Der Vergleich unterschiedlicher Schneidgeräte fällt anhand der in der aktuell gültigen Norm angegebenen Klassifizierung schwer. Daher hat der zuständige Normenausschuss einen Fachbericht herausgegeben, mit dessen Hilfe sich die Geräte besser einordnen lassen sollen. Hier die wesentlichen Punkte.
Derzeit (Stand 2005) werden Schneidgeräte in Europa anhand der DIN EN 13204:2005-03 „Doppelt wirkende hydraulische Rettungsgeräte für die Feuerwehr und Rettungsdienste – Sicherheits- und Leistungsanforderungen“ von den Herstellern klassifiziert. Ein Beispiel dazu:
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Schneidgerät BC160H-17
Dieses Schneidgerät vom Typ BC besitzt eine Öffnungsweite der Messer zwischen 150 und 199 Millimeter. Die Zahl 160 gibt den erreichbaren Abstand (A) zwischen den Messerspitzen an, bei denen die Maultiefe (B) noch mindestens 75 Prozent von A beträgt. Das heißt, dieses Schneidgerät hat 160 Millimeter Öffnungsweite bei 120 Millimeter Maultiefe.
Der Buchstabe H ermöglicht die Zuordnung in Abhängigkeit der Schneidfähigkeit. Dazu müssen die Geräte unterschiedliche Stahlprofile schneiden: Rundmaterial, Flachmaterial, Rohr, Vierkantrohr, Rechteckrohr (siehe Tabelle „Schneidfähigkeit“). Die letzte Zahl steht für das gerundete Gewicht in Kilogramm, hier also rund 17 Kilogramm.
Das Schneidgerät in unserem Beispiel erreicht in alle Kategorien der Tabelle den Wert H und damit das beste Ergebnis, welches nach DIN EN 13204 möglich ist. Entsprechend dieser Klassifizierung ergeben sich jetzt zwei Probleme. Zum einen sagt die Klassifizierung H nichts darüber aus, ob das Schneidgerät nur die Kategorie H erfüllt oder aber in der Lage ist, mehr als die hier geforderten Werte zu erreichen.
Zum anderen kann auch folgender Fall eintreten: Das Schneidgerät aus unserem Beispiel erreicht beim Schneiden von Rohren nur die Kategorie F, sonst überall H. Gemäß der Norm ist es dann wie folgt zu klassifizieren:
Schneidgerät BC160F-17
Würde ein potenzieller Käufer dieses Gerät jetzt mit einem Schneidgerät der Klasse BC160G-17 vergleichen, würde er sich für dieses vermeintlich stärkere Gerät entscheiden, obwohl die mit F klassifizierte Schere dieses Gerät in allen anderen Kategorien – außer eben bei Rohren – übertrifft.
Um bis zur Überarbeitung der DIN EN 13204 den Anwendern eine Entscheidungshilfe an die Hand zu geben, hat das zuständige nationale Arbeitsgremium „Rettungsgeräte“ im Normenausschuss Feuerwehrwesen (FNFW) im Juni 2012 den Fachbericht DIN SPEC 14752 „Hydraulische Rettungsgeräte für die Feuerwehr und Rettungsdienste – Informationen zur Schneidgeräteklassifizierung nach DIN EN 13204“ herausgegeben.
Enthalten ist darin eine alternative Vergleichsmöglichkeit nach amerikanischer Norm ANSI/ NFPA 1936:2010 „Standard on Powered Rescue Tools“. Hierbei wird bei der Klassifizierung das Ergebnis jedes der fünf Schneidversuche mit unterschiedlichen Materialien (Rundstahl, Flachstahl, rundes Rohr, eckiges Rohr, Winkeleisen, siehe Tabelle „Schneidfähigkeit nach ANSI/NFPA“) einzeln angegeben und nicht nur wie in der Europäischen Norm das schlechteste Ergebnis. Somit lassen sich Schneidgeräte hinsichtlich ihrer individuellen Schneidfähigkeit beurteilen und vergleichen.
Der Fachbericht DIN SPEC 14752 soll bei der Überarbeitung der Norm DIN EN 13204 berücksichtigt werden. Ein entsprechender Normentwurf befindet sich im Annahmeverfahren. Die Betreffenden Informationen sind einsehbar auf der Website des Normenausschusses Feuerwehrwesen unter www.fnfw.din.de. Die derzeit gültige DIN EN 13204 sowie den Fachbericht gibt es im Beuth-Verlag (www.beuth. de).
Bei der Neukonstruktion von Kraftfahrzeugen hält der Trend zu dickeren A-, B- und C-Säulen immer noch an. Auch die Komplexizität der Strukturen nimmt immer weiter zu. Daher haben alle Gerätehersteller mittlerweile Schneidgeräte im Angebot, die eine Öffnungsweite der Messer von 200 Millimeter oder mehr bieten. Auch die Geometerie der Messer wird immer weiter angepasst. So bieten alle Schneidgeräte Messerformen an, die das zu schneidende Material in die Nähe des so genannten Zentralbolzens ziehen. Hier ist die Schneidkraft einer Schere am größten.
Die beiden niederländischen Firmen Holmatro und Resqtec Zumro haben zudem die Konstruktion dieses Zentralbolzens so gewählt, dass er möglichst schmal ist. Dies vergrößert die Eindringtiefe und ermöglicht den Einsatz der Geräte auch an sehr engen Stellen. Zudem werden die Messer der Schneideräte enger zusammengepresst, wodurch sie beim Schnitt nicht so leicht verkanten. Holmatro nennt diese Bolzentechnologie i-Bolzen.
Weber Rescue bietet mit der Schere RSX200-107 Plus als derzeit (Stand August 2012) einziger Anbieter ein Schneidgerät, bei dem die Messer auswechselbare Einsätze haben. Diese bestehen aus einer Speziallegierung, die auch das Schneiden von vergüteten und gehärteten Fahrzeugteilen erlaubt. Dies war bisher bei Rettungsscheren tabu. Sind die Messereinsätze abgenutzt, können sie vom Anwender schnell ausgetauscht werden und die Schere ist sofort wieder einsatzbereit.
Akkubetriebene Geräte
Mit den Modellen der eDraulic-Reihe (Lukas) sowie mit den Geräten der E-Force-Reihe (Weber Rescue) haben zwei Hersteller auch Geräte im Programm, deren Antrieb über eine im Gerät selbst eingebaute und mittels eines Akkus gespeiste Pumpe erfolgt. Lukas stellte seine ersten Modelle mit diesem neuen Antrieb auf der Interschutz 2010 in Leipzig vor, Weber folgte kurze Zeit später.
Weber baut bei der Stromversorgung auf Akkus aus dem Angebot eines bekannten Elektrogeräteherstellers. So ist eine kostengünstige und problemlose Ersatzteilversorgung möglich. Zudem können die Akkus auch an anderen Geräten – wie zum Beispiel Säbelsägen – verwendet werden.
Lukas Hydraulik setzt neben Akkus auch auf ein in das Akkufach passendes Netzteil für wahlweise 110 oder 230 Volt. Damit kann das Gerät weiter betrieben werden, wenn einmal alle Akkus leer sein sollten. Statt der steifen Hydraulikschläuche muss der Benutzer dann nur ein Stromkabel hinter sich herziehen, was den Einsatz auch in schwer erreichbaren Einsatzstellen erleichtert.
Nur eine Kupplung Möchte eine Feuerwehr gerne die Standardvariante mit einem Hydraulikaggregat zum Anschluss von zwei, drei oder sogar vier hydraulischen Rettungsgeräten nutzen, so bieten mittlerweile alle vier in unserer Marktübersicht vertretenen Hersteller die Variante von so genannten Single- Kupplungen an. Mit einem Handgriff sind Zu- und Rücklaufleitung sicher verbunden. Dies geht deutlich schneller als bei den bisher verwendeten zwei Kupplungen, mit denen jede Leitung einzeln verbunden werden musste.
Holmatro bietet zudem mit dem Core-System eine Schlauch-in- Schlauch-Lösung. Hier verläuft die unter Hochdruck stehende Zuleitung in der nur mit Mitteldruck beaufschlagten Rücklaufleitung. Dieses System ist flexibler und dadurch beweglicher. Auch hier muss pro Seite nur einmal gekuppelt werden.