Dortmund (NW) – Das Deutsche Rettungsrobotik Zentrum (DRZ) stellte gestern gemeinsam mit der Feuerwehr Dortmund einen Robotikleitwagen (RobLW) in Dienst. Was das Fahrzeug leisten soll und woran das DRZ überhaupt forscht.
Der Duft von abgestandenem Motoröl steigt einem auf dem Ausbildungszentrum der Feuerwehr Dortmund in die Nase. Kein Wunder. Denn nicht nur zerlegen Feuerwehrleute hier regelmäßig Pkw zu Übungszwecken. Direkt nebenan befindet sich auch noch ein Schrotthändler. Umso mehr sticht der nigelnagelneue und weiß lackierte RobLW des DRZ hervor. Soeben hat ihn der kastenförmige Roboter „D4“ von einem Tuch befreit. Aber was ist so besonders an dem Fahrzeug?
Anzeige
Projektkoordinator Stefan Grobelny vom Dortmunder Institut für Feuerwehr- und Rettungstechnologie (IFR) erklärt es: „Die Idee war, eine Kombination aus Forschungsobjekt und Einsatzfahrzeug zu bauen. Die Daten von Robotern, wie wir sie hier auch verwenden, werden in dem Robotikleitwagen zentral verarbeitet. Von dort können die relevanten Informationen an die entsprechenden Stellen weitergeleitet werden.“
Leitwagen mit 5G
Im von der Firma Rohde und Schwarz ausgebauten RobLW stehen dafür zwei Arbeitsplätze mit je zwei 43-Zoll-Monitoren zur Verfügung. Außerdem ist das Fahrzeug mit einem leistungsfähigen Server ausgestattet, der 3D-Modellierungen – etwa von Laserscans eines Raumes – prozessieren kann und ein Lagebildsystem beinhaltet. Es verfügt weiterhin über ein eigenständiges WLAN, einen Kommunikationspunkt auf Basis des 5G-Mobilfunkstandards, ein Ad-hoc-Breitbandnetzwerk sowie eine Dynawatt-Anlage mit 4 kW zur autarken Stromversorgung. Und: im Heck hat ein Rettungsroboter Platz.
Wie ein Einsatz ablaufen könnte, demonstriert die Feuerwehr sogleich anhand einer kleinen Übung. Das Szenario: zwei Pkw sind aufeinandergeprallt. Aus dem Fond des einen ist ein Gefahrstoffbehälter auf die Straße gefallen. Eine unbekannte Flüssigkeit droht, auszulaufen.
Ein Hilfeleistungslöschfahrzeug rückt an. Der Gruppenführer erkundet die Lage und fordert den RobLW nach. Nachdem dieser eingetroffen ist, macht ein Trupp eine Drohne startklar, ein Feuerwehrmann öffnet zudem die Heckklappe des Fahrzeugs und lässt eine Rampe herab. Im Inneren des Leitwagens sitzt einer der Roboterpiloten an seinem Arbeitsplatz.
Roboter für Gefahrstoffeinsätze
Er hat die Kontrolle über „D2“. D2 steht für Demonstratorklasse 2. Das ist in diesem Fall ein Outdoor-Roboter mit Manipulationsarm und Messtechnik. Er basiert auf einem Telemax EVO Hybrid von der Firma Telerob und wurde durch den DRZ-Verbundpartner-Team der Technischen Universität Darmstadt zu einem Rettungsroboter (manchmal auch Einsatzroboter oder Löschroboter genannt) weiterentwickelt. Vorrangig ist das unbemannte Landfahrzeug (UGV, unmanned ground vehicle) dazu bestimmt, Search & Rescue- sowie Gefahrstoff-Einsätze zu bewältigen.
PDF-Download: Drohnen bei der Feuerwehr Teil 1 - 3
Bedächtig lässt der Bediener „D2“ die Rampe herunterfahren. Anhand eines Kamerasystems und der Drohne in der Luft, kann er sich ein genaues Bild der Lage verschaffen und den Roboter zum Gefahrstoffbehälter steuern. Mit dem Manipulator – einem Greifarm mit Sensoren – greift der Roboter das blaue Gefäß, hebt es an und fährt zu einem Umfüllbehälter. Dort angekommen, lässt der Bediener den „D2“ noch ein Stück anheben, indem er die Stellung der Ketten verengt. Die paar Zentimeter reichen, damit der Greifarm den Gefahrstoff in der Tonne versenken kann. Geschafft. Die Gefahr ist beseitigt.
12 Millionen Euro Forschungsförderung. Wozu?
Wir haben nachgefragt, warum es eigentlich eine 12-Millionen-Euro-Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) braucht, um ein solches Projekt durchzuführen. Schließlich ist der eigentliche Ansatz nicht neu und mehrere Firmen bieten bereits vergleichbare Produkte an. „Unser großes Ziel ist die Standardisierung sowie die Schaffung von Normen, damit auch der Gesetzgeber einen Rahmen schaffen kann, wie Rettungsroboter aussehen sollten“, antwortet Grobelny. „Wir wollen nicht, dass nachher überall inkompatible Insellösungen entstehen. Unser Ziel ist eine Art universelle Storzkupplung für die Rettungsrobotik.“
Dafür sei es notwendig, nicht nur die Roboter selbst, sondern auch Sensorik, Software und Schnittstellen so zu optimieren und aufeinander abzustimmen, dass sie in jeder Feuerwehr genutzt werden könnten. Neben der Forschung an diesen Themen erörtern die insgesamt 13 Verbundpartner des DRZ auch, wie nachher wirtschaftliche Lösungen aussehen könnten und Roboter in Großschadenslagen über Landesgrenzen hinaus agieren könnten.
Die Anschaffung des RobLW sei dabei ein Meilenstein. Durch das rund 200.000 Euro teure Fahrzeug könnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, wie sich Rettungsroboter nicht nur unter Laborbedingungen, sondern auch im Realeinsatz verhalten. Aus diesem Grund sei es so wichtig, dass das Fahrzeug mit dem Funkrufnamen „Florian Dortmund 0-RobLW-1“ in den Dienst der Feuerwehr Dortmund gestellt und zu realen Einsätzen alarmiert wird.