Bremen – Viele Feuerwehren schwören auf Schaummittel. Wann immer es geht, mischen sie dem Löschwasser Schaummittel in unterschiedlichen Konzentrationen bei. Doch es gibt nach wie vor auch Skeptiker. In manchen Feuerwehren wird bis heute kein Schaummittel zur Brandbekämpfung eingesetzt. Einige Irrtümer über Löschschaum halten sich bei den Feuerwehren hartnäckig. Wir klären auf.
Irrtum 1: Schaum ist gleich Schaum!
Falsch. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Schaumlöschmittel mit verschiedenen Einsatz-Schwerpunkten und unterschiedlichen umwelttechnischen Eigenschaften. Mehrbereich- und Class-A-Schaumlöschmittel bieten sehr breite Einsatzspektren, was der Einsatzvielfalt von kommunalen Feuerwehren sehr entgegenkommt. In der Regel sind diese Schaumlöschmittel fluorfrei und zu 100 Prozent biologisch abbaubar. Mehrbereich-Schaumlöschmittel sind in der Regel zum Erzeugen von Netzwasser, Schwerschaum, Mittelschaum und Leichtschaum geeignet (hierbei unbedingt die mitgelieferten Angaben auf den Datenblättern beachten).
Anzeige
TIPP: Informiere Dich welches Schaumlöschmittel auf “deinem” Fahrzeug verlastet ist.
Irrtum 2: Schaumlöschmittel verpesten die Umwelt!
Nein. Richtig eingesetzt, sind Löschschäume hocheffizient und helfen, die eigentliche Umweltkatastrophe – das Brandereignis – schnell und mit weniger Löschmitteleinsatz zu bekämpfen. Das minimiert die Rauchgasemissionen, senkt die Menge an (durch das Brandereignis) kontaminierten Löschwasser und minimiert Wasserschäden.
Irrtum 3: Bisher haben wir noch alles mit Wasser gelöscht!
Das mag stimmen. Aber war der Löscheinsatz auch effizient? Für viele Brandereignisse ist Schaum das wesentlich effizientere Löschmittel. Selbst wenn sich das jeweilige Schadenereignis auch mit Wasser bekämpfen ließe, kann mit Schaum oder Netzwasser die Menge an kontaminierten Löschwasser erheblich reduziert werden, die ansonsten ungehindert in die Umwelt oder die Kanalisation gelangen würde. Die Zugabe von Schaummittel reduziert also in vielen Fällen die Einsatzzeit und den Löschmittelverbrauch.
Auch beim Einsatz von Wasser rückt die Umsetzung der Löschwasserrückhaltung vermehrt in den Fokus der Einsatzstellen. Reduzierte Löschwassermengen durch Netzmittelbeimengung (unter 1 Prozen Zumischrate des herkömmlichen Schaummittels) vereinfachen hier die Rückhaltung.
Irrtum 4: Druckzumischsysteme sind teurer technischer Schnickschnack!
Nicht wirklich. Die weit verbreiteten Z-Zumischer sind in der modernen Feuerwehrlandschaft nicht mehr zeitgemäß. Diese Geräte arbeiten nur bei einem Arbeitspunkt – haben keinen Arbeitsbereich. In der Praxis entscheiden die Tücken der Physik oft über den Einsatzerfolg. Nur wenn der Löschwasser-Eingangsdruck, der Gegendruck, der Löschwasser-Volumenstrom und die Viskosität des Schaumlöschmittels innerhalb der zulässigen Toleranzen liegen, funktioniert auch die Schaumerzeugung korrekt und es wird ein löschfähiger Schaum generiert.
Systeme für den alltäglichen Einsatz im Durchflussbereich von 100 bis 1.000 l/min. sind schon für rund 10.000 Euro zu erwerben. Sie ermöglichen den schnellen Einsatz von Netzmittel bei Klein- und Waldbränden, sowie auch den schlagkräftigen Schaumeinsatz über zwei S4-Rohre.
Irrtum 5: Zum Löschen mit Schaum werden Schaumrohre benötigt!
Falsch. Zum Löschen mit Schaum sind die mittlerweile üblichen Hohlstrahlrohre ebenfalls bestens geeignet. Bereits ohne die zusätzlichen Schaumadapter erreichen diese Rohre Verschäumungszahlen (VZ) zwischen 3 und 7 und arbeiten damit im Schwerschaumbereich. Diese Verschäumung ist bei Bränden der Brandklasse A vollkommend ausreichend. Werden höhere Verschäumungen benötigt, kann mit optional erhältlichen Schaumadaptern für Schwer- oder Mittelschaum gearbeitet werden. Ein weiterer Vorteil: Je nach Konstruktion der Rohre und Adapter können damit wesentlich bessere Wurfweiten erreicht werden, als mit den konventionellen Schaumrohren. Wie bei allen Armaturen gilt auch hier: Nach dem Einsatz gründlich spülen.
Irrtum 6: Die Konzentration/Zumischrate spielt eh keine Rolle!
Die mitgeführten Schaummittelmengen entscheiden im Zusammenhang mit den Einsatzkonzentrationen über den taktischen Einsatzwert. In Bezug auf einen 20 Liter Kanister Schaummittel bedeutet dies, dass mit einem 3-prozentigen Schaummittel 667 Liter Wasser-Schaummittel-Gemisch (Premix) erzeugt werden können. Danach ist der Kanister leer. Wird stattdessen ein Schaumlöschmittel eingesetzt, das nur mit 0,5 Prozent zugemischt werden muss, ist der taktische Einsatzwert des 20 Liter Konzentrates sechsmal höher. Es können demnach 4.000 Liter Premix erzeugt werden. Da es für eine Feuerwehr erhebliche Vorteile hat, wenn der Einsatzwert so hoch wie möglich ist, geht der Trend zu Schaumlöschmitteln mit geringen Zumischraten. Das erfordert allerdings Zumischer, die diese kleinen Mengen dem Löschwasser exakt zudosieren können. Fällt die tatsächliche Zumischrate aufgrund von Ungenauigkeiten geringer aus, hat das einen negativen Einfluss auf das Löschvermögen und die Rückbrandbeständigkeit des Löschschaumes. Fällt die Zumischrate zu hoch aus, ergeben sich negative Tendenzen für die Rückbrandbeständigkeit durch erhöhte Brennstoffbeladung bei Brandklasse-B-Bränden, die Abbrandstabilität und das Fließverhalten des Löschschaumes. Je nach Einsatzszenario und verwendetem Schaummittel können diese Effekte über den Einsatzerfolg eines Löscheinsatzes entscheiden. Daher gilt: Die angegebene Zumischrate muss eingehalten werden!
Im Internet werden inzwischen einige Schaummittelrechner angeboten, die sehr einfach zu bedienen sind. Mit diesen Schaummittelrechnern lässt sich mit einer gegebenen Schaummittelmenge der erzeugbare Schaum berechnen oder die erforderliche Schaummittelmenge zur Erzeugung einer bestimmten Menge Löschschaum bestimmen.
Irrtum 7: Class-A-Schaumlöschmittel sind das Gleiche wie die Mehrbereichsschaummittel!
Mehrbereich-Schaumlöschmittel sind optimiert für ein sehr breites Anwendungsspektrum. Mit diesen Schaummitteln ist es möglich, sowohl Netzwasser, als auch Schwer-, Mittel- oder Leichtschaum zu erzeugen. Damit wird in der Regel die gesamte Bandbreite im Einsatzspektrum einer kommunalen Feuerwehr abgedeckt.
Class-A-Schaumlöschmittel sind optimiert für die Brandbekämpfung in der Brandklasse A. In der Regel erzeugen diese Löschmittel den (optisch) schlechteren Schaum, da dieser zum Beispiel schneller zerfällt als Mehrbereichsschaum. Dieser Effekt ist gewünscht, damit der Schaum die in den Schaumblasen gebundene Flüssigkeit gleichmäßig an das Brandgut abgibt. Trotzdem sind Class-A-Schaummittel in der Regel auch zum Erzeugen von Mittelschaum und für die Brandbekämpfung kleinerer Brände der Klasse B (unpolar) geeignet.
Irrtum 8: Filmbildende (fluorhaltige) Schaummittel werden verboten!
Die AFFF (aqueous film forming foam, auch A3F genannt) und die alkoholbeständigen AFFF-AR-Schaummittel beinhalten Fluortenside, die durch ihre filmbildenden Eigenschaften für hervorragende Löscheigenschaften bei der Bekämpfung großflächiger Flüssigkeitsbrände sorgen. Allerdings sind die Fluortenside persistent in der Umwelt und stehen deshalb in der Kritik. Seit dem 27. Juni 2011 ist ein Stoff aus der Stoffgruppe der C8-Tenside (das PFOS) verboten. Auch der Einsatz eines weiteren C8-Tensids (das PFOA) ist seit dem 4. Juli 2020 reglementiert.
Der EU-Verordnung zur Folge dürfen Schaumlöschmittelkonzentrate, die ab dem 4. Juli 2020 in Verkehr gebracht werden, eine maximale Konzentration von 25 ppb PFOA und dessen Salzen oder 1000 ppb für eine oder eine Kombination von PFOA verwandten Substanzen aufweisen. Fluorhaltige Schaumlöschmittelvorräte, worden sind und einen PFOA Gehalt größer 25 ppb haben, dürfen in Einsatzstellen ohne vollständige Löschwasserrückhaltung nur noch auf Brandklasse B und bis zum 1. Januar 2023 eingesetzt werden. Für selbige Schaummittel beim Einsatz in Einsatzstellen mit vollständiger Löschwasserrückhaltung ist eine 5-jährige Übergangsfrist bis zum 4. Juli 2025 möglich.
Es können auch synthetische Schaummittel betroffen sein, die ohne fluororganische Verbindungen hergestellt worden sind. Wurden diese in nicht oder unzureichend gereinigte Tanks oder Behälter eingefüllt, dann kann es zu einer Verunreinigungsverschleppung gekommen sein. Besteht dieser Verdacht, dann sollte eine entsprechende PFOA Analyse durchgeführt werden.
Für die Einsatzlagen der kommunalen Feuerwehren gibt es mittlerweile ausgiebig getestete Schaumlöschmittel ohne fluororganische Inhaltsstoffe, die Löschleistungen ähnlich der AFFF und AFFF / AR abbilden. Die Norm für die Schaumlöschmittelprüfungen, die EN 1568:2018, führt hierfür eine neue Schaumlöschmittelgruppe, die sogenannten F3-Schäume, ein. F3 steht für Fluorine Free Foam („fluorfreie Schaumlöschmittel“) und wird in F3 und F3-AR (alkoholbeständig) unterschieden. F3-Schäume sollen in der Anwendung und der Löschleistung den vormals fluorierten Schaumlöschmitteln nahe kommen. Somit besteht bei herkömmlichen Einsatzlagen nicht mehr der Bedarf auf fluorierte Schaumlöschmittel zurückgreifen zu müssen.
Für industrielle Feuerwehren bedeutet die Umstellung ein deutlich größeren Aufwand, da viele F3-Schaumlöschmittel brennstoffselektiv sind und bei geringen Aufgaberaten unterschiedliche Löschleistungen auf unterschiedlichen Brandgütern zur Folge haben.
Irrtum 9: Ohne fluorhaltige Schaummittel geht es nicht!
Für kommunale Feuerwehren ist diese Aussage in der Regel nicht haltbar. Die Zuständigkeit hört meist bei der Abdeckung des Brandschutzes beim Transport auf. Die Produktion und Lagerung von Gefahrgüter wird in der Regel mit gesonderten Auflagen und der Vorhaltung von Löschmittel verknüpft. Somit sind nur die Risiken auf der Straße, der Schiene und dem Wasserweg zu betrachten. Für diese räumlich und mengenmäßig begrenzten Szenarien können Konzepte mit Schaumlöschmitteln entwickelt werden, die ohne fluororganischen Wirkstoffen (Fluortenside) hergestellt worden sind.
In der Industrie ist diese Aussage fallabhängig zu betrachten. Je nach Brennstoff, Objektart und Applikationsmethode ist ein Löscherfolg ohne Fluortenside nicht garantiert. Hier bedarf es einer individuellen und genauen Betrachtung.
Irrtum 10: Leichtschaum ist nur etwas für stationäre Löschanlagen!
Gerade in jüngerer Zeit besinnen sich viele Feuerwehren auf die Vorteile von Leichtschaum für die Brandbekämpfung – insbesondere in der Brandklasse A. Mit Leichtschaum ist es möglich, selbst verwinkelte Räume vollkommen mit Schaum zu fluten. Auf diese Weise wird das Feuer erstickt und dabei der Wasserschaden minimiert.
Leichtschaum ermöglicht außerdem, mit dem Löschmittel in Bereiche vorzudringen, die mit Wasser zum Beispiel gar nicht erreichbar wären. Schließlich kann Schaum auch „um die Ecke fließen“. Ein Wasserstrahl geht nur gerade aus. Leichtschaum bis zu einer Verschäumungszahl 400 weist eine ausgesprochen gute Fließfähigkeit auf.
Irrtum 11: Druckluftschaum-Systeme (CAFS) sind reine Spielerei!
Compressed-Air-Foam-Systeme (Druckluftschaum) bedeuten einen gewissen finanziellen und technischen Aufwand. Sie haben jedoch Vorteile, die das Löschmittel Schaum noch effizienter machen. Durch die sehr homogene Struktur von CAFS-Schaum sind in der Regel dünne Schaumschichten ausreichend, um eine brennbare Flüssigkeit gasdicht und rückzündungssicher abzudecken.
Für eine Brandbekämpfung in der Brandklasse A kann mit CAFS ein sehr nasser, aber dennoch haftfähiger Schaum erzeugt werden. Dieser Schaum bleibt selbst bei senkrechten Flächen am Brandgut „kleben“. Die in den Schaumblasen gebundene Flüssigkeit wird gleichmäßig an das Brandgut abgegeben.
Ein ebenfalls sehr haftfähiger, trockener Schaum kann vorbeugend aufgetragen werden. Die sehr guten Dämmeigenschaften schützen so Materialien oder Bauteile vor Hitzeschäden oder Entzündung.
Leichtschaum: Tipps für den Einsatz
Auf Netzwasser setzen inzwischen schon sehr viele Feuerwehren. Und auch mit Schwer- und Mittelschaum werden immer häufiger Brände bekämpft. Einzig an Leichtschaum trauen sich viele Wehren noch nicht heran. Wir erklären, wofür Leichtschaum eingesetzt werden kann und was seine großen Vorteile sind.
Brennt Lkw-Garage“, lautet das Einsatzstichwort. Als die ersten Kräfte eintreffen, steht der Komplex bereits in Vollbrand. Der 49-jährige Besitzer versichert, dass sich keine Personen mehr in dem Objekt befinden. An den Blechtoren schlägt die Farbe an der Außenseite durch die Hitzeeinwirkung bereits Blasen. „Ach ja“, sagt der 49-Jährige plötzlich. „Im Inneren stehen auch Fässer mit Dieselkraftstoff.“ An der Rückseite des Gebäudes befindet sich in etwa 3 Meter Höhe ein Fenster, das durch das Feuer bereits zerstört ist.
Der Einsatzbefehl lautet: „Fluten mit Leichtschaum über Fensterzugang!“ Zum Einsatz kommt ein Schaumgenerator Typ FlexiFoam. Die Feuerwehren löschen mit einem Mehrbereich-Schaummittel. Nach zirka 3 Minuten ist der Brand unter Kontrolle, nach 6 Minuten gelöscht. „Das war ja einfach“, sagt einer der Einsatzkräfte. „Die eigentliche Arbeit hat der Schaum für uns gemacht.”
Kommunale Feuerwehren sind im täglichen Einsatzgeschehen meistens mit einem sehr breiten Einsatzspektrum konfrontiert. Aus diesem Grund sind auch die zur Normbeladung gehörenden Schaumlöschmittel für eine Eignung als Netzmittel sowie zum Erzeugen von Schwer-, Mittel- und Leichtschaum ausgelegt. Daraus ergibt sich ein sehr breites Anwendungsspektrum für die Brandklassen A (feste Stoffe wie Holz, Kunststoffe oder Kohle) und B (flüssige oder flüssig werdende Stoffe).
Während Schwer- und Mittelschaum vor allem für die Brandbekämpfung in der Brandklasse B eingesetzt werden, ergeben sich speziell für Leichtschaum auch signifikante Vorteile für den Einsatz in der Brandklasse A. Bei der Betrachtung der Löscheigenschaften von Feuerlöschschäumen bei verschiedenen Verschäumungszahlen (VZ) wird klar, dass für eine effiziente Brandbekämpfung Verschäumungszahlen im unteren Leichtschaumbereich (VZ 200 bis 400) eine Reihe von Vorteilen und Möglichkeiten bieten.