Info-Material und Tipps

Kindeswohl schützen! In Kinderfeuerwehr und Jugendfeuerwehr

Kindeswohl muss als höchster Grundsatz der Arbeit in Kinder- und Jugendfeuerwehren in die Köpfe der Verantwortlichen eindringen. Es geht um erhöhte Aufmerksamkeit und ganz persönliche Grenzen. Empfehlungen und Hilfestellungen für den aktiven Kinderschutz und die Prävention gegen Kindeswohlgefährdung.

Notruf
Symbolfoto: Feuerwehr-Magazin | Buchenau

Die Jugendleiter in den Kinder- und Jugendfeuerwehren sind Feuerwehrfrauen und -männer, unter ihnen befinden sich nur ganz wenige ausgebildete Erzieher und Pädagogen. Ein Umstand, den wir uns in den Feuerwehren immer wieder bewusst machen müssen. Doch schützt er die Jugendwarte und Betreuer nicht davor, dass der Anspruch an ihren Umgang mit Kindern und Jugendlichen riesengroß ist.

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Im Mittelpunkt stehen die Themen Kinderschutz und Prävention gegen Kindeswohlgefährdung. Übrigens nicht erst seit Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetz im Jahr 2012. Dieses soll das Wohl von Kindern und Jugendlichen schützen und ihre körperliche, geistige und seelische Entwicklung fördern. Deswegen wollen wir hier nicht auf Gesetze eingehen, sondern aufklären und Tipps geben.

Was Kindeswohl gefährdet

Hierbei helfen beispielsweise die folgenden Erklärungen von Familienrecht.net, einer Ratgeberseite des Berufverbands der Rechtsjournalisten. Kindeswohlgefährdung kann in unterschiedlichen Erscheinungsformen passieren.

  • Vernachlässigung: Erhalten Kinder nicht ausreichend Nahrung oder Flüssigkeit, stellt dies unter Umständen eine Kindeswohlgefährdung dar. Vernachlässigung kann aber auch in Form von fehlender emotionaler Zuwendung oder medizinischer Versorgung auftreten.
  • Vernachlässigung der Aufsichtspflicht: Fehlt eine altersgerechte Betreuung, die den Schutz vor Gefahren gewährleistet, kann sich dies negativ auf die Entwicklung auswirken.
  • Gewalt kann die verschiedensten Formen annehmen. Sie kann sich sowohl in Handgreiflichkeiten als auch in Mobbing, Ausgrenzung und seelischem Druck abspielen.
  • Sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt: Der sexuelle Missbrauch von Kindern führt in den meisten Fällen zu schwerwiegenden Traumata.
  • Seelische Misshandlung: Die seelische Kindeswohlgefährdung kann verschiedenste Formen annehmen. Dabei kann es sich zum Beispiel um die Androhung von Gewalt oder auch eine verbale Entwertung handeln. Aber auch eine Überbehütung kann als Kindeswohlgefährdung gewertet werden.
  • Häusliche Gewalt: Erleben Kinder und Jugendliche gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Eltern oder anderen Bezugspersonen, hat dies nicht selten weitreichende Folgen.

Hier sind einige Punkte eindeutig in dem Bereich des familiären Umfelds angesiedelt. Das lässt aber die Akteure in der Jugendarbeit nicht aus der Verantwortung, auf eine vermeintliche Kindeswohlgefährdung außerhalb der Feuerwehr zu reagieren.

Auf Anhaltspunkte achten

Nach dem „Bewusst machen“, was zur Kindeswohlgefährdung gehört, ist das Erkennen der nächste Schritt. Doch wie? Jugendleiter müssen eine gewisse Aufmerksamkeit für die Kinder und Jugendlichen aufbringen, auf verändertes Verhalten und den Gemütszustand eines Schützlings genau achten. Hierbei bietet Familienrecht.net Hilfestellung mit der Checkliste „Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung“

Wenn ihr als Jugendleiter einen konkreten Verdacht einer Kindeswohlgefährdung hegt, greift Paragraph 8a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“: Information an das Jugendamt.

Weiterlesen auf feuerwehrmagazin.de

Die Vorgehensweise vom Jugendamt bei vermeintlicher Kindeswohlgefährdung besteht in erster Linie aus Angeboten zur Unterstützung und Beratung der Eltern. Verweigern die Eltern die Mitarbeit und besteht die Gefahr einer akuten Kindeswohlgefährdung, kann das Jugendamt auch gegen den Willen der Eltern notwendige Hilfen organisieren. Dabei kann es sich zum Beispiel um einen Besuch beim Arzt oder eine vorübergehende Unterbringung handeln.

Allerdings ist das Jugendamt nicht dazu befugt, die Rechte der Eltern zu beschränken. Hierfür ist von Amtswegen das Familiengericht einzuschalten.

Kinderschutz – Was tun bei Misshandlung?

Video der Johanniter-Unfall-Hilfe:

Gefährliche Rituale in der Feuerwehr

Vieles, was in schulischem oder familiärem Umfeld eine Kindeswohlgefährdung auslösen kann, lässt sich auch auf Situationen in der Kinder- oder Jugendfeuerwehr übertragen. Vor seelischer und körperlicher Gewalt ist keine Gruppe gefeit. Immer, wenn unterschiedliche Rollen und Charaktere aufeinandertreffen, kann es zu Auseinandersetzungen kommen.

Wer kennt das nicht, ein neues Jugendfeuerwehr-Mitglied im nächsten Zeltlager zu taufen? Das sind so Rituale, wo Ihr wirklich aufpassen müsst. Während der eine mutige Jugendfeuerwehrmann förmlich darauf wartet, endlich in den See geschmissen zu werden, führt das jedoch bei anderen Kindern und Jugendlichen zu großem Unwohlsein. Und es bleibt ja häufig nicht beim kurzen Nassmachen.

Diese JF-Taufen überschreiten sehr häufig die Grenzen eines jungen Menschen. Sie arten für das Opfer in wahrnehmbare Gewalt aus – körperlich durch das Festhalten der Kameraden und psychisch durch die Erniedrigung. Die gleiche Wirkung kann das Kräfte messen unter Jugendlichen haben. Ältere wollen sich behaupten und nutzen ihre körperlichen Vorteile.

Genauso gefährlich sind Mobbing und Ausgrenzung. Ihr solltet genau auf das Gruppengefüge und Cliquen achten. Nicht zwangsläufig sind Cliquen etwas Schlechtes. Sie können in einer Jugendfeuerwehr durchaus einen festen Kreis bilden, der Verlässlichkeit und Motivation erzeugt. Aber entscheidend sind die Fragen: Wer ist außen vor und was passiert mit ihm? Es macht ihm entweder nichts aus und er hängt mit anderen Kameraden ab. Oder er wird vielleicht doch ausgegrenzt.

Achtung! Jeder hat seine eigene Grenze

Es gibt selten ein Falsch oder Richtig, ein Spaß oder Ernst. Das wirkt bei jedem Menschen individuell und macht es gefährlich. Macht Euch klar: Was für den einen ein lockerer Spruch ist, wirkt für den anderen beleidigend. Genauso kann nur das vermeintliche Opfer beantworten, ob es sich gemobbt fühlt oder nicht. Sind die Sprüche auf das Konto der einen Person in der Summe zu viel oder reichen da schon wenige unbedachte Beleidigungen aus? Konkrete Beispiele sind frauen- oder ausländerfeindliche Witze. Sie haben in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen schlichtweg nichts zu suchen.

Besonderes Augenmerk gilt darauf zu legen, was von jungen Menschen als sexuell übergriffig empfunden werden kann. Das kann schon der Spruch eines Jugendleiters in der Gruppendusche sein: „Duschst Du immer mit Badehose? Hier guckt doch keiner jemanden was ab.“ Völlig unnötig. Wenn ein Junge sich nicht nackt zeigen möchte, dann hat er seine Gründe. Diese Grenze dürft Ihr niemals überschreiten.

Apropos Badehose. In Schwimmbadsituationen solltet Ihr allgemein verstärkt aufpassen, dass Mädchen und Jungen sich nicht „angepackt“ oder beobachtet fühlen. Ein falscher Griff beim Toben im Schwimmbecken kann auf den jungen Menschen wie eine ungewollte Annäherung wirken. Diese Grenzen zu beachten, ist enorm wichtig im Umgang mit Kindern und Jugendlichen.

Übergriffen vorbeugen

Letztlich erreichen diese Empfehlungen aber nur die Menschen, die in ihrer Haltung absolut „immun“ gegen kindeswohlgefährdende Handlungen sind. Doch wir können niemandem hinter die Stirn gucken.

Dass jemand dazu neigt, körperliche Nähe, eine sexualisierte Atmosphäre oder gar sexuelle Handlungen zu Mädchen und Jungen zuzulassen und vielleicht zu suchen, kommt häufig erst nach einem Übergriff ans Licht. Das ist gefährlich.

Umso wichtiger ist es, diesen Situationen und Möglichkeiten vorzubeugen. Eine Empfehlung der Deutschen Jugendfeuerwehr:

Täter suchen sich Gelegenheiten, bei denen sie im Alltag in verfängliche Situationen mit Kindern und Jugendlichen geraten können, zum Beispiel gemeinsame Übernachtungen oder gemeinsames Duschen. Jugendfeuerwehrwehren sollten darauf achten, keinen Raum für sexuelle Übergriffe zu bieten.

Alle Beteiligten – sowohl Jugendleiter als auch die JF-Mitglieder – sollten darauf sensibilisiert werden, aufeinander zu achten. Verfängliche Situationen in der Jugendfeuerwehr, ohne sachlichen zwingenden Grund, sollten vermieden oder aufgelöst werden. Das bezieht sich beispielsweise auf unbeobachtete Zweisamkeit, unnötige körperliche Nähe (Rücken eincremen und so weiter) sowie Bettenverteilung bei Freizeitfahrten und Zeltlagern.

Auch hier gilt, Jugendwarte und Betreuer sollten aufmerksam auf Verhaltensmuster der Kinder und Jugendlichen achten, um Verhaltensänderungen feststellen zu können.

Haltung vorleben

Ihr solltet als Jugendleiter vorbeugend unbedingt eine Haltung vorleben, die keinen Spielraum für irgendeine Form von Kindeswohlgefährdung in Eurer Gruppe zulässt:

  • Bekannt machen und erkennen lassen, dass bei Euch kein Platz für jegliche Art von sexistischem, diskriminierendem und gewalttätigem Verhalten ist.
  • Aktiv Stellung gegen abwertendes Verhalten beziehen.
  • Bei Verstößen Konsequenzen ziehen.

Um die eigene Haltung als Jugendleiter pro Kindeswohl zu überprüfen und sich immer wieder vor Augen zu führen, kann ein Verhaltenskodex dienen. Solch eine Selbstverpflichtungserklärung sollte nie nur als formalistischer Akt bei der Berufung eines Jugendleiters eingeführt werden. Er ist dafür da, den Akteuren in der Jugendarbeit immer wieder ihre Verpflichtung ins Gedächtnis zu rufen.

Weitere Infos & Links

Informationen und Broschüren der Deutschen Jugendfeuerwehr:

Verhaltenskodex / Selbstverpflichtungserklärung:

Checkliste Kindeswohlgefährdung des Berufsverbands der Rechtsjournalisten:

Unser Tipp: Themenseite der DLRG-Jugend Niedersachsen:

Die Notfall-Card der Niedersächsischen Jugendfeuerwehr:

Wohlfühlen – Jugendfeuerwehr pro Kindeswohl:

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