Insbesondere durch soziale Medien kommen bei Großschadenslagen immer mehr Freiwillige zur Einsatzstelle und wollen helfen. Sollte die Feuerwehr auf die Spontanhelfer zurückgreifen oder sie nicht mit einbinden? Wir haben die Pro- und Contra-Argumente zusammengetragen und IT-Spezialisten gefragt, warum Social Media eine so große Rolle im Zusammenhang mit Spontanhelfern spielen.
Spontanhelfer (rechts im Bild) können nicht nur für die Deichverteidigung wie beim Hochwasser 2013 eingesetzt werden. Auch bei Aufräumarbeiten (wie auf dem Foto), Verwaltungstätigkeiten oder Verpflegung ist ihre Unterstützung denkbar. Außerdem verfügen sie häufig über nützliche Orts- oder Spezialkenntnisse wie z.B. eine medizinische Ausbildung. Foto: Machmüller
Immer wieder kommt es vor, dass Spontanhelfer auf einer Einsatzstelle eintreffen und ihre Arbeitskraft anbieten. Insbesondere bei der Hochwasserlage 2013 wurde dies deutlich. Dort packten zahlreiche Freiwillige aus der ganzen Bundesrepublik mit an und halfen beim Sichern der Deiche. In vielen Orten führte dies dazu, dass die Deiche hielten. Ohne diese zusätzliche Manpower wäre das vermutlich nicht möglich gewesen. Dennoch gibt es auch negative Erfahrungen mit Spontanhelfer und Aspekte, die bei der Zusammenarbeit unbedingt beachtet werden sollten.
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Vorteile:
Große Manpower, Entlastung der Einsatzkräfte.
Einbringen von Spezialkenntnissen (zum Beispiel Ortskenntnisse, handwerkliche oder medizinische Ausbildung).
Potenzielle Mitgliedergewinnung.
Vermeidung von kontraproduktiven Einzelaktionen beziehungsweise der Konkurrenz zwischen Einsatzkräften und Spontanhelfern und somit Doppelarbeit.
Bevölkerung erlangt Kontrolle über Katastrophensituation und wird in ihrer Fähigkeit, Krisen und/oder Traumata selbst zu bewältigen, gestärkt (Resilienz).
Nachteile:
Spontanhelfer treten unvermittelt und zum Teil in großer Zahl auf, sodass ihre Einbindung zunächst Ressourcen bindet.
Es gibt keine Garantie für die Einsatzdauer von Spontanhelfern oder ob sie überhaupt auftreten.
Konfliktpotential.
Gute und strukturierte Einbindung erfordert zum Teil arbeitsintensive Vorbereitungen seitens der Feuerwehr.
Soziale Medien für die Akquise von Spontanhelfern nutzen
Julia Zisgen und Ramian Fathi von der Deutschen Gesellschaft zur Förderung von Social Media und Technologie im Bevölkerungsschutz (DGSMTech) verraten in einem Interview, wie die Einsatzkräfte optimal in den sozialen Medien agieren, um Spontanhilfe zu steuern.
FM:Sollte die Feuerwehr in sozialen Medien direkt den Kontakt zu Spontanhelfern suchen?
Julia Zisgen: Ja, unbedingt. Wir sehen ja heutzutage schon, dass viele Feuerwehren in den sozialen Medien aktiv und dort auch bekannt sind. Viele Nutzer kennen also diese Accounts und wissen, dass die Feuerwehren auch ansprechbar sind. Während einer Lage sollten die Führungskräfte die sozialen Medien im Blick behalten, um schnell feststellen zu können, wenn sich Helfer organisieren. Dann können die Verantwortlichen diese auch direkt ansprechen, indem sie allgemeine Hinweise oder Verhaltenstipps posten.
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Alle Artikel zum Thema als Download: Warum Spontanhelfer so wichtig sind, Best Practice-Beispiel, rechtliche Fragen, Soziale Medien nutzen, Optimaler Einsatz
Ramian Fathi: Wenn die Feuerwehr dies versäumt, wird die Bevölkerung zeitnah erste Anfragen an sie stellen. Das zeigt die Erfahrung. Sind die Kräfte in einer akuten Einsatzlage darauf nicht vorbereitet, stellt die Bearbeitung der Anfragen eine zusätzliche Herausforderung dar, die vor allem personelle Ressourcen bindet. Außerdem hat sich gezeigt, dass eine proaktive Kommunikation der Feuerwehr die Informationshoheit in den sozialen Netzwerken sichern kann. Werden Fragen hingegen ignoriert, kann Unmut bei der Bevölkerung entstehen. Mitunter organisiert sich diese dann selbst.
FM: Auf welchen Plattformen sollten die Einsatzkräfte kommunizieren?
Julia Zisgen: Am besten dort, wo die Helfer auch sind. Das wird häufig Facebook sein, es können sich aber auch andere Netzwerke wie Twitter oder Instagram finden.
FM: Was kann die Feuerwehr im Vorfeld tun, um optimal auf Spontanhelfer vorbereitet zu sein?
Julia Zisgen: Idealerweise existiert in einer Feuerwehr ein allgemeines Konzept zur Nutzung von Social Media. Denn die Fragestellung berührt ja viele andere Themen, wie mit neuen Medien umgegangen wird. Wenn die Feuerwehr hier gut aufgestellt ist und Leute hat, die sich mit sozialen Medien auskennen und Spaß daran haben, ist das schon die halbe Miete. Es schadet auch nicht, rechtliche Rahmenbedingungen des Umgangs mit Spontanhelfern zu kennen und sich mit Feuerwehren auszutauschen, die schon praktische Erfahrung mit entsprechenden Lagen gesammelt haben.
FM: Auf welche öffentlichen Ressourcen können Feuerwehren im Krisenfall zur Unterstützung in der Social Media-Arbeit zurückgreifen?
Ramian Fathi: Das Virtual Operations Support Team des THW ist sicherlich eine gute Unterstützung im Krisenfall. Hier haben sich 20 Social Media-Experten deutschlandweit organisiert, die darüber hinaus zusätzlich in regulären BOS tätig sind. Die VOST-Kräfte sind örtlich ungebunden und arbeiten virtuell zusammen. Zu den Aufgaben gehören zum Beispiel das Monitoring von sozialen Medien, das Führen einer digitalen Lagekarte und die Unterstützung bei der Koordination von Spontanhelfern. Im Zuge einer Amtshilfe kann das VOST von den BOS angefordert werden.
Das Virtual Operations Support Team (VOST)
Das VOST ist eine Einrichtung des Technischen Hilfswerks (THW) und wurde 2016 gegründet. Die Mitglieder des Teams analysieren soziale Medien bei Großlagen in Echtzeit, um Informationen zu filtern und gegen Gerüchte oder Fake News vor0gehen zu können. Per Amtshilfe kann das VOST angefordert werden.
Bei Großschadenslagen kann das Team beispielsweise das Sachgebiet 5 der Technischen Einsatzleitung (TEL) unterstützen, indem es Spontanhelfer kanalisiert, Informationen über die Lage durch Videos, Bilder oder Textposts in Verbindung mit gesendeten Standorten gewinnt und Fake News identifiziert. Weiterhin kann das VOST die TEL bei der Krisenkommunikation unterstützen, indem es zum Beispiel Hinweise für die Bevölkerung aufarbeitet und über die Social Media-Kanäle verbreitet.