonen durchgeführt.
Folgende Prüfungen sind in der DIN EN 443 hinzugekommen:
Prüfung der Wirksamkeit der Trageinrichtung. Theoretisch ist eine Trageeinrichtung des Helmes ohne Kinnriemen nach Norm vorstellbar. Eine sichere statisch-dynamische Dreipunktbefestigung kann derzeit jedoch nur mit einem Kinnriemen erreicht werden. Komfortelemente wie Kinnschalen können den einfachen Kinnriemen in der Trageergonomie verbessern.
Prüfung der Resistenz gegen heiße Festkörper für die Zone 1a und 1b, mit einer 900 Grad Celsius heißen Stahlkugel für sieben Sekunden auf der Helmschale.
Prüfung des Schutzes bei Schmelzmetallen für die Zone 1a und 1b mit 150 Gramm Eisen, welches auf rund 1 500 Grad Celsius erhitzt wurde.
Prüfung des Schutzes bei Schmelzmetallen für die Zone 3 a und 3b mit Aluminium (rund 600 Grad Celsius heiß). Für deutsche Baustandards sind flüssige Schmelzmetalle bei Wohnungsbränden eher bei Aluminiumoder Zinkbaustoffen denkbar und realistisch.
Flammenbeständigkeit (flame engulfment test) mit einer totalen Beflammung von 950 Grad Celsius für zehn Sekunden. Mit diesem Test soll eine Flash-over- Bedingung abgebildet werden. Daraus ist abzuleiten, dass ein Feuerwehrhelm nur mit einer Feuerschutzhaube verwendet werden sollte.
Prüfung der Stoßdämpfung und Durchdringungsprüfung bei erwärmter Helmschale direkt nach dem Strahlungswärmetest.
Für den Anwender sind für die Beschaffung zunächst die optionalen Prüfungen bei der Auswahl der PSA Kopfschutz von Bedeutung. Der Anwender muss auf Basis der Gefährdungsbeurteilung festlegen, welche optionalen Prüfungen der Feuerwehrhelm zudem erfüllen sollte.
Die Norm sieht vier optionale Prüfungen vor:
Vorbehandlungen bei tiefen Temperaturen bis zu -40 Grad Celsius (vorher war für Deutschland die Prüfung bei -30 Grad Celsius empfohlen).
Elektrische Eigenschaften (E 2). Prüfung der Isolierung eines nassen Helmes – Leckstrom zwischen Außenund Innenseite der Helmschale.
Prüfung der Isolierung der Helmoberfläche (E 3) – Leckstrom zwischen zwei Punkten auf der Helmoberfläche (Oberflächenisolierung). Die optionalen elektrischen Prüfungen spielen für das Stromnetz bei Niedervoltspannungen bis 400 Volt eher eine untergeordnete Rolle. Sicherungsautomaten, zum Beispiel bei Fehlerströmen, reagieren schnell und stellen Spannungsfreiheit her, so dass der Kontakt mit spannungsführenden Leitungen in Deutschland als unwahrscheinlich gilt.
Beständigkeit gegen Kontakt mit flüssigen Chemikalien – unterschiedliche flüssige Prüfchemikalien (wie NHeptan oder Butan-1-o). Diese Prüfung stellt nach Ansicht vieler Experten eher einen Materialtest dar. Für bestimmte Thermoplaste können Lösungsmittel quellend oder lösend einwirken.
Bei gleichem Aussehen und gleicher Form verschiedener Feuerwehrhelme können sehr unterschiedliche Leistungskriterien erfüllt und unterschiedliche Werkstoffe verbaut sein.
Ein Beispiel hierfür ist der Wandel der Helmschale aus ursprünglich Aluminium-Druckguss über duroplastische Helmschalen (beispielsweise aus Textil-Phenol-Harz) hin zu glasfaserverstärkten Plasten mit jeweiliger Lackierung in Leuchtfarbe und gleicher Helmschalenform. Die Vorlage der Baumusterprüfbescheinigung zu einem Feuerwehrhelm sollte bei Unsicherheiten deshalb unbedingt mit herangezogen werden.
Was die Kennzeichnung des Feuerwehrhelms alles verrät
Ein Feuerwehrhelm fällt unter die Kategorie einer komplexen PSA, die gegen hohe Gefahren oder ernste Gesundheitsschäden schützen soll. Daher ist nach PSA-Verordnung 2016/425 (bis April 2018 Richtlinie 89/686/ EWG) das Verfahren zur Zertifizierung eines Feuerwehrhelmes als EG-Baumusterprüfung durch zugelassene Prüfstellen anzuwenden.
Die CE-Kennzeichnung mit Angabe einer gemeldeten Stelle für die Prokuktionsüberwachung ist bei Feuerwehrhelmen mit der Kennzeichnung verpflichtend. Die Kennzeichnung ist gut sichtbar, lesbar und eindeutig, haltbar sowie dauerhaft an der PSA und deren Komponenten anzubringen. Die Mindestkennzeichnung umfasst für den Feuerwehrhelm:
CE-Kennzeichnung (CE-Zeichen), vierstellige Kenn-Nummer der gemeldeten Stelle der Produktionsüberwachung.
Zertifizierungs-Nummer und Jahr der europäischen Norm: EN 443:XXXX.
Name oder Zeichen des Herstellers.
Herstellungsjahr
Helmtyp A oder B.
Modell (Herstellerbezeichnung).
Größe oder Größenbereich (in cm).
Klassifizierung der niedrigen Temperaturen:
* bei -10 Grad Celsius,
** bei -20 Grad Celsius,
*** bei -30 Grad Celsius,
**** bei -40 Grad Celsius
E 1 – 440 V, 1,2 mA (Pflichtprüfung).
Optional E 2 und E 3. (E 2 – Leckstrom zwischen Außen- und Innenseite der Helmschale (feuchter Helm), E 3 – Leckstrom zwischen zwei Punkten auf der Helmoberfläche (Oberflächenisolierung)).
Die Klassifizierung der elektrischen Eigenschaften führt im Allgemeinen zum Ausschluss metallischer Helmschalen sowie metallischer Befestigungselemente. Metallverschlusselemente haben gegenüber Kunststoffverschlüssen allerdings den Vorteil, dass sie in der Regel länger halten. Metallfaserdurchwirkte Gewebe oder metallbeschichtete Gewebe können nicht verwendet werden.
Angaben zum Material der Helmschale können anhand von Buchstaben- Kombinationen entnommen werden. Für thermoplastische Kunststoffe stehen PE (Polyethylen), PP (Polypropylen), ABS (Acrylnitril-Butadien- Styrol), PC (Polycarbonat, Material der Visierscheiben) und PA (Polyamid). Bei duroplastischen Kunststoffen finden sich UP (ungesättigte Polyesterharze), PF (Phenol-Formaldehyd-Harze), GF (Glasfaserverstärkt) oder SF (Faserverstärkt) auf dem Schild.
Baugruppen und Bestandteile mit erheblicher Bedeutung für die Sicherheit müssen gekennzeichnet sein. Hinzu kommen spezielle Kennzeichnungen für zum Beispiel integrale Bestandteile des Feuerwehrhelmes. Die bedeutendste Kennzeichnung ist die der Gesichtsvisiere oder des Augenschutzes.
Über die Kennzeichnung hinausgehende notwendige Informationen können den Herstellerinformationen in der Sprache des Landes entnommen werden. Aussagen zu folgenden Punkten sind vorgeschrieben:
Zubehör und dessen Austauschmöglichkeiten.
Name, Anschrift und Warenzeichen des Herstellers.
Erreichbarkeit des Herstellers.
Typnummer, Identifizierungsnummer oder Modellnummer.
Größenbereiche und Einstellmöglichkeiten.
Einsatzeinschränkungen und Gefahren.
Größenauswahl, Gewicht, Passform und Einstellung, Gebrauch, Reinigung und Desinfektion, Instandhaltung und Wartung, Lagerung und Transport, Alterung (Lebensdauererwartung).
Länge der Lebens- und Nutzungsdauer.
Geeignetes Zubehör und zweckmäßige Ersatzteile.
Warnhinweise wie die Aussage: „Der Helm nimmt Energie eines Schlages … auf. Selbst wenn diese Beschädigung nicht gleich sichtbar ist, ist jeder Helm, der einem starken Aufprall aufgesetzt war, zu ersetzen.“
Kriterien für die Beschaffung von Feuerwehrhelmen
Beim Kauf sollten die Helmschale und das Haltesystem in den Größenverhältnissen aufeinander abgestimmt werden können. Das Haltesystem muss mindestens eine Verstellbarkeit für die Kopfumfänge von 51 bis 64 Zentimeter abdecken. Eine reine Katalogauswahl eines Feuerwehrhelms ist nicht ratsam. Ein Abwägungsprozess muss immer stattfinden, da niemals alle Schutzziele zu 100 Prozent durch die PSA abgedeckt werden können. Neben der reinen Betrachtung der Schutzfunktion sollten folgende Aspekte beachten werden:
Verstellen muss einfach und individuell ohne Werkzeug möglich sein.
Bauteile, die im Kontakt mit dem Träger stehen, dürfen keine scharfen Kanten oder Rauhigkeiten aufweisen.
Hautberührende Bauteile dürfen keine Hautreizungen oder Gesundheitsschädigungen verursachen. Klassisches Rindspaltleder – zum Beispiel als Stirnband – ist aus hygienischen Gründen und wegen der schlechten Reinigungsfähigkeit nicht zu empfehlen. Schweißabsorbierende und maschinenwaschbare Werkstoffe bieten sich inzwischen als Alternative an.
Alle Teile des Helmes sollten aus alterungsresistenten Werkstoffen bestehen, die durch Sonne, Schweiß und Ähnliches nicht angegriffen werden.
Eine Reinigungsfestigkeit nach Gebrauchsanweisung muss gegeben sein.
Eine Atemschutzmaske Feuerwehr und eine Brille muss ohne Störeinfluss verwendet werden können.
Die Anbringung auswechselbarer Teile oder Zubehör darf kein Nachteil zu den Anforderungen der Norm bringen.
Das Trageempfinden, gewonnen durch persönliche Tests verschiedener Probanden, berücksichtigen.
Aussehen und damit Akzeptanz der Helme bei den Feuerwehrleuten.
Des Weiteren ist darauf Wert zu legen, dass die empfohlenen Reinigungsmittel keine Hautreizungen verursachen. Auch der Gesichtsschutz, der mit dem Helm geliefert wird, muss der DIN EN 14458 genügen. Gesichtsschutz muss den Prüfungen der Zone 2 genügen, Nackenschutz den Anforderungen der Zone 3a. Das Zubehör für die Zone 3b muss in allen Punkten die Prüfungen der Norm an den Feuerwehrhelm genügen.
Viele Hersteller bieten Zusatzeinrichtungen und -optionen für ihre Helme an. Dazu gehören beispielsweise Reflexstreifen zur Funktionskennzeichnung, unterschiedliche Helmschalenfarben, Gesichtsvisier integral oder adaptiv, nur Augenschutz, Augenschutzbrille, Helmlampe integral, Helmlampe mit Lampenhalterung adaptiv, Kantenschutz, Funkgarnituren, Zusatzpolsterung, Komfortpolsterung, Gehörschutz, Wappen/Abzeichen, Kopfweiteneinstellung von außen, Helm-Masken-Schloss, Helmschutzüberzug, Gesichts- und Nackenschutz aus Textil oder Leder sowie Gesichts- und Nackenschutz mit aluminiumbedampften Geweben.
Zusatzeinrichtungen und Zubehör müssen gemeinsam mit dem Helm geprüft und nach der Europäischen Richtlinie zertifiziert sein. Die durch so genannte Kreuztests für sämtliche Zusatzeinrichtungen und Zubehör mit dem jeweiligen Helmtyp nach Prüfungen nach DIN EN 443 zugelassenen Zubehörteile sind bedenkenlos verwendbar.
In der maßgeblichen Norm DIN EN 443 „Feuerwehrhelme für die Brandbekämpfung in Gebäuden und baulichen Anlagen“ heißt es unter „Anforderungen“: „Falls der Hersteller der Helme Gegenstände […] zum Gebrauch mit dem Helm bereitstellt, muss auch der mit diesen Gegenständen ausgestattete Helm weiterhin die Anforderungen dieser Europäischen Norm erfüllen.“ Als Beispiel nennt die DIN EN 443 ausdrücklich Lampenhalter.
Das heißt: Wenn sich eine Feuerwehr entschließt, nicht das vom Helmhersteller selbst angebotene Zubehör oder von diesem zugelassene Fremdfabrikate zu verwenden, tritt sie in die Verantwortung eines Herstellers.
Tipps zur Umsetzung enthält die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) Information 205-014 „Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr. Basierend auf einer Gefährdungsbeurteilung“. Dort finden sich in Anhang A „Empfehlungen zur Durchführung von Trageversuchen zur Feststellung der Eignung und Kompatibilität von PSA der Feuerwehren“.
Bei Helmkennzeichnungen mit Klebefolien wird empfohlen, diese direkt mit dem Helm zu bestellen. Ansonsten sollte eine Unbedenklichkeit des Herstellers für verwendete Klebefolien eingeholt werden. Anbauteile sollten auf ein Minimum begrenzt bleiben und im Vorfeld festgelegt werden. So ist beim Wunsch, Helmlampen und Sprechgarnituren nutzen zu wollen, auf geeignete Halterungen und ergonomische Gewichtsverteilung zu achten. Überlegungen sollten dazu unbedingt im Vorfeld der Beschaffung angestellt werden!
Helme müssen regelmäßig gepflegt und gereinigt werden. Bei der Aushändigung des neuen Helmes und in der Folge in regelmäßigen Abständen sind die Träger darin zu schulen. Feuerwehrhelme sollten unbedingt geschützt vor UV-Strahlen und in normal klimatisierten Räumen aufbewahrt werden.
Welcher Helmtyp ist besser?
Welcher Helmtyp als „besser“ bei der Innenbrandbekämpfung zu bewerten ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein häufiges Argument für einen Typ A-Helm bei der Innenbrandbekämpfung ist, dass das Hörvermögen nicht so stark eingeschränkt wird wie bei einem Typ B-Helm. Da die Unfallstatistiken bei Benutzung eines Typ A-Helmes keine signifikant erhöhten Unfallzahlen aufweisen, werden diese Helme bisher in Deutschland häufiger beschafft.
„Wir nutzen künftig zwei verschiedene Helmtypen“
„Bei unseren Tests für die Beschaffung neuer Feuerwehrhelme sind unerwartete Ergebnisse herausgekommen“, erzählt René Schubert, Leiter der Berufsfeuerwehr Ratingen (NW). „Wir hatten eigentlich gedacht, wieder eine Standardlösung für alle Einsatzkräfte zu finden. Bald schon stellte sich heraus, dass Führung und Mannschaft unterschiedliche Vorstellungen haben“, berichtet der Branddirektor. „Die Führungskräfte bevorzugten Halbschalenhelme vom Typ A nach EN 443, da sie wegen ihrer Form die Kommunikation mit Funkgeräten erleichtern und ein größeres Sichtfeld bieten. Für die Mannschaft war es vor allem ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, das zur Wahl der Vollschalenhelme vom Typ B führte.“
Nach Auswertung der Erprobung standen ein Typ-A-Helm eines Herstellers sowie ein Typ-B-Helm eines anderen Unternehmens am besten da. „Das Vollschalen-Modell wird zwar unser Standardhelm, aber Führungskräfte erhalten künftig den Halbschalenhelm“, berichtet Schubert.
Feuerwehrhelme halten nicht ewig
Mit der neu gestalteten DIN EN 443 sind viele Verbesserungen zum Schutz des Trägers eines Feuerwehrhelmes eingeführt worden. Der Gestaltungsspielraum bei Kauf eines Helms ist größer, aber damit auch komplexer geworden. Die Eigenverantwortung in der Beschaffung ist durch die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung erhöht. Diese Eigenverantwortung sollte jeder als Chance sehen.
Die Qualität und Schutzfunktion der am Markt befindlichen Feuerwehrhelme haben sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Trotz aller Innovationen halten sie allerdings nicht ewig. So weist beispielsweise die Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse (HFUK) Nord darauf hin, dass Feuerwehrhelme aus Kunststoff eine begrenzte Lebensdauer haben. Wie lange diese definiert ist, müssen Feuerwehren bei den Herstellern abfragen. Über die angegebene Gebrauchsdauer sollten die Helme nicht getragen werden, empfiehlt die HFUK Nord.
Grundsätzlich hätten Faktoren wie Witterung, UV-Bestrahlung, Luftverunreinigungen, Qualität des verwendeten Kunststoffes sowie Druck, Temperatur und Spritzgeschwindigkeit bei der Formgebung der Helmschalen Auswirkungen auf die Haltbarkeit und damit auch auf die Schutzfunktion.
Vor allem aber sieht die Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord drei Einflussfaktoren zur Beeinträchtigung der Lebensdauer:
Hitzeeinwirkung,
Schläge auf den Helm,
Einwirkung von Chemikalien.
Untersuchung nach jedem Einsatz
So sollen Helme nach jedem Einsatz auf Beschädigungen untersucht werden. Auch die Befestigung der Innen- und Anbauteile ist zu prüfen. Die Hersteller geben Empfehlungen ab, bei welchen Schäden welche Maßnahmen – bis hin zur Aussonderung – zu ergreifen sind.
Grundsätzlich sollten Einsatzkräfte sorgsam mit Feuerwehrhelmen umgehen. Dazu zählt auch, Stoßeinwirkung – etwas durch Herunterfallen – zu vermeiden. Zur Aufbewahrung ist der Helm trocken und sauber zu halten.
Bei Verschmutzung sind laut HFUK Nord zunächst nur lauwarmes Wasser und (weiche) Lappen zu verwenden. Erst bei stärkerer Verunreinigung soll etwas Spülmittel eingesetzt werden. Maßgeblich sind auch hier die Pflegeanleitungen der Hersteller.
Bei Defekt oder Verschleiß des Helms ist nach Angaben der Feuerwehr-Unfallkasse ein Ersatz durch Originalteile notwendig. Dies gelte aus hygienischen Gründen auch bei starker Verschmutzung.
Glossar Feuerwehrhelme
96/98/EG (MED) = „Richtlinie über Schiffsausrüstung“ (seit 2016 durch Richtlinie 2014/90/EU aufgehoben)
ABS = Acrylnitril-Butadien-Styrol
DIN 58610 = Norm „Atemschutzgeräte – Vollmasken verbunden mit Kopfschutz zum Gebrauch als ein Teil eines Atemschutzgerätes für die Feuerwehr – Anforderungen und Prüfungen“
DGUV Information 205-014 „Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr – Basierend auf einer Gefährdungsbeurteilung“, September 2016
EN 14458 = Norm „Persönlicher Augenschutz – Gesichtsschutzschilde und Visiere zur Verwendung mit Schutzhelmen für die Feuerwehr, Krankenwagenpersonal und Notfalldienste“
EN 16471 = Norm „Feuerwehrhelme – Helme für Wald- und Flächenbrandbekämpfung“
EN 16473 = Norm „Feuerwehrhelme – Helme für technische Rettung“
EN 166 = Norm „Persönlicher Augenschutz – Anforderungen“
EN 171 = Norm „Persönlicher Augenschutz – Infrarotschutzfilter – Transmissionsanforderungen und empfohlene Verwendung“
EN 443 = Norm „Feuerwehrhelme für die Brandbekämpfung in Gebäuden und anderen baulichen Anlagen“ (Details siehe Kasten „Norm EN 443“)
GF = glasfaserverstärkt
ISO 16073 =Norm „Persönliche Schutzausrüstung für die Brandbekämpfung im freien Gelände – Anforderungen und Prüfverfahren“
MED = siehe 96/98/EG (MED)
NFPA 1971 = „Standard on Protective Ensembles for Structural Fire Fighting and Proximity Fire Fighting“ (Standard zu Schutzausrüstung für Brandbekämpfung in Gebäuden und nah am Feuer) der National Fire Protection Association (Nationale Brandschutz-Vereinigung, USA)
PA = Polyamid
PA-GF = glasgefülltes Polyamid
PC = Polycarbonat
PESU = Polyethersulfon
PF = Phenol-Formaldehyd-Harze
PPSU = Polyphenylsulfon
PU, PUR = Polyurethan
SF = faserverstärkt
SOLAS = „International Convention for the Safety of Life at Sea, 1974” (Internationales Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See)
UP = ungesättigte Polyesterharze
Text: Jan-Erik Hegemann, Chefredakteur Feuerwehr-Magazin, Dipl.-Ing. Gottfried Wingler-Scholz, Member of CEN TC 158 WG 3 Feuerwehrhelmnormung, BF Bochum, und Michael Rüffer, Redakteur Feuerwehr-Magazin