Bremen – Wie ist das bei Euch, wenn der Meldeempfänger piept oder die Sirene heult? Geht der Puls hoch? Werden die Atemzüge schneller? Durchflutet Adrenalin Euren Körper? Ganz egal, was Ihr gerade macht – Euch geht nur noch ein Gedanke durch den Kopf: “Einsatz – Jetzt bloß keine Zeit verlieren!” In diesem Moment extrem wichtig: Bloß nicht von unüberlegtem, motorisch-hektischen Handeln leiten lassen.
Das kann in mehrfacher Hinsicht fatal sein: Wenn es auf jede Sekunde ankommt, ist ein durchdachtes und am besten trainiertes Handeln entscheidender denn je! Und eine hohe Geschwindigkeit im Privat-Pkw bringt keine Verbesserung, ganz im Gegenteil! Dazu gleich mehr.
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Bei einer Berufsfeuerwehr sind die Wege zu den Einsatzfahrzeugen kurz. Dass die Fahrzeuge innerhalb von rund 60 Sekunden ausrücken können, liegt aber nicht allein an dieser Tatsache. Die Reihenfolge, was bei einem Alarm zu machen ist, gehört bei der BF und großen FF zur alltäglichen Routine: Bei manchen freiwilligen Feuerwehren ist diese Routine weniger ausgeprägt – stark abhängig davon, wie oft es zu Einsätzen kommt. Und trotzdem muss es wie bei den Berufsfeuerwehrleuten funktionieren. Die Einsätze sind gleich, auch hier kommt es auf Schnelligkeit an. Es liegt an jedem einzelnen, wie schnell die Feuerwehr zum Einsatz ausrücken kann.
Mit Bedacht handeln, um Unfälle zu vermeiden
Wenn der eher seltene Alarm ertönt – Stop! Denkt eine Sekunde nach, was in diesem Moment zu tun ist. Sonst setzt Ihr Euch selbst enorm unter Druck. Am besten, Ihr stellt Euch schon vor der Alarmierung in einer ruhigen Minute Euren ganz persönlichen “Alarmplan” auf. Was mache ich als erstes? Was darf ich nicht vergessen? Probiert es aus: Ihr werdet feststellen, das gibt Euch nicht nur Sicherheit, sondern macht Euch auch schneller, weil Ihr ruhiger und bestimmter reagieren könnt.
Tipp 1: Lasst Euch helfen!
Sensibilisiert Eure Mitmenschen. Eure Familie sollte nicht nur erschrocken zur Seite springen, wenn Ihr zum Einsatz müsst. Man kann Euch sinnvoll helfen: zum Beispiel die Jacke anreichen oder die Haustür aufschließen, während ihr in die Schuhe schlüpft – all das bringt wertvolle Sekunden. Vor allem aber habt ihr die Sicherheit, dass jemand mitdenkt.
Das gleiche gilt tagsüber bei der Arbeit. Es ist sicher kein Problem für die Kollegen, die Maschine abzustellen oder das gerade geführte Telefonat zu übernehmen. Sie müssen nur im Voraus wissen, was zu tun ist – für lange Erklärungen habt Ihr bei einer Alarmierung keine Zeit.
Tipp 2: Haltet für den Notfall Ordnung!
Richtet Euch feste Aufbewahrungsstellen für die Dinge ein, die bei einer Alarmierung wichtig sind. Am besten, Ihr habt nur einen Platz für das Notwendige: Jacke, Schuhe und Schlüssel für Auto und Wohnung. Mitbewohner müssen wissen, wie wichtig diese Ordnung für Euren Einsatz ist.
Tipp 3: Nachts, wenn alles schläft.
Seid auf nächtliche Alarmierungen vorbereitet. Besonders, wenn die Phase des Tiefschlafs schon eingesetzt hat, werdet Ihr “schlaftrunken” reagieren. Es ist nicht schlimm, wenn Ihr den Pullover falsch herum anzieht. Schlimm ist es, wenn Ihr ihn nicht findet. Deshalb in unmittelbarer Nähe des Bettes Socken, Hose, Pulli oder T-Shirt bereitlegen (am besten in dieser Reihenfolge). Am einfachsten anzuziehen ist Sportkleidung wie zum Beispiel eine Jogginghose oder Trainingsanzug.
Hilfreich bei den nächtlichen Feuerwehr-Alarmierungen sind übrigens sogenannte “Alarmstecker”. Wie bei der Berufsfeuerwehr geht beim Alarm ein gekoppeltes Licht an. Diese Stecker können an die Ladestationen einiger Meldeempfänger angeschlossen werden, die einen Relaisausgang besitzen. Auch akustische Verstärker für “Tiefschläfer” finden hier Verwendung.
Tipp 4: Die Hose über die Stiefel stülpen!
Wer im Feuerwehrhaus die Einsatzhose über die Stiefel zieht, spart wertvolle Zeit (bitte beachten: bei einigen Einsatzhosen raten Hersteller von einer knitternden Lagerung der Hose ab!). Besonders wichtig: Einsatzkleidung gehört nicht in die Wohnung – es besteht die Gefahr der Kontaminationsverschleppung.
Tipp 5: Parkt Euer Auto rückwärts ein!
Ist Euer Auto ständig startklar? Idealerweise wird es grundsätzlich rückwärts eingeparkt. Und in Parklücken ausreichend Rangierfläche einkalkuliert.
Plant auch das Wetter mit ein. Schnee und Frost können die Abfahrt erheblich verzögern. Eine “Folien-Garage” kann im Winter Wunder bewirken. Und vergesst nicht die richtigen Reifen. In der kalten Jahreszeit gilt ganz besonders: “Langsam, es pressiert!”
Tipp 6: Mit Vollgas vom Hof geht gar nicht!
Volle Pulle ist nicht immer schneller! Ob zulässig oder nicht, bei einer Alarmierung fährt wohl kaum ein Feuerwehrmitglied gemächlich zum Feuerwehrhaus. Jedoch gilt auch hier: Bevor Ihr den Wagen startet – denkt nach! Das Missachten von roten Ampeln oder das Ignorieren der Vorfahrt anderer ist gefährlich. Denkt an mögliche Folgen: Vielleicht kommt es zu mehr als “nur” zum Blechschaden oder zum teuren Radarfoto. Vielleicht müssen die Kameraden dann plötzlich Euch helfen. Und: Wenn es zum Unfall kommt, werdet Ihr alleine zur Rechenschaft gezogen. Oder hat jemand Euch geraten, Ihr sollt die Verkehrsregeln missachten?
Tipp 7: Es zählt die Gelassenheit …
Versucht Euch auch in die Lage der anderen Verkehrsteilnehmer zu versetzen. Ihr seid als Feuerwehrmann in Eurem eigenen Auto nicht oder nur bedingt zu erkennen. Oder würdet Ihr einen Pkw-Fahrer hinter Euch verstehen, der womöglich wild gestikulierend mit Warnblinker und Lichthupe dicht auffährt (was nebenbei den Tatbestand der Nötigung erfüllt)? Ein Dachaufsetzer oder Schild an der Scheibe kann nur ein zusätzliches Hilfsmittel zur Information sein – es ist kein Blaulicht oder Signalhorn. Und denkt abseits aller rechtlichen Dinge daran: Die meisten “Bürger” finden es alles, nur nicht bewundernswert, wenn zahlreiche Pkw mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Ortschaft donnern – auch und gerade wenn sie wissen, dass es sich dabei um Feuerwehrleute handelt. Worüber früher vielleicht im kleinen Kreis der Nachbarschaft geschimpft worden wäre, kann sich heute dank Social Media auch ohne Unfall zum viralen und vielbeachteten PR-Desaster entwickeln.
Und noch etwas Sachliches spricht gegen Rasen im Einsatz: die Entfernungen zum Feuerwehrhaus sind meistens kurz. Ein Zeitvorteil ergibt sich kaum! Würde beispielsweise auf einer ein Kilometer langen Strecke 80 km/h statt 50 km/h gefahren, die Zeitersparnis läge gerade mal etwa bei 25 Sekunden. Gleichzeitig steigt das Unfallrisiko – vor allem für schwere Unfälle – um einen zweistelligen Prozentwert an.
Übrigens: Kennt Ihr alternative Wege zum Feuerwehrhaus? Falls nicht, dann macht Euch doch mal Gedanken darüber. Vielleicht ist die Straße, die Ihr nutzen wollt, durch den Unfall versperrt, zu dem Ihr alarmiert wurdet. Vielleicht blockiert eine Müllabfuhr die ganze Straßenbreite. Und von der Umleitung wegen der Baustelle habt Ihr auch nichts gewusst? Beobachtet allgemein die Verkehrslage: Ist die sonst so kurze Strecke im Berufsverkehr jetzt auch noch so zeitsparend?
Tipp 8: Erst nachdenken, dann ausrüsten!
Einsatzstichwort verstehen und mitdenken. Digitale Melder, die den Einsatzort und das Einsatzstichwort anzeigen, sind eine feine Sache. Aber auch die guten alten analogen Funkmeldeempfänger können mit der Durchsage der Leitstelle weiterhelfen. Bei beiden Arten habt Ihr den Vorteil, über die Einsatzart Bescheid zu wissen. Macht Euch kurz Gedanken darüber, was Ihr beachten müsst. Welche Ausrüstung ist erforderlich? Muss etwas gesondert mitgeführt werden? Und als Maschinist: Kennt Ihr vielleicht schon den zeitgünstigsten Anfahrtsweg?
Tipp 9: Richtig angezogen ins Fahrzeug!
Schnell die Jacke, Helm, Einsatzhose und Stiefel vom Haken und Spind gerissen und ab ins Löschfahrzeug. Es muss schließlich schnell gehen. Auch hier dürft Ihr ruhig ein paar Sekunden investieren.
Vom Umziehen im Einsatzfahrzeug ist dringend abzuraten. Der Ellbogen des anderen, der gerade in die Jacke schlüpft, im eigenen Gesicht tut ganz schön weh. Im Fahrzeug herumfliegende Hausschuhe oder Privatkleidung können schnell zur Stolperfalle werden. Und wenn der Maschinist mal scharf bremsen muss, habt Ihr keine Hand frei zum Festhalten, weil Ihr gerade halb stehend, halb sitzend, die Einsatzhose hochzieht. Positiver Nebeneffekt: Wenn Ihr schon fertig angezogen seid, könnt Ihr zum Beispiel den Kameraden beim Anlegen des Atemschutzgerätes helfen oder Euch mit zusätzlichem Gerät wie etwa der Wärmebildkamera ausrüsten.
Moin! Die Tipps sind ganz nett und regen zum nachdenken an. Eine 1:1 Umsetzung muss jeder für sich entscheiden. Aber mir fehlt einfach der Tip 7. Sehe nur ich den nicht? Oder ist der abhanden gekommen?
Zu Tipp 4:
Wie schon jemand vor mir geschrieben hat, sind die Membranen nicht für eine dauerhafte geknickte Lagerung ausgelegt.
Ich hatte meine erste Überhose auch über den Stiefeln gelagert.
Nachdem ich dann eine neue bekam, bei der gesagt wurde, sie darf nur hängend gelagert werden, habe ich mich umgewöhnt. Und ehrlich: es macht zeitlich keinen Unterschied, ob man jetzt die Hose vor den Schuhen einzeln anzieht oder sie über die Stiefel gestülpt ist.
Bei Tipp 4 muss ich entschieden widersprechen.
Moderne PSA mit ihren hochwertigen Stoffen und Membranen sollten hängend gelagert werden. Außerdem wird beim stülpen oft vergessen, die Stiefel ordnungsgemäß zu schließen, da diese zum anziehen ja geöffnet sein müssen. Auch im Hinblick auf die Wahl der richtigen PSA, also ob “leicht” oder “schwer”, angepasst an die Einsatzsituation ist beim Tipp4 ausgeschlossen.
Auch hier gilt: Lieber die 2 Sekunden länger brauchen, um die Hose ordnungsgemäß anzuziehen, anstatt hier übereilt zu handeln.
Die Zeiten, wo ich mein Adrenalin auf 180 ging sind längst vorbei. Auch gehe ich ganz normal zum Gerätehaus. Wohne ja fast daneben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es besser ist gelassen zu bleiben wenn der DME geht. Hektisch können die Jüngeren!
Da war tatsächlich die entsprechende Zeile verschwunden. Wir haben das wieder eingebaut. Vielen Dank für den Hinweis.
Moin! Die Tipps sind ganz nett und regen zum nachdenken an. Eine 1:1 Umsetzung muss jeder für sich entscheiden. Aber mir fehlt einfach der Tip 7. Sehe nur ich den nicht? Oder ist der abhanden gekommen?
Zu Tipp 4:
Wie schon jemand vor mir geschrieben hat, sind die Membranen nicht für eine dauerhafte geknickte Lagerung ausgelegt.
Ich hatte meine erste Überhose auch über den Stiefeln gelagert.
Nachdem ich dann eine neue bekam, bei der gesagt wurde, sie darf nur hängend gelagert werden, habe ich mich umgewöhnt. Und ehrlich: es macht zeitlich keinen Unterschied, ob man jetzt die Hose vor den Schuhen einzeln anzieht oder sie über die Stiefel gestülpt ist.
Erfahrung macht gelassen, und das meine ich definitiv nicht negativ.
Nicht umsonst gilt auch an der Einsatzstelle die Devise: “Nicht rennen!”
Sinngemäß gilt dasselbe bei fast allen Tätigkeiten, egal, ob Anlegen der PA, Wasserentnahme aus offenen Wasserstellen, usw. …
Jede Art von Hektik lässt wichtige Handgriffe und Prüfungen schnell vergessen lassen, was sich im Nachhinein als fatal herausstellen kann…
Bei Tipp 4 muss ich entschieden widersprechen.
Moderne PSA mit ihren hochwertigen Stoffen und Membranen sollten hängend gelagert werden. Außerdem wird beim stülpen oft vergessen, die Stiefel ordnungsgemäß zu schließen, da diese zum anziehen ja geöffnet sein müssen. Auch im Hinblick auf die Wahl der richtigen PSA, also ob “leicht” oder “schwer”, angepasst an die Einsatzsituation ist beim Tipp4 ausgeschlossen.
Auch hier gilt: Lieber die 2 Sekunden länger brauchen, um die Hose ordnungsgemäß anzuziehen, anstatt hier übereilt zu handeln.
Die Zeiten, wo ich mein Adrenalin auf 180 ging sind längst vorbei. Auch gehe ich ganz normal zum Gerätehaus. Wohne ja fast daneben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es besser ist gelassen zu bleiben wenn der DME geht. Hektisch können die Jüngeren!